Im zweiten Corona-Posting geht es um eine materielle Frage. Nach den Feststellungen des LG hat der Angeklagte im Frühjahr 2020 in sieben Fällen in vier Bundesländern, und zwar in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen, sog. Corona-Soforthilfen für tatsächlich nicht existierende Kleingewerbe beantragt und auf diese Weise – seine Anträge hatten in vier Fällen Erfolg – insgesamt 50.000 EUR erhalten. In drei Fällen nutzte der Angeklagte fremde Personendaten. Er täuschte bei der Antragsstellung über subventionserhebliche Tatsachen. Das LG hat den Angeklagten wegen siebenfachen Subventionsbetruges, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten hatte in dem BGH, Beschl. v. 04.05.2021 – 6 StR 137/21 – keinen Erfolg:
„3. Auch der Sachrüge bleibt der Erfolg versagt. Die gebotene umfassende Nachprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insoweit sind ergänzend folgende Ausführungen veranlasst:
a) Zutreffend geht die Strafkammer davon aus, dass es sich bei den beantragten Soforthilfen um Subventionen gemäß § 264 Abs. 8 Satz 1 StGB handelt, die als sogenannte verlorene Zuschüsse ohne eine marktmäßige Gegenleistung von den Ländern aus öffentlichen Mitteln nach Bundes- oder Landesrecht (hier aufgrund der Haushaltsgesetze § 44 BHO i.V.m. § 23 BHO bzw. § 53 der HO der Länder) Betrieben und Unternehmen gewährt werden und jedenfalls auch der Förderung der Wirtschaft dienen.
b) Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe in seinen Anträgen gemäß § 264 Abs. 1 Satz 1 StGB gegenüber den zuständigen Behörden oder eingeschalteten Stellen oder Personen (Subventionsgeber) für ihn vorteilhafte unrichtige Angaben über aufgrund eines Gesetzes vom Subventionsgeber als subventionserheblich bezeichnete Tatsachen (§ 264 Abs. 9 Nr. 1 Variante 2 StGB) gemacht.
aa) Sinn und Zweck des Merkmals der Subventionserheblichkeit ist es, angesichts der zahlreichen Normativbegriffe des Subventionsrechts sicherzustellen, dass sowohl die Vergabevoraussetzungen für den Subventionsempfänger als auch etwaige Täuschungshandlungen für den Subventionsgeber und die Strafverfolgungsorgane möglichst klar erkennbar sind (vgl. BGH, Beschluss vom 22. August 2018 – 3 StR 449/17, NStZ-RR 2019, 147 mwN). § 264 Abs. 9 Nr. 1 StGB setzt voraus, dass die Tatsachen durch ein Gesetz oder durch den Subventionsgeber aufgrund eines Gesetzes ausdrücklich als subventionserheblich bezeichnet werden. Da die „Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“ und die zur Umsetzung erlassenen Richtlinien der Länder keine Gesetze im formellen oder materiellen Sinne sind und Haushaltsgesetze jedenfalls keine ausdrückliche Bezeichnung der subventionserheblichen Tatsachen enthalten, kommt nur deren Bezeichnung durch den jeweiligen Subventionsgeber aufgrund eines Gesetzes – hier § 2 SubvG i.V.m. den Subventionsgesetzen der Länder (vgl. BGH, Beschluss vom 22. August 2018 – 3 StR 449/17, NStZ-RR 2019, 147, 149) – in Betracht. Pauschale oder lediglich formelhafte Bezeichnungen reichen dabei nicht aus; vielmehr muss die Subventionserheblichkeit klar und unmissverständlich auf den konkreten Fall bezogen dargelegt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Mai 2014 – 3 StR 206/13, NJW 2014, 3114, 3115; Urteil vom 11. November 1998 – 3 StR 101/98, BGHSt 44, 233, 238).
bb) Diesen Anforderungen genügen die vom Angeklagten ausgefüllten Antragsformulare.
Das bei der ersten Tat genutzte niedersächsische Antragsformular („Version 1“) bezeichnet unter Ziffer 4 die subventionserheblichen Tatsachen ausdrücklich, namentlich die Angaben zum Antragsteller, zum Unternehmen und zum Förderbedarf. Das für die letzte Tat verwendete sächsische Formular kennzeichnet dieselben jeweils durch einen erläuternden Zusatz.
Auch in dem in zwei Fällen verwendeten nordrhein-westfälischen und auch in dem bei einer Tat benutzten baden-württembergischen Antragsformularen werden die subventionserheblichen Tatsachen in der gebotenen Eindeutigkeit bezeichnet. Zwar werden sie nicht einzeln als solche benannt; der Antragsteller muss aber „durch ein zu setzendes Kreuz seine Kenntnis bestätigen, dass es sich ‚bei den Angaben unter Ziff. […] um subventionserhebliche Tatsachen handelt‘ “. Abgefragt werden unter den aufgezählten Ziffern auch hier Angaben zu seinen Personalien, Art und Beschäftigtenzahl des Unternehmens sowie dessen Förderbedarf. Die Bezeichnung der subventionserheblichen Tatsachen erfordert keine wörtliche Wiederholung, sondern kann sich auch aus einer präzisen Verweisung ergeben. Da nur einige und zudem fast ausschließlich erhebliche Tatsachen abgefragt werden, wird die umfangreiche Verweisung nicht zu einem grundsätzlich unzulässigen pauschalen oder lediglich formelhaften Hinweis, zumal sie sich nur auf im Antragsformular selbst enthaltene Angaben bezieht (so auch LG Hamburg, NJW 2021, 707, 710; Rau/Sleiman NZWiSt 2020, 373, 375; Burgert, StraFo 2020, 181, 185). Einer wirksamen Bezeichnung der subventionserheblichen Tatsachen durch den Subventionsgeber steht auch nicht entgegen, dass diese ausschließlich in einer vom Subventionsempfänger anzukreuzenden Wissenserklärung aufgeführt werden. Dies führt nicht dazu, dass der Subventionsnehmer selbst über die Subventionserheblichkeit der Tatsache entscheidet (aA Schmuck/Hecken/Tümmler NJOZ 2020, 673, 676 f.). Vielmehr handelt es sich um eine nach Sinn und Zweck zulässige Gestaltungsmöglichkeit, welche die Kenntnisnahme des Subventionsnehmers nachweist.
Auch das in zwei weiteren Fällen verwendete geänderte niedersächsische Formular („Version 2“), in dem es heißt, dass „alle in diesem Antrag (inklusive dieser Erklärung) anzugebenden Tatsachen subventionserheblich im Sinne von § 264 StGB sind“, genügt in den hier zu entscheidenden Fallkonstellationen den Anforderungen des § 264 Abs. 9 Nr. 1 Variante 2 StGB (aA LG Hamburg, NJW 2021, 707, 710; Schmuck/Hecken/Tümmler NJOZ 2020, 673, 675; Rau/Sleiman, NZWiSt 2020, 373, 375). Das Formular verlangt wie diejenigen anderer Bundesländer auf knapp vier Seiten die bereits genannten Angaben. Der Hinweis, dass „alle Angaben subventionserheblich“ sind, sorgt bei dem Subventionsnehmer für die nötige Klarheit über die subventionserheblichen Tatsachen. Sein Augenmerk wird hinreichend präzise auf die Bedeutung aller abgefragten Angaben gelenkt. Abweichend von den in der Rechtsprechung bisher entschiedenen Konstellationen unzulässiger pauschaler und lediglich formelhafter Verweisungen, bei denen in der Regel lediglich der Wortlaut von § 264 Abs. 9 StGB oder § 2 SubvG wiederholt (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 1998 – 3 StR 101/98, BGHSt 44, 233, 238; OLG Jena, Beschluss vom 1. November 2006 – 1 Ws 290/06; LG Magdeburg, wistra 2005, 155, 156 f.; LG Düsseldorf, NStZ 1981, 223) oder auf den Antrag nebst umfangreichen Anlagen, Gesprächsprotokolle, Finanzierungspläne und Bewilligungsbescheide Bezug genommen wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 22. August 2018 – 3 StR 449/17 Rn. 47, NStZ-RR 2019, 147, 149), bleibt es hier nicht dem Antragsteller bzw. Subventionsnehmer überlassen, sich Klarheit über die maßgebenden Tatsachen und Angaben zu verschaffen.
c) Schließlich begegnet die Annahme der Strafkammer, dass bei allen Taten ein unbenannter schwerer Fall nach § 264 Abs. 2 Satz 2 StGB vorliegt, keinen Bedenken. Sie hat insofern auf die besonderen Umstände der Taten abgestellt, namentlich auf das Ausnutzen eines Soforthilfeverfahrens in einer deutschlandweiten Notlage, die mehrfach und in verschiedenen Bundesländern gestellten Anträge und den Gesamtumfang der unberechtigt erlangten Unterstützungsleistungen von 50.000 Euro. Angesichts dessen bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass die Strafkammer die Tatbegehung bei wertender Betrachtung den benannten Regelbeispielen gleichgestellt hat, zumal die Gewerbsmäßigkeit des Handelns des Angeklagten auch beim Subventionsbetrug zumindest eine Indizwirkung für das Vorliegen eines unbenannten besonders schweren Falles entfaltet (vgl. MüKo-StGB/Ceffinato, 3. Aufl. 2019, § 264 Rn. 139; BeckOK/Momsen/Laudien, 49. Edition 1. Februar 2021 § 264 Rn. 51).“