Ich beginne die 17. KW. mit zwei Entscheidungen zu Corona.
Am Start zunächst der BGH, Beschl. v. 11.03.2021 – 1 StR 458/20. Es geht noch einmal um die Frage der Unterbrechung der Hauptverhandlung und die Einhaltung der entsprechenden Fristen. Die Angeklagten hatten gegen die Verurteilung durch das LG mit der Verfahrensrüge geltend gemacht, dass die Unterbrechungsfrist gemäß § 229 Abs. 2 StPO nicht gewahrt worden sei, weil eine Krankheit im Sinne des § 229 Abs. 3 Satz 1 StPO nicht vorgelegen habe.
Der BGH sagt: Zumindest unbegründet:
„Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
1. Die Hauptverhandlung, die am 19. September 2019 begonnen hatte, wurde am 28. Februar 2020, dem 15. Hauptverhandlungstag, unterbrochen und sollte am 17. März 2020 fortgesetzt werden. An diesem Tag teilte ein Schöffe dem Landgericht telefonisch mit, dass er am 16. März 2020 nach einem Kurzurlaub aus Österreich zurückgekehrt sei und sogleich seinen Hausarzt wegen der Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus aufgesucht habe. Dieser habe ihm mitgeteilt, dass er aus Kapazitätsgründen eine Testung im Hinblick auf eine mögliche Ansteckung mit diesem Virus nicht vornehmen könne. Das Landgericht hat daraufhin am 17. März 2020 auf Grundlage des § 229 Abs. 3 StPO durch Beschluss festgestellt, dass wegen Besorgnis der Infizierung des Schöffen und der Gefahr einer Ansteckung die Fristen des § 229 Abs. 1 und 2 StPO gehemmt seien.
Nachdem eine beisitzende Richterin am 21. März 2020 telefonisch mitgeteilt hatte, dass ihr Kind zu einem Kind ihres Nachbarn Kontakt gehabt habe, der anschließend positiv auf den SARS-CoV-2-Virus getestet worden sei, und sich ihre Familie auf Rat des Gesundheitsamtes in häusliche Quarantäne begeben und eine Testung auf den Virus durchgeführt habe, hat das Landgericht am 25. März 2020 mit gleicher Begründung erneut eine Hemmung der Fristen des § 229 Abs. 1 und 2 StPO nach § 229 Abs. 3 StPO beschlossen.
Mit Beschluss vom 31. März 2020 hat das Landgericht schließlich das Ende der Fristenhemmung zum 29. März 2020 festgestellt, nachdem zu diesem Zeitpunkt die Testung der Familienmitglieder der beisitzenden Richterin auf den Virus jeweils negativ ausgefallen und beim Schöffen keine Krankheitssymptome aufgetreten waren. Am 2. April 2020 hat das Landgericht die Hauptverhandlung mit den Schlussanträgen fortgesetzt und am nächsten Tag das Urteil verkündet.
2. Ein Verstoß gegen die Unterbrechungsvorschriften des § 229 Abs. 2 und 3 StPO liegt nicht vor. Der Ansicht der Revision, dass das Landgericht die Hauptverhandlung spätestens zum 30. März 2020 (Montag) hätte fortsetzen müssen, um die Ein-Monatsfrist des § 229 Abs. 2 StPO zu wahren, trifft nicht zu. Das Landgericht konnte zwar die Hemmung der Fristen nicht auf § 229 Abs. 3 Satz 1 StPO stützen, weil eine Krankheit im Sinne dieser Vorschrift nicht vorgelegen hat. Jedoch ist § 10 Abs. 1 EGStPO mit Wirkung vom 28. März 2020 in Kraft getreten, der eine Hemmungswirkung konstituiert, solange die Hauptverhandlung aufgrund von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie) nicht durchgeführt werden kann, längstens jedoch für zwei Monate, wobei die Fristen frühestens zehn Tage nach Ablauf der Hemmung enden.
Die Hemmung des § 10 Abs. 1 Satz 1 EGStPO tritt kraft Gesetzes ein. Der Feststellungsbeschluss nach Satz 2 hat nur insofern konstitutive Bedeutung, als er den Beginn und das Ende der Hemmung unanfechtbar feststellt (vgl. BGH, Beschluss vom 19. November 2020 – 4 StR 431/20 mwN). Demnach war vorliegend – die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 EGStPO lagen unzweifelhaft vor – die Hemmung der Fristen am 28. März 2020 kraft Gesetzes eingetreten und fand ihr Ende am 29. März 2020. Innerhalb der Zehn-Tagesfrist wurde die Hauptverhandlung am 2. April 2020 fortgesetzt. Einer erneuten Beschlussfassung des Landgerichts nach dem 28. März 2020, dass die Unterbrechung auf die neu eingeführte Vorschrift des § 10 Abs. 1 EGStPO gestützt werde, bedurfte es nicht.“
Da war dann der § 10 EGStPO die Rettung.