Pflichti III: Nachträgliche Bestellung nach neuem Recht, oder: AG sind „großzügiger“

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Was wäre ein Pflichtverteidigungstag ohne Entscheidungen zur nachträglichen Bestellung eines Pflichtverteidigers. Daher dann hier zu der Porblematik noch zwei amtsgerichtliche Entscheidungen, und zwar:

Das AG Essen hat im AG Essen, Beschl. v. 19.11.2020 – 35 Ds-72 Js 1266/18-71/18 – nachträglich beigeordnet. In dem Fall hatte die Verteidigerin  beantragt, als Pflichtverteidigerin beigeordnet zu werden. Das Gericht hatte diese Entscheidung bis zur Hauptverhandlung zurück gestellt. In der Hauptverhandlung wurde eine Pflichtverteidigung dann nicht protokolliert. Das AG hate beigeordnet:

„Zwar besteht gerichtsseitig keine konkrete Erinnerung mehr darüber, ob die Entscheidung nicht getroffen oder nur nicht protokolliert wurde. Die Voraussetzungen für eine Bestellung als Pflichtverteidiger gem. § 140 Abs. 2 StPO lagen und liegen vor. Es steht für das Gericht außer Frage, dass diese Entscheidung getroffen und die Beiordnung nicht abgelehnt werden sollte.

Aus diesem Grunde muss nach Auffassung des Gerichts auch nachträglich eine deklaratorische Beiordnungsentscheidung für einen rechtzeitig gestellten Antrag möglich sein. Diese Fallkonstellation ist untypisch, so dass jedenfalls die Rechtsprechung, die einer konstitutiven nachträglichen Entscheidung entgegensteht, hier nicht entgegensteht.“

Und die zweite Entscheidung kommt vom AG Koblenz. Das hat im AG Koblenz, Beschl. v. 27.11.2020 – 30 Gs 8361/20 – die nachträgliche Bestellung – nach einer Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO – als zulässig angesehen. Begründung: Im Hinblick auf die Intention des Gesetzgebers zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung muss eine rückwirkende Bestellung zulässig sein, wenn der Antrag auf Beiordnung rechtzeitig vor Abschluss des Verfahrens gestellt wurde, die Voraussetzungen für eine Beiordnung vorlagen und die Entscheidung durch interne Vorgänge unterblieben ist, auf die ein Außenstehender keinen Einfluss hatte.

Wenn ich mir die Rechtsprechung so anschaue: Die AG sind „großzügiger“ und haben verstanden, worum es dem Gesetzgeber mit der Neuregelung der §3 140 ff. StPO gegangen ist.

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