OWi I: StVO-Novelle 2020 tritt am 28.04.2020 in Kraft, oder: Andi Scheuer freut sich

Ich werde gerade darauf hingewiesen: Am 27.04.2020 wird die StVO-Novelle 2020 verkündet. So teilt es der „Bundes-Andi“ auf der Homepage seines Hauses mit. Inkrafttreten der Neuregelungen also dann am 28.04.2020. In der Meldung dazu heißt es:

„Bundesminister Andreas Scheuer:

Sie ist da! Die StVO-Novelle tritt am 28. April in Kraft. Ich freue mich, denn damit machen wir unsere Mobilität sicherer, klimafreundlicher und gerechter! Die neuen Regeln stärken insbesondere die schwächeren Verkehrsteilnehmer. Wir schaffen mehr Schutz für Radfahrende und Vorteile für das Carsharing sowie elektrisch betriebene Fahrzeuge. Und ab sofort wird jeder härter bestraft, der die Rettungsgasse blockiert.

Sachinformationen:

  • Bundesminister Andreas Scheuer hatte die Novelle der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) und anderer Regelungen im Herbst 2019 vorgelegt.
  • Der Bundesrat hat der Novelle am 14.02.2020 mit Maßgaben zugestimmt.
  • Das Kabinett hat die Novelle am 23.03.2020 in der Fassung mit den Änderungen des Bundesrates zu Kenntnis genommen.
  • Die Novelle wird am Montag, 27. April 2020, im Bundesgesetzblatt (Nr. 19) veröffentlicht und tritt damit am Dienstag, 28. April 2020, in Kraft.
  • Die Novelle enthält u.a. folgende Änderungen und neue Bußgelder:

Neue Regelungen für Bußgelder

STVO Novelle

Quelle: BMVI

  • Mit der StVO-Novelle werden neue bzw. erhöhte Geldbußen einhergehen – insbesondere für das verbotswidrige Parken auf Geh- und Radwegen sowie das nunmehr unerlaubte Halten auf Schutzstreifen und das Parken und Halten in zweiter Reihe. Für diese Verkehrsverstöße werden künftig die Geldbußen von derzeit ab 15 Euro auf bis zu 100 Euro erhöht.
  • Bei schwereren Verstößen ist darüber hinaus der Eintrag eines Punktes in das Fahreignungsregister vorgesehen: wenn durch das verbotswidrige Parken oder Halten in zweiter Reihe und auf Fahrradschutzstreifen oder Parken auf Geh- und Radwegen andere Verkehrsteilnehmer behindert oder gefährdet werden, eine Sachbeschädigung erfolgt ist oder das Fahrzeug auf dem Geh- oder Radweg länger als eine Stunde parkt.
  • Die Einstufung des Verstoßes erfolgt durch die zuständigen Behörden vor Ort.

Parken und Halten

  • Darüber hinaus werden auch die Geldbußen für das unberechtigte Parken auf einem Schwerbehinderten-Parkplatz von 35 auf 55 Euro angehoben.
  • Außerdem wird ein neuer Tatbestand für das unberechtigte Parken auf einem Parkplatz für elektrisch betriebene Fahrzeuge eingeführt (Verwarngeld: 55 Euro).
  • Auch die Geldbuße für das rechtswidrige Parken an engen oder unübersichtlichen Straßenstellen bzw. im Bereich einer scharfen Kurve wird von 15 auf 35 Euro angehoben.
  • Der allgemeine Halt- und Parkverstoß wird statt bis zu 15 Euro mit einer Sanktion bis zu 25 Euro geahndet.

Rettungsgasse

  • Auch wird das unerlaubte Nutzen einer Rettungsgasse genauso verfolgt und geahndet wie das Nichtbilden einer Rettungsgasse. Es drohen Bußgelder zwischen 200 und 320 Euro sowie ein Monat Fahrverbot. Außerdem droht für diese Verstöße künftig die Eintragung von zwei Punkten im Fahreignungsregister.
  • Neu ist auch die Verhängung eines Fahrverbots für das Nichtbilden einer Rettungsgasse auch ohne Verwirklichung einer konkreten Gefahr oder Behinderung.
  • Daneben werden weitere Geldbußen angehoben. Es werden künftig insbesondere bei fehlerhaften Abbiegevorgängen oder einer Sorgfaltspflichtverletzung beim Ein- bzw. Aussteigen die Geldbußen verdoppelt.

Geschwindigkeitsverstoß

  • Schon bei geringeren Geschwindigkeitsverstößen als bisher wird ein Monat Fahrverbot verhängt. Dies gilt innerorts bereits bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 21 km/h.

Sonstige Regelverstöße

  • Auch die vorschriftswidrige Nutzung von Gehwegen, linksseitig angelegten Radwegen und Seitenstreifen durch Fahrzeuge wird statt bis zu 25 Euro mit bis zu 100 Euro Geldbuße geahndet.
  • Auch das sogenannte Auto-Posing kann künftig wirksam geahndet werden: Durch die StVO-Novelle kann die Geldbuße für das Verursachen von unnötigem Lärm und einer vermeidbaren Abgasbelästigung sowie dem unnützen Hin- und Herfahren von bis zu 20 Euro auf bis zu 100 Euro angehoben werden.

Carsharing und elektrisch betriebene Fahrzeuge: Maßnahmen für saubere Mobilität

STVO Novelle

Quelle: BMVI

Carsharing

  • Wir schaffen Vorteile für Carsharing-Fahrzeuge, um diese Form der Mobilität besonders zu fördern.
  • Die geplanten Änderungen der StVO beruhen auf dem Carsharinggesetz, das die Voraussetzungen für die zuständigen Straßenverkehrsbehörden schafft, um Parkplätze zukünftig rechtssicher für das Carsharing auszuweisen.
  • Eingeführt werden u. a. ein neues Sinnbild, das als Grundlage für Zusatzzeichen Carsharing-Fahrzeugen bevorrechtigtes Parken ermöglicht, und eine Plakette zur Kennzeichnung der Carsharing-Fahrzeuge, die gut sichtbar an der Windschutzscheibe zu befestigen ist.

Sinnbild Carsharing:

Sinnbild Carsharing

Quelle: BASt

Sinnbild Plakette zur Kennzeichnung von Carsharing-Fahrzeugen:

Sinnbild Plakette des Ausweises zur Kennzeichnung von Carsharing-Fahrzeugen

Quelle: BASt

Parkflächen für elektrisch betriebene Fahrzeuge

  • Die StVO-Novelle stellt klar, dass die zuständigen Straßenverkehrsbehörden Parkflächen für elektrisch betriebene Fahrzeuge künftig durch ein Sinnbild auf der Fahrbahn hervorheben können.

Neue Regelungen zur Stärkung des Radverkehrs

STVO Novelle

Quelle: BMVI

Nebeneinanderfahren mit Fahrrädern

  • Durch eine Neufassung der bestehenden Regelung wird klargestellt, dass das Nebeneinanderfahren von Radfahrenden grundsätzlich gestattet ist. Lediglich wenn andere Verkehrsteilnehmende behindert werden, muss hintereinander gefahren werden.

Mindestüberholabstand für Kfz

  • Es wird ein Mindestüberholabstand von 1,5 m innerorts und von 2 m außerorts für das Überholen von zu Fuß Gehenden, Radfahrenden und Elektrokleinstfahrzeugführenden durch Kraftfahrzeuge festgeschrieben. Bisher schreibt die StVO lediglich einen „ausreichenden Seitenabstand“ vor.

Schrittgeschwindigkeit für rechtsabbiegende Kraftfahrzeuge über 3,5 t innerorts

  • Für rechtsabbiegende Kraftfahrzeuge über 3,5 t wird aus Gründen der Verkehrssicherheit innerorts Schrittgeschwindigkeit (4 bis 7, max. 11 km/h) vorgeschrieben. Verstöße können künftig mit einem Bußgeld in Höhe von 70 Euro sanktioniert werden. Außerdem wird ein Punkt im Fahreignungsregister eingetragen.

Personenbeförderung auf Fahrrädern

  • Auf Fahrrädern dürfen Personen mitgenommen werden, wenn die Fahrräder zur Personenbeförderung gebaut und eingerichtet sind und der Fahrzeugführende mindestens 16 Jahre alt ist.

Grünpfeil ausschließlich für Radfahrer

  • Mit der StVO-Novelle wird die bestehende Grünpfeilregelung auch auf Radfahrer ausgedehnt, die aus einem Radfahrstreifen oder baulich angelegten Radweg heraus rechts abbiegen wollen. Außerdem wird ein gesonderter Grünpfeil, der allein für Radfahrer gilt, eingeführt.

Verkehrszeichen Grünpfeil für Radfahrer:

Verkehrszeichen Grünpfeil für Radfahrer

Quelle: BASt

Generelles Haltverbot auf Schutzstreifen

  • Schutzstreifen für den Radverkehr trennen den Rad- und den Autoverkehr mit einer gestrichelten weißen Linie (Zeichen 340 der StVO). Autos dürfen dort zwar nicht parken, aber bislang noch bis zu drei Minuten halten. Dies führt vielfach dazu, dass die Radfahrenden Schutzstreifen nicht durchgängig nutzen können, weil ihnen haltende Autos den Weg versperren. Deshalb wird dort ein generelles Haltverbot eingeführt.

Einrichtung von Fahrradzonen

  • Analog zu den Tempo 30-Zonen sollen in Zukunft auch Fahrradzonen angeordnet werden können. Die Regelung orientiert sich an den Regeln für Fahrradstraßen: Für den Fahrverkehr gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h. Der Radverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden.
  • Auch Elektrokleinstfahrzeuge werden hier fahren dürfen.
  • Die Straßenverkehrsbehörden werden Fahrradzonen unter erleichterten Voraussetzungen anordnen können.

Verkehrszeichen Beginn einer Fahrradzone:

Verkehrszeichen Beginn einer Fahrradzone

Quelle: BASt

Ausweitung des Parkverbots vor Kreuzungen und Einmündungsbereichen

  • Wir wollen die Sicht zwischen Straße und Radweg verbessern und damit die Sicherheit speziell von Radfahrenden erhöhen. Das Parken vor Kreuzungen und Einmündungen wird daher in einem Abstand von bis zu je 8 Metern von den Schnittpunkten der Fahrbahnkanten verboten, wenn ein straßenbegleitender baulicher Radweg vorhanden ist.

Vereinfachung für Lastenfahrräder

  • Um speziell für Lastenfahrräder Parkflächen und Ladezonen vorhalten zu können, führen wir ein spezielles Sinnbild „Lastenfahrrad“ ein, das die zuständigen Straßenverkehrsbehörden nutzen können.

Sinnbild Lastenfahrrad:

Sinnbild Lastenfahrrad

Quelle: BASt

Verkehrszeichen Radschnellwege

  • Das Verkehrszeichen „Radschnellweg“ soll in die StVO aufgenommen werden, um die Kennzeichnung von Radschnellwegen auch unabhängig von der Fahrbahnbeschaffenheit, wie z. B. auf sandigem Untergrund, möglich zu machen.

Verkehrszeichen Radschnellweg:

Verkehrszeichen Radschnellweg

Quelle: BASt

Überholverbot von einspurigen Fahrzeugen

  • Die Straßenverkehrsbehörden können in Zukunft – z. B. an Engstellen ein Überholverbot von einspurigen und mehrspurigen Fahrzeugen (u. a. Fahrrädern) für mehrspurige Kraftfahrzeuge anordnen. Hierfür wird ein neues Verkehrszeichen eingeführt.

Verkehrszeichen Verbot des Überholens von einspurigen und mehrspurigen Fahrzeugen für mehrspurige Kraftfahrzeuge und Krafträder mit Beiwagen:

Verkehrszeichen Verbot des Überholens von einspurigen Fahrzeugen für mehrspurige Kraftfahrzeuge und Krafträder mit Beiwagen

Quelle: BASt

Erweiterung der Erprobungsklausel

  • Bislang haben die Länder bereits die Möglichkeit, verkehrsregelnde oder verkehrssichernde Maßnahmen zeitlich und örtlich begrenzt zu erproben. Die Durchführung solcher Verkehrsversuche wird durch die StVO-Novelle vereinfacht.
  • Eine weitergehende Öffnung des Straßenverkehrsrechts für Verkehrsversuche bedarf einer Änderung auf Gesetzesebene, die in einem weiteren Schritt im Jahr 2020 angegangen werden soll.

Vermehrte Öffnung von Einbahnstraßen für Radfahrende in Gegenrichtung

  • Im Rahmen einer Gesamtüberarbeitung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur StVO im Jahr 2020 sollen die zuständigen Straßenverkehrsbehörden verstärkt zur Prüfung der Öffnungsmöglichkeit von Einbahnstraßen in Gegenrichtung für Radfahrende aufgerufen werden. Ziel ist es, hierdurch die Zahl der in Gegenrichtung freigegebenen Einbahnstraßen zu vergrößern.

Neue Regelungen für Großraum- und Schwertransporte

  • Für die Beantragung von Erlaubnissen und Ausnahmegenehmigungen für Großraum- und Schwertransporte ändert sich die Regelung zur zuständigen Behörde. Außerdem gibt es künftig bundeseinheitliche Gebühren. Diese Regelungen treten erst im Januar 2021 in Kraft.

Ausdrückliches Verbot von Blitzer-Apps

  • In der StVO-Novelle wird ausdrücklich festgeschrieben, dass Fahrzeugführende Blitzer-Apps, z. B. auf Smartphones oder in Navigationssystemen, während der Fahrt nicht verwenden dürfen. Dies galt schon zuvor, wird jetzt nochmal deutlich klargestellt.

Einführung eines Sinnbilds „mehrfachbesetzte Personenkraftwagen“

  • Zwar wurde die Freigabemöglichkeit des Bussonderfahrstreifens für mehrfachbesetzte Personenkraftwagen gestrichen. Das neu eingeführte Sinnbild können die Straßenverkehrsbehörden jedoch fortan beispielsweise für die Durchführung von Verkehrsversuchen verwenden.

Sinnbild mehrfachbesetzte Personenkraftwagen:

Verkehrszeichen Verbot des Überholens von einspurigen Fahrzeugen für mehrspurige Kraftfahrzeuge und Krafträder mit Beiwagen

Quelle: BASt

Hinweis:
Alle hier abgebildeten Sinnbilder und Verkehrszeichen werden neu in die StVO eingeführt.“

Insbesondere die Verschärfungen bei den Fahrverboten, wo ja die Grenzen für die Verhängung eines Fahrverbotes gesenkt worden sind – außerorts demnächst schon ab 26 km/h, innerorts ab 21 km/h – werden zu erheblicher Mehrarbeit bei den Bußgeldstellen und den Gerichten führen. Mehrarbeit nicht nur bei AG, sondern auch bei den OLG, da nach § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG die Rechtsbeschwerden in den „Fahrverbotsfällen“ ja ohne Zulassung durch das OLG zulässig sind. Also: Mehr Einsprüche, mehr Hauptverhandlungen, mehr Rechtsbeschwerden.

Nichts desto trotz: Man muss die Mandanten auf diese Verschärfungen, die durch die Anhebung der Punkte ja auch fahreralubnisrechtliche Auswirkungen haben können, hinweisen. Und es gilt: Immer schön im zulässigen Bereich fahren.

Mich freut das Ganze natürlich für Andreas Scheuer, den BMVI. Endlich mal eine Erfolgsmeldung für ihn. Brauchte er ja auch. Denn sonst hat er sich bisher ja nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert.

9 Gedanken zu „OWi I: StVO-Novelle 2020 tritt am 28.04.2020 in Kraft, oder: Andi Scheuer freut sich

  1. Patenter_Anwalt

    Jetzt, wo alle nur auf Corona gucken, kann man das problemlos durchwinken.

    Das ist bloße Geldschneiderei, da die Bußgelder im unteren Bereich verdoppelt wurden und die Fahrverbots-Grenzen drastisch gesenkt wurden (von 41 auf 26 bzw. von 31 auf 21 km/h)

  2. Thomas

    Wie genau muss ich mir eine Kontrolle der Schrittgeschwindigkeit für Fahrzeuge über 3,5t beim Abbiegen innerorts vorstellen? Wird das geblitzt? Schwer vorstellbar, ich begrüße diese Regelung, aber deren Kontrolle wird aus meiner Sicht schwierig.

  3. Pingback: Blogscan 17. KW 2020

  4. meine5cent

    Sehr lustig, dass das Parken auf Gehwegen härter geahndet wird, wo doch derselbe Minister die gehwegvermüllende E-Scooter-Pest befürwortet hat ohne Ende als das Nonplusultra urbaner Mobilität…

  5. A. Ermer

    Meines Wissens gelten die 26 km/h außerorst nur bei Mehrfachverstößen. Also wie bisher. Eine Verschärfung gibt es nur innerorts.
    Bin allerdings auch verwirrt, weil man die 26 überall und nun soagr auch hier liest. Eine Klarstellung wäre nett.

  6. Pingback: Wochenspiegel für die 17. KW., Corona, Corona, Corona, Skypen im Gerichtsssaal, “Spuckschutz-Abmahnung”, Schummeldiesel und StVO-Novelle | Burhoff online Blog

  7. A. Ermer

    Nun gibt es also tatsächlich auch außerorts ab 26 km/h drüber schon einen Monat. Dadurch geht § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV jetzt allerdings ins Leere. Meiner Meinung nach wäre es sauberer gewesen, diese Regelung zu streichen, um Verwirrung zu vermeiden.

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