Übernachtungskosten, oder: Wann darf der Rechtsanwalt anlässlich einer Terminswahrnehmung übernachten?

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Und als zweite Entscheidung des Tages dann ein Beschluss des LG Memmingen zu Übernachtungskosten. Zwar handelt es sich „nur“ um einen Kostenfestsetzungsbeschluss, aber ich stelle ihn dennoch vor. Denn für den Kollegen Sorge aus Germersheim, der mir den Beschluss geschikct hat, ist damit die erste Hürde schon mal übersprungen.

Der Kollege hatte in seinem Kostenfestsetzungsantrag Hotelkosten anlässlich eines Gerichtstermins, den er als Vertreter des Streithelfers wahrgenommen hatte, geltend gemacht. Der Rechtspfleger hat die im LG Memmingen, Beschl. v. 29.01.2020 – 34 0 1272/16 – festgesetzt:

„Übernachtungskosten nach Nr. 7006 VV RVG sind zu erstatten, wenn diese angemessen sind. Dies ist regelmäßig dann gegeben, wenn die Übernachtung zweckmäßig, oder aber, wenn Hin- und Rückreise am selben Tag nicht möglich oder nicht zumutbar sind. Die herrschende Rechtsprechung nimmt dies in Anlehnung an § 758a Abs. IV ZPO dann an, wenn die Hin- und Rückreise nicht im Zeitfenster von 6.00 Uhr bis 21.00 Uhr erfolgen können (vgl. Mayer/Kroiß, RVG, 7. Auflage 2018, Rn. 3 zu Nr. 7006 VV RVG; Gerold/Schmidt, 22. Aufl., Rdnr. 71-73 zu Nr. 7003-7006 RVG).

Dem Prozessbevollmächtigten des Streithelfers ist vorliegend zur Wahrung der anwaltlichen Sorgfaltspflicht in Form des rechtzeitigen Erscheinens zum Gerichtstermin am 05.09.2019 um 10.00 Uhr zuzugestehen, die Anreise bereits am Vortag angetreten zu haben, weshalb in Folge dessen eine Übernachtung erforderlich wurde.

Hätte der Prozessbevollmächtigte des Streithelfers die Hinreise zum Termin erst am 05.09.2019 angetreten, hätte die Abfahrt bei sorgfältiger Planung der Anreisezeit bereits vor 6.00 Uhr erfolgen müssen um zum terminierten Beginn um 10.00 Uhr anwesend zu sein, mithin zu einem Zeitpunkt, für welchen eine Übernachtung als angemessen zu betrachten ist.

Neben der reinen Fahrtzeit, welche nach dem Routenplaner google.maps vom Sitz der Kanzlei zum Gericht ca. 3 Stunden und 10 Minuten beträgt, wäre eine weitere Pufferzeit vorzuhalten gewesen, um mögliche unvorhergesehene Verzögerungen auszugleichen, welche durch die gegenwärtigen Baumaßnahmen auf der Autobahn A8 zwischen Stuttgart und Ulm jederzeit auftreten können. Ferner ist hierbei zu berücksichtigen, dass bei einer Anreise zum Gericht in der Frühe des Terminstags am 05.09.2019 auch möglichen Verzögerungen durch den Berufsverkehr um Karlsruhe und Stuttgart herum Sorge zu tragen gewesen wäre. Eine Pufferzeit zur reinen Fahrtzeit hinzu von etwa 45 Minuten wäre nach den genannten Unwägbarkeiten in Bezug auf den Verkehrsfluss, aber auch in Anbetracht der Länge der Fahrtstrecke von 250 km sicher einzuplanen gewesen.

Es ergibt sich somit bereits im Hinblick auf die Fahrtzeit neben der Pufferzeit hierfür eine Zeitpanne von knapp 4 Stunden.

Ausgehend vom Terminsbeginn um 10.00 Uhr ergibt sich, dass die Abfahrt um etwa 6.00 Uhr hätte begonnen werden müssen. Ferner wären überdies Zeiten für die Parkplatzsuche nach Ankunft m Gerichtsort, sowie für den Zugang vom Parkplatz zum Gerichtsgebäude einzuplanen gewesen, so dass in jedem Fall die Abreise – wenn auch nur knapp – vor 6.00 Uhr hätte begonnen werden müssen.

Soweit die Klagepartei ausführt, dass die Reise zum Gerichtstermin am 05.09.2019 auch – zur Vermeidung einer Übernachtung – mit der Bahn hätte erfolgen können, kann dem nicht gefolgt werden. Wie im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens dargelegt, wäre die Ankunft am Bahnhof in Memmingen bei einer Abfahrt um 6.43 Uhr um 9.55 Uhr erfolgt. Das Gerichtsgebäude liegt fußläufig nur etwa 5 Minuten vom Bahnhof entfernt und hätte ggf. – die planmäßige Ankunft vorausgesetzt – gerade noch rechtzeitig bis zum Terminsbeginn um 10.00 Uhr erreicht werden können. Einer sorgfältigen Planung des rechtzeitigen Erscheinens zum Terminsbeginn hätte dies jedoch in Anbetracht eines Puffers von 5 Minuten, selbst bei vorausgesetzt pünktlicher Ankunft des Zuges, bis zum Beginn des Gerichtstermins widersprochen.

Eine frühere Ankunft am Bahnhof des Gerichtsorts wiederum hätte eine Abreise vor 6.00 Uhr bedingt und daher ebenfalls eine Übernachtung gerechtfertigt.“

Der im Zivilverfahren ergangene Beschluss hat allgemeine Geltung, denn die Nr. 7006 VV RVG gilt ja in allen Verfahrensarten. Der Beschluss enthält auch nichts bahnbrechend Neues, aber er schreibt die h.M. hinsichtlich der Erforderlichkeit von Übernachtungen in Zusammenhang mit der Wahrnehmung von Gerichtsterminen fest.

Ein Gedanke zu „Übernachtungskosten, oder: Wann darf der Rechtsanwalt anlässlich einer Terminswahrnehmung übernachten?

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