In der letzten Woche hat mich folgende Anfrage erreicht:
„Sehr geehrter Herr Kollege Burhoff,
ich möchte Sie höflichst um eine kurze Einschätzung bitten, da ich diesen Fall mit der gebührenrechtlichen Fragestellung noch nicht gehabt hatte.
Ich wurde in erster Instanz als Pflichtverteidigerin beigeordnet. Es kam zu einer Verurteilung. Gegen die Rechtsfolge sind wir erfolgreich in Berufung gegangen mit der Kostenfolge, dass die notwendigen Auslagen auch von der Staatskasse übernommen werden.
Der Verurteilte hatte mir damals keine Abtretungserklärung für den Fall des Freispruchs oder einer erfolgreichen Berufung unterzeichnet. Diese hielt ich auch nicht für notwendig, da die Beiordnung m.E. für die 2. Instanz gilt. Im Nachgang reagiert der Verurteilte nicht auf meine Schreiben und Anrufe.
Jetzt habe ich lediglich meine angefallenen Pflichtverteidigergebühren (nicht: die eines Wahlverteidigers) gegenüber der Staatskasse abzurechnen versucht. Mir wurde vom Rechtspfleger (Berlin) geantwortet, dass ich eine Vollmacht für das Kostenfesetzungsverfahren mit Ermächtigung zum Geldempfang oder eine Abtretungserklärung vorlegen solle. Bis dato bin ich immer davon ausgegangen, dass die Pflichtverteidigergebühren immer gegenüber der Staatskasse abgerechnet werden können. Eine Vollmacht existiert ja auch wegen der Beiordnung überhaupt nicht, ganz abgesehen davon, dass der Verurteilte für mich weiterhin unerreichbar ist.“
Wenn wir über „Vollmacht“ reden, sind wir im Bereich der (Stell)Vertretung. Wenn ich als Rechtsanwalt in Vollmacht handele, erkläre oder fordere ich etwas für einen anderen. Das tun wir ja im Außenverhältnis fast immer. Bei der Pflichtverteidigervergütung ist das aber anderes. Da mache ich einen eigenen, mir direkt gegenüber der Landes- oder Bundeskasse zustehenden, Vergütungsanspruch für mich selbst geltend. Mit „Vollmacht“ hat das also nichts zu tun.
Ich halte die Forderung des Rechtspflegers aber nicht für ein „Problem“ bzw. für Unkenntnis, sondern nur für ein einfaches Versehen. Der Rechtspfleger ist routinemäßig davon ausgegangen, dass ein Pflichtverteidiger beim Freispruch den Erstattungsanspruch des ehemaligen Angeklagten gegen die Staatskasse – also die höheren Wahlverteidigergebühren – haben will. Dazu braucht es sehr wohl eine Geldempfangsvollmacht oder eine Abtretung.
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