Schütteln eines Säuglings, oder: Misshandlung von Schutzbefohlenen

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Zunächst heute dann der Hinweis auf den BGH, Beschl. v. 07.08.2018 – 4 StR 89/18. Er hat einen dieser unsäglichen „Schüttelfälle“ zum Gegenstand in Form des „Schüttelns“ eines Säuglings. Deswegen ist der Angeklagte vom LG u.a. wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden. Diese Verurteilung „hält“ der BGH .

„2. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte durch die dem Nebenkläger am 27. Januar 2016 zugefügte Gewalthandlung der schweren Misshandlung von Schutzbefohlenen gemäß § 225 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 StGB in der Tatbestandsalternative des rohen Misshandelns in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung nach § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB schuldig gemacht.

Ein rohes Misshandeln im Sinne des § 225 Abs. 1 StGB liegt vor, wenn der Täter einem anderen eine Körperverletzung aus gefühlloser Gesinnung zufügt, die sich in erheblichen Handlungsfolgen äußert. Eine gefühllose Gesinnung ist gegeben, wenn der Täter bei der Misshandlung das – notwendig als Hemmung wirkende – Gefühl für das Leiden des Misshandelten verloren hat, das sich bei jedem menschlich und verständlich Denkenden eingestellt haben würde (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 28. Februar 2007 – 5 StR 44/07, NStZ 2007, 405; Urteile vom 23. Juli 2015 – 3 StR 633/14, NStZ-RR 2015, 369; vom 21. März 2018 – 1 StR 404/17, NStZ-RR 2018, 209).

Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte, dem insbesondere durch die Besuche der Hebamme und die über drei Monate hinweg durchgeführte Maßnahme der Familienhilfe bekannt war, dass die Nackenmuskulatur eines Säuglings noch nicht gut ausgeprägt ist und der Kopf eines Säuglings dementsprechend eines besonderen Schutzes bedarf, den Nebenkläger bereits zuvor einmal so heftig geschüttelt, dass er aufgrund der bei dem Kind wahrgenommenen Verhaltensänderungen und Schmerzen damit rechnete, ihm Verletzungen zugefügt zu haben. Trotz des Wissens um die bereits bei einer gewissen Intensität des Schüttelns eingetretenen Verletzungen schüttelte der Angeklagte den fünf Monate alten Nebenkläger am 27. Januar 2016 zwischen 15.30 Uhr und 17.03 Uhr erneut mit noch heftigerer Intensität. Dabei war er sich darüber im Klaren, dass die neuerliche Gewalthandlung noch heftiger war und zu schlimmeren Folgen für das Kind führen konnte. Ihm war bewusst, dass eine solche Krafteinwirkung durch Schütteln lebensbedrohlich sein kann. Diese zur subjektiven Tatseite festgestellten Umstände belegen auch vor dem Hintergrund eines – dem Angeklagten im Rahmen der Strafzumessung als nicht ausschließbar zugutegehaltenen – Zustands affektiver Erregung in einer Akutsituation, dass der Angeklagte am 27. Januar 2016 gegenüber dem Nebenkläger mit der für die Tatbestandsalternative des rohen Misshandelns erforderlichen gefühllosen Gesinnung handelte.

Da das Landgericht einen auf die Todesgefahr infolge der Misshandlung bezogenen Eventualvorsatz des Angeklagten rechtsfehlerfrei festgestellt hat, hat sich der Angeklagte durch die Gewalthandlung am 27. Januar 2016 der schweren Misshandlung von Schutzbefohlenen nach § 225 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 StGB schuldig gemacht. Während zwischen der schweren Misshandlung von Schutzbefohlenen und der schweren Körperverletzung gemäß § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB Tateinheit besteht, tritt die gleichfalls verwirklichte gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter § 225 Abs. 3 Nr. 1 StGB zurück (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Juni 2016 – 3 StR 22/16, BGHR StGB § 225 Konkurrenzen 6; vom 5. Februar 2009 – 4 StR 624/08).“

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