Ich hoffe die Vatertagsgänger sind alle wieder zu Hause :-), so dass ich mit den freitäglichen Gebührenpostings starten kann. Zunächst der OLG Rostock, Beschl. v. 30.04.2018 – 20 Ws 78/18. Ein „zweigeteilter Beschluss“ = mit zwei Problembereichen, von denen ich hier nur eins darstellen will. Das andere ist ein wenig kompliziert und daher gut fürs Selbststudium geeignet.
Das Problem, das ich aus dem Beschluss hier aufgreifen will, hängt mit § 43 RVG zusammen, und zwar geht es um die Frage: Wirksamkeit der Abtretung der Kostenerstattungsansprüche in der Vollmacht. Da geht es ja in der Rechtsprechung immer noch ein wenig hin und her. Ich erinnere da an den OLG Nürnberg, Beschl. v. 25.03.2015 – 2 Ws 426/14 -, über den ich hier ja auch berichtet habe: Verteidiger aufgepasst: Keine Abtretung in der Vollmacht.
Das OLG Rostock grenzt sich von dem Beschluss ab. Es sieht in dem von ihm entschiedenen Fall die Abtretung als wirksam an, und zwar:
Weder dem Kostenfestsetzungsantrag vom 28.08.2015 noch dem Rechtsmittel steht entgegen, dass sie nicht im Namen des früheren Angeklagten Te. als Kostengläubiger angebracht wurden, sondern von Rechtsanwalt J. im eigenen Namen. Denn der Angeklagte hat seine zukünftigen Kostenerstattungsansprüche gegen die Staatskasse bereits mit der Rechtsanwalt J. am 13.11.2013 erteilten und von diesem zu den Akten gereichten Vollmacht wirksam und unwiderruflich zur Abgeltung von dessen Honoraransprüchen (= Kosten und Auslagen) an diesen abgetreten (vgl. zur Wirksamkeit einer in die Vollmachtsurkunde aufgenommenen Abtretungserklärung Burhoff in Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl., § 43 Rdz. 12; OLG Nürnberg, Beschluss vom 25.03.2015 – 2 Ws 426/14 – jeweils m.w.N.). Diese Abtretungserklärung scheitert auch nicht an der Vorschrift des § 305c BGB, denn die betreffende Textpassage war in der Vollmachtsurkunde gegenüber den übrigen darin enthaltenen Regelungen eigens durch Fettdruck besonders hervorgehoben worden, weshalb der Senat davon ausgehen kann, dass sie für den Mandanten nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages klar erkennbar und deshalb nicht überraschend war.
Die Wirksamkeit dieser Abtretung wurde durch die spätere Kündigung des anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrags und den Widerruf der Vollmacht nicht berührt. Insoweit ist zwischen der vertraglich vereinbarten Forderungsabtretung einerseits (§ 398 BGB) und der einseitig erteilten Verteidigervollmacht andererseits zu unterscheiden (§ 168 Satz 2 BGB). Während die Vollmacht auch durch einseitige Erklärung des Angeklagten gegenüber dem Gericht wirksam widerrufen werden konnte (§ 167 Abs. 1, § 168 Satz 3 BGB), gilt dies für die Abtretungsvereinbarung nicht.
Auch die nochmalige Abtretung seiner gegen die Staatskasse bestehenden Ansprüche auf Ersatz seiner notwendigen Auslagen durch den vormals Angeklagten vom 16.04.2015 an seinen Pflichtverteidiger Rechtsanwalt T. lässt die Wirksamkeit der früheren Abtretung an Rechtsanwalt J. unberührt (vgl. Burhoff a.a.O. Rdz. 11).“
Also: Abtretung in der Vollmacht ist möglich, wenn man die zivilrechtlichen Vorgaben beachtet. Das war hier der Fall.
Und wenn die Abtretung wirksam ist, dann treten alle zivilrechtlichen Folgen ein, also z.B. wie hier, dass eine nachfolgende weitere Abtretung unwirksam ist = ins Leere geht. Und im Verfahren ist dann die Aufrechnung der Staatskasse unwirksam. Das betrifft alle Ansprüche der Staatskasse, also die betreffend bezahlte Pflichtverteidigergebühren, eine Pauschvergütung oder Gerichtskosten. Voraussetzung ist dann aber natürlich, dass die Abtretungsurkunde zur Akte gereicht worden ist.