So, heute dann auch hier zum Wochenauftakt der (neue) „Rotlichtskandal“. Gemeint ist aber nicht das, was man auf den ersten Blick meint oder meint, meinen zu können. Es geht nämlich nicht um einen Skandal im berühmten/berüchtigten „Rotlichtmilieu“, sondern es geht – mal wieder – um einen Skandal im Verkehrsrecht. Man könnte auch sagen/schreiben: Der nächste Blitzerskandal.
Nach dem Kölner Knöllchen-Skandatl haben wir nun einen – wohl bundesweiten – Rotlichtskandal, über den in der vergangenen Woche in der Presse ja auch schon berichtet worden ist (vgl hier in der „Rheinischen Post„, oder in der „NRZ“ oder in der „Hannoverschen Allgemeinen„. Es geht um Rotlicht-Blitzanlagen der Firma Jenoptik, und zwar um TRAFFIPAX TraffiPhot III . Bei denen ist bei der Installation ein Fehler gemacht worden. Der Mindestabstand der Induktionsschleifen im Straßenbelag ist nicht korrekt, was zu Fehlmessungen führt. Daher sind u.a. in Düsseldorf, Essen, Hannover die Messanlagen ausgestellt worden, es wird nicht mehr geblitzt.
Was folgt daraus?
Nun, sicher, dass in den Fällen, in denen das noch möglich ist und noch Sinn macht, Einspruch eingelegt werden muss. So weit, so gut (oder auch nicht)
Interessanter ist natürlich die Frage, was ist mit den Fällen, in denen ein Eisnpruch nicht mehr möglich ist, weil der Bußgeldbescheid rechtskräfitg ist und/oder ggf. auch bereits eine Verurteilung vorliegt? Vielleicht geht ja dann noch etwas mit der Rechtsbeschwerde, was natürlich nicht einfach ist. Und Wiederaufnahme des Verfahrens? Wohl nicht. Also bleibt nur – wie beim Kölner Knöllchen Skandal, dass die Kommunen tätig werden und aus den rechtskräftigen Bescheiden nicht vollstrecken. Aber auch das wird ein steiniger Weg.
Was mich am meisten umtriebt ist die Frage:; Wie fühlen sich jetzt eigentlich die OLG, die zum wiederholten Mal lesen dürfen/müssen, dass es bei einem „standardisierten Messverfahren“ – „TRAFFIPAX TraffiPhot III“ ist als ein solches anerkannt -Fehler gegebene hat, die die Ordnungsgemäßheit der Messung mehr als in Frage stellen? An sich müssten doch solche Meldungen Anlass sein, diese „heilige Kuh“ mal ein wenig vom Altar herunter zu holen und zu schauen, ob bei den Messverfahren, denn nun wirklich alles so standardisiert ist, wie man glaubt/behauptet, was aber – Verteidiger haben es ja schon immer gesagt – offensichtlich nicht der Fall ist. Aber ich wage die Behauptung: es wird nicht lange dauern und wir werden die ersten Entscheidungen bekommen, in denen es heißt/steht: „Alles nicht so schlimm, es bleibt alles beim Alten“, wie z.B. hier „zum alten Recht“ der OLG Saarbrücken, Beschl. v. 25.10.2017 – Ss RS 17/2017 (30/17 OWi), betrifft allerdings das Messgerät PoliScan F1 HP.
Ach so: Und wer jetzt googelt: Bitte nicht nur „Rotlichtskandal“ eingeben. Das gibt die falschen Treffer 🙂 .
„Standardisiert“ ist ein Messverfahren nur, wenn es gemäß der Herstellervorgaben betrieben wird. Wenn die Induktionsschleifen im falschen Abstand lagen, wurde das Gerät nicht gemäß der Bedienungsanleitung bedient, die Messung war daher nicht standardisiert. Der Bedienfehler lässt sich nachprüfen und reproduzieren. Wäre der Einbau richtig erfolgt, läge ein standardisiertes Messverfahren vor und eine Verfälschung der Messwerte wäre ausgeschlossen.
Der Fall eignet sich m.E. nicht für Zweifel an standardisierten Messverfahren, er ist eher vergleichbar damit, dass beispielsweise der Messbeamte ein Multanova Radargerät in falschem Winkel aufgestellt hat. Ärgerlich, aber Menschen machen Fehler, und diese Fehler lassen sich erkennen.
@Briag: Und Menschen bauen Meßgeräte, programmieren deren Software und standardisieren und zertifizieren das Ganze. Was wollen Sie uns also mit Ihren Ausführungen sagen, außer, daß in allen diesen Zwischenstadien Fehler gemacht werden können?
@Ich:
Sie haben natürlich Recht! Wir sollten niemals wieder eine Verurteiltung auf standardisierte Messgeräte stützen, weil die Programmierung und damit die Messergebnisse ja falsch sein könnten. Oder auf Blutalkoholgutachten, weil der Gutachter könnte ja einen Fehler gemacht und das falsche Ergebnis eingetragen haben. Oder auf Zeugenaussagen, denn die sind bekanntlich das fehleranfälligste Beweismitteln. Oh, und auf Geständnisse sollten wir uns auch nicht mehr verlassen, die sollen auch schon falsch gewesen sein. Wissen Sie was: Sie haben Recht! Schließen wir doch einfach die gesamte Strafjustiz! In schweren Fällen hat das Opfer ja immer noch das Notwehrrecht, und in allen anderen Fällen ist es ja nicht so wichtig. Verstehe ich Sie da richtig?
Was ich sagen will ist das, was ich gesagt habe: Wenn ein entsprechend der Herstellervorgaben korrekter Aufbau Voraussetzung eines standardisierten Messverfahrens ist, taugt ein Fall, in dem der Aufbau eben nicht korrekt war, nicht, Zweifel an einem standardisierten Messverfahren aufzuwerfen. Hier werden Äpfel mit Birnen vergleichen, um dem Laien zu suggerieren, es gäbe ein Problem, das überhaupt nicht existiert.
Doch es gibt ein Problem: Das Problem sind die Gerichte, die dem Betroffenen mit Zirkelschlüssen, die Prüfung der Messverfahren verwehren.
Ganz genau!
Dann sollten Behörden und Gerichte wenigstens so fair sein und den Betroffenen alle Informationen zur Verfügung stellen, um prüfen zu können, ob die Standardisierung denn eingehalten wurde. Das ist ja das Mindeste.
Der Rotlichtverstoß wird doch nicht anhand von „Messungen“, sondern anhand von Lichtbildern festgestellt. Wenn die Kamera auslöst, ohne dass ein Kfz drüberfährt (oder wenn das Kfz noch ein Stück entfernt ist), wird man das auf den Lichtbildern sehen. Insofern scheint die Aufregung doch recht übertrieben zu sein, um das Mindeste zu sagen.
Ein für einen „Sonntagsfahrer“angemessener Kommentar
Schön wäre, wenn die Rechtsprechung mal davon abkommt immer alles als standardisiert anzunehmen, ohne individuelle Prüfungen (Tipp: https://www.ra-wollangk.de/ ) vorzunehmen. Denn offensichtlich kann die Annahme dass standardisierte Geräte auch zu standardisierten Messung führen nicht mehr vorbehaltlos aufrechterhalten werden.