Der 56. Deutsche Verkehrsgerichtstag ist vom 24. bis 26.01.2018 in Goslar gelaufen. Nachdem ich im Oktober über das Programm berichtet habe (Der 56. VGT naht, oder: Programmvorschau) bin ich den regelmäßigen Lesern jetzt die Nachlese = die Ergebnisse schuldig. Und damit starte ich dann den heutigen Tag.
Die Gesamtergebnisse bzw. Empfehlungen der acht Arbeitskreise sind dann doch recht umfangreich, zu umfangreich, um sie hier darzustellen. Ich verweise daher, man findet sie hier.
Ich greife nur die Empfehlungen der beiden Arbeitskreise heraus, die ich auch schon im Oktober im einzelnen erwähnt hatte. Das waren der AK III: Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, und der AK VI: Sanktionen bei Verkehrsverstößen. Da hat es Folgendes gegeben:
Arbeitskreis III
Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort
– Ist der Straftatbestand noch zeitgemäß?
– Reformvorschläge
– Versicherungsrechtliche Auswirkungen
1. Die strafrechtlichen und versicherungsvertragsrechtlichen Regelungen zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort führen zu gewichtigen Rechtsunsicherheiten. Dadurch können Verkehrsteilnehmer überfordert werden. Vor diesem Hintergrund erinnert der Arbeitskreis daran, dass § 142 StGB ausschließlich dem Schutz Unfallbeteiligter und Geschädigter an der Durchsetzung berechtigter und der Abwehr unberechtigter Schadensersatzansprüche dient.
2. Der Arbeitskreis empfiehlt mit überwiegender Mehrheit dem Gesetzgeber zu prüfen, wie eine bessere Verständlichkeit des § 142 StGB erreicht werden kann, insbesondere durch eine Begrenzung des Unfallbegriffs auf Fortbewegungsvorgänge und eine Präzisierung der Wartezeit bei Unfällen mit Sachschäden bei einer telefonischen Meldung, etwa bei einer einzurichtenden neutralen Meldestelle.
3. Der Arbeitskreis fordert mit überwiegender Mehrheit den Gesetzgeber auf, die Möglichkeiten der Strafmilderung oder des Absehens von Strafe bei tätiger Reue in § 142 Abs. 4 StGB zu reformieren. Dabei sollte die Begrenzung auf Unfälle außerhalb des fließenden Verkehrs entfallen und die Regelung auf alle Sach- und Personenschäden erweitert werden.
4. Der Arbeitskreis fordert mit knapper Mehrheit, dass das unerlaubte Entfernen vom Unfallort bei Sachschäden nicht mehr im Regelfall zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis führt. Die Worte „oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden“ in § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB sollten gestrichen werden. Der Arbeitskreis empfiehlt, bis zu einer gesetzlichen Änderung einen Regelfall der Entziehung der Fahrerlaubnis nur noch bei erheblichen Personen- und besonders hohen Sachschäden (ab 10.000 EUR) anzunehmen.
5. Der Arbeitskreis hält es für notwendig, den Inhalt der auf das Verbleiben an der Unfallstelle bezogenen versicherungsvertraglichen Aufklärungsobliegenheit den strafrechtlichen Pflichten nach § 142 StGB entsprechend zu verstehen. Er fordert die Versicherer auf, dies durch unmittelbare Bezugnahme auf § 142 StGB in den AKB klarzustellen.
Arbeitskreis VI
Sanktionen bei Verkehrsverstößen
– Höhere Bußgelder: Heilmittel oder Abzocke?
– Praxis im europäischen Vergleich
– Kriminologische Erkenntnisse
– Interventionsmöglichkeiten aus wissenschaftlicher Sicht
Der Arbeitskreis lehnt eine pauschale Erhöhung der Bußgeldsätze ab.
Er empfiehlt aber eine spürbare Anhebung der Geldbußen, verbunden mit verstärkter Androhung von Fahrverboten, für besonders verkehrssicherheitsrelevante Verkehrsverfehlungen(namentlich Geschwindigkeits-, Abstands- oder Überholverstöße) unter Berücksichtigungdes jeweiligen Gefährdungspotentials und der Verkehrssituation. Dies muss einhergehen mit einer nachdrücklicheren und effektiveren Verkehrsüberwachung, geradean Unfallhäufungs- und Gefährdungsstellen. Die Praxis in den Bundesländern sollte harmonisiertwerden.
Einem „Einkalkulieren“ von Geldbußen muss entgegengewirkt werden. Umgekehrt darf nicht der Eindruck der „Abzocke“ unter fiskalischen Gesichtspunkten entstehen.Der Arbeitskreis fordert eine für die Verkehrsteilnehmenden nachvollziehbare Beschilderung.Verkehrspädagogische und verkehrspsychologische Maßnahmen sind zu stärken.
Der Arbeitskreis spricht sich dafür aus, bundesweit eine empirische Basis zu schaffen, mithilfe derer die präventiven Wirkungen der für Verkehrsverfehlungen im Ordnungswidrigkeitenrecht angedrohten Sanktionen besser beurteilt werden können.
Mal sehen, was daraus wird.