Allmählich habe ich nach 3 1/2 Wochen Urlaub den Schreibtisch wieder aufgeräumt, zwar noch nicht ganz, aber fast 🙂 . Damit ist dann auch wieder Zeit für (neue) Blogbeiträge. Und heute gibt es dann den gewohnten „Kessel Buntes“, in den ja vielleicht doch noch mal einer schaut, wenn neben/nach Weihnachtsbaumaufstellen usw. Zeit ist.
Im „Kessel Buntes“ köchelt dann heute zunächst der schon etwas ältere OLG Hamm, Urt. v. 18.07.2017 – 9 U 34/17. Es behandelt die Frage der Haftungsabwägung bei einem Zusammenstoß mit einem Feuerwehrwagen auf einer Einsatzfahrt. Es war auf einer Kreuzung zu einem Zusammenstoß zwischen dem Pkw des Klägers und dem Feuerwehrfahrzueg gekommen. Der Pkw des Klägers wurde von einer Zeugin I gesteuert, die sich mit dem Pkw der Kruezung bei Grün näherte. Das Feuerwehrfahrzeug wurde von der Zeugin T gesteuert, für die an der Kreuzung Rotlicht galt, an dem Einsatzfahrzeug waren aber Blaulicht und Martinshorn eingeschaltet. Auf der Kreuzung stießen die Fahrzeuge zusammen. Die Zeugin I hatte aus mehreren hundert Metern Entfernung das Blaulicht an der Feuerwehr und außerdem erkannt,d dass trotz Grünlicht Fahrzeuge standen. Sie war aber davon ausgegangen, dass das Einsatzfahrzeug ihren Fahrweg nicht kreuzen würde und deshalb mit leicht reduzierter Geschwindigkeit in die Kreuzung eingefahren. Die Zeugin T hatte den Pkw des Klägers übersehen und war von ihrem Beifahrer auf den Pkw des Klägers hingewiesen werden. Das OLG Hamm ist bei der Sachlage von einer Haftungsverteilung von 1/3 zu 2/3 zu Lasten des Klägers ausgegangen:
„Kommt es zu einem Zusammenstoß zwischen einem Einsatzfahrzeug, welches unter Inanspruchnahme der Sonderrechte nach §§ 35, 38 StVO in eine durch Rotlicht gesperrte Kreuzung einfährt, ohne dass dessen Fahrer die gebotene Sorgfalt walten lässt und einem Kraftfahrer, der trotz rechtzeitig wahrnehmbaren Blaulicht und Martinshorn das Wegerecht des Einsatzfahrzeuges nicht beachtet, so hängt die Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile vom jeweiligen Einzelfall ab, wobei der Geschwindigkeit des Einsatzfahrzeuges entscheidende Bedeutung beikommt (KG, Urteil vom 13. 3. 2003 – 12 U 257/01; LG Bonn, Urteil vom 28. September 2016 – 1 O 454/13 -, Rn. 37, juris).
Der Senat hat bei vorläufiger Bewertung bei der Terminierung vergleichsweise eine gleichmäßige Haftung der Beteiligten angenommen und auf dieser Grundlage einen entsprechenden Vergleichsvorschlag unterbreitet. Nach endgültiger Beratung hält der Senat die vom Landgericht der Schadensabrechnung zugrundegelegte Haftungsquote von 1/3 zu 2/3 zu Lasten des Klägers für gut vertretbar.
Dafür ist ausschlaggebend, dass die Zeugin I tatsächlich grob nachlässig und unsorgfältig gehandelt hat. Obwohl sie aus mehreren hundert Meter Entfernung Blaulicht wahrgenommen hat, und in Annäherung an die Kreuzung in der rechten Spur stehende Fahrzeuge bemerkt hat, für die die Lichtzeichenanlage Grünlicht anzeigte, hat sie in dieser Situation nicht den sich aufdrängenden Schluss gezogen, dass das von ihr wahrgenommene Blaulicht und das inzwischen akustisch wahrgenommene Martinshorn der Grund dafür waren, dass Fahrzeuge in der rechten Spur ihre Fahrt nicht fortsetzten, obwohl sie grün hatten. Stattdessen hat sich die Zeugin einen Grund zurechtgelegt, wonach das Fahrzeug mit dem Blaulicht mit ihrem Fahrweg schon nichts zu tun haben werde. Einen belegbaren Anlass hatte sie hierfür nicht. In dieser Situation hat sie sich zunächst mit ungeminderter Geschwindigkeit, und sodann mit nicht näher beschriebener reduzierter Geschwindigkeit auf die Kreuzung zubewegt, obwohl sie eben nicht wusste, was sie erwarten würde.
Dass die Zeugin T ihrerseits nicht hinreichend aufmerksam war, belegt der Umstand, dass sie von ihrem Beifahrer erst auf die herannahende Zeugin I aufmerksam gemacht werden musste. Diese konnte sie – ebenso wie umgekehrt – über eine weite Strecke hinweg sehen. Allerdings ist es so, dass im Rahmen der Einsatzfahrt – anders als bei privater Teilnahme am Verkehr – verständlicherweise die Zeit für die Einschätzung der Geschwindigkeit des Herannahenden zu kurz kommen kann. Das entlastet die Zeugin T zwar nicht, lässt aber den Verstoß in einem milderen Licht erscheinen.
Vor diesem Hintergrund stimmt der Senat der vom Landgericht ausgeurteilten Haftungsquote zu, so dass die Berufung des Klägers keinen Erfolg hat.“