Nachdem ich in der letzten Zeit bereits zweimal über die Frage der Zulässigkeit von Erzwingungshaft (§ 96 OWiG) in den Fällen der Insolvenz berichtet habe, nämlich über AG Dortmund, Beschl. v. 12.09.2017 – 729 OWi 107/17 [b] – und den LG Duisburg, Beschl. v. 05.07.2017 – 69 Qs 22/17 -, die beide die Erzwingungshaft als unzulässig angesehen haben, heute dann zur „Abrundung“ der AG Bamberg, Beschl. v. 14.09.2017 – 23 OWi 708/17. Der sieht das – mit Blick auf die Herkunft des Beschlusses hätte ich fast „natürlich“ geschrieben – anders und sieht die Erzwingungshaft nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als zulässig an.
Hier die Leitsätze der Entscheidung:
„Allein die Durchführung eines Insolvenzbzw. Restschuldbefreiungsverfahrens steht der Anordnung von Erzwingungshaft gemäß § 96 Abs. 1 OWiG nicht entgegensteht. Es ist dem Betroffenen auch während eines Insolvenzbzw. Restschuldbefreiungsverfahrens grundsätzlich zuzumuten, offene Geldbußen – auch solche, die aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens herrühren – aus dem ihm verbleibenden Selbstbehalt bzw. aus seinem freien Vermögen in angemessenen Raten zu begleichen. Dem stehen auch die Vorschriften des Insolvenzrechts nicht entgegen (Fortführung von LG Deggendorf, Beschluss vom 28. März 2012 – 1 Qs (b) 62/12 –, juris, Rn. 9 ff.; LG Potsdam, Beschluss vom 14. September 2006 – 21 Qs 108/06 –, juris, Rn. 4 ff.; LG Berlin, Beschluss vom 03. Juli 2006 – 505 Qs 54/06 –, juris, Rn. 5 ff.; LG Potsdam, Beschluss vom 12. Januar 2016 – 24 Qs 52/15 –, juris, Rn. 7 ff.).
Erzwingungshaft gem. § 96 Absatz 1 OWiG kann auch dann verhängt werden, wenn dem Betroffenen nur unter den Pfändungsbzw. Haftungsgrenzen der §§ 850 bis 852 ZPO, §§ 36, 287 Absatz 2 InsO liegende Einkünfte zur Verfügung stehen. Von Zahlungsunfähigkeit i.S.d. §§ 95 Absatz 2, 96 Absatz Abs. 1 Nrn. 2 und 4 OWiG ist erst dann auszugehen, wenn es dem Betroffenen unmöglich ist, die Geldbuße unter zumutbaren Bedingungen auch aus pfändungs- und insolvenzfreiem Einkommen abzutragen.
Eine etwaige Zahlungsunfähigkeit gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 2 OWiG hat der Betroffene in jedem Fall auch während eines Insolvenzbzw. Restschuldbefreiungsverfahrens substantiiert vorzutragen und gegebenenfalls nachzuweisen.
Soviel zum merkwürdigen Rechtsverständnis des Staates.
Insolvenz = Pleite.
Niemand bekommt mehr etwas – ausgenommen natürlich der Staat …