Eine Kollegin hatte sich vor einiger Zeit an mich gewandt mit der Bitte um Hilfe/Rat/Anregung in folgender Konstellation.
„Lieber Herr Burhoff,
ich hoffe, es geht Ihnen gut und Sie können die „Enkelzeit“ nach wie vor genießen.
Leider habe ich eine Konstellation im Rahmen des Verfahrens nach §62 OWiG, die offensichtlich Schule macht und immer häufiger auftritt. Ich gehe dabei davon aus, dass das Problem bzw. eine Lösung hierfür auch für andere Kollegen von Interesse ist, vielleicht haben Sie einen Rat oder könnten es im Blog zur Diskussion stellen?
Die Konstellation ist so:
Ich beantrage, z.B. wegen der Falldateien zum Tattag oder der Unterlagen nach § 31 Abs. 4 MessEG, die Einholung gerichtlicher Entscheidung gem. § 62 OWiG. Die Behörde trennt diesen Teil dann ab und gibt ihn entsprechend ab an das Gericht. Im Übrigen gibt sie das Verfahren nach § 69 OWiG ab, bevor eine Entscheidung nach § 62 OWiG vorliegt. Vom Gericht bekomme ich dann einen Beschluss mit kostenpflichtiger negativer Entscheidung zum 62er Antrag, da dieser prozessual überholt sei.
Meiner Meinung nach wird das 62er Verfahren auf diese Weise unterwandert. Ich finde allerdings keine Entscheidung hierzu bzw. kann mir aus den Kommentaren zu diesem Problem nichts ableiten. Schön wäre es, wenn das Verfahren nach § 62 OWiG vorrangig wäre und eine Abtrennung im Rahmen der Akteneinsicht hinsichtlich einzelner Bestandteile ausscheiden würde.“
Haben Sie vielleicht einen Rat bzw. eine Idee?“
M.E. ist das so nicht richtig und unterläuft das Verfahren nach § 62 OWiG. Ich habe der Kollegin geraten, es mal mit dem Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu versuchen. Vielleicht gelingt es ja so, die „unheilige Allianz“, die hier offenbar zwischen Verwaltungsbehörde und dem AG besteht – alles unter der Überschrift: Lasst uns bloß in Ruhe – aufzubrechen. Zumindest müsste man aber versuchen, das Verfahren dann in die Beschwerdeinstanz zu tragen mit der Begründung: Gerichtliche Entscheidung des AG mit der Folge, dass dagegen dann die Beschwerde zulässig ist.
Vielleicht hat ja einer der Leser Erfahrungen oder vielleicht sogar eine Entscheidung. Dann bitte schicken.
Ein solches Vorgehen widerspricht m.E. dem Grundsatz des fairen Verfahrens und dürfte schon dem Gesetzeswortlaut nach ausdrücklich unzulässig sein. Bzw. im weiteren sinne egibt sich daraus, dass de antrag nach § 62 OwIG vorrangig ist.
Denn immerhin erfolgt die Entscheidung über einen Antrag auf Akteneinsicht und deren Gewährung gemäß § 69 Abs. 3 S. 2 OWiG ausdrücklich VOR Übersendung der Akten.
Zumindest im weiteren Sinne geht es ja bei dem antrag gemäß § 62 OWiG um Akteneinsicht (nämlich Beiziehung zur Akte und Übelassung nach dem fair-Trial-Grundsatz), wenn auch nicht nach dem rein formellen Aktenbegiff.
Vielen Dank – und zumindest das AG Bergisch Gladbach hat das Rechtschutzbedürfnis zwischenzeitlich bejaht.