Die erste Entscheidung mit gebührenrechtlichem Einschlag, die ich heute vorstellen möchte, ist der LG Darmstadt, Beschl. v. 14.03.2017 – 12 Qs 102/17. Es geht um die Erstattung der notwendigen Auslagen des Bußgeldverfahrens nach Einstellung des Verfahrens wegen eines Verfolgungshindernisses. Das AG hat die Auslagen nicht der Staatskasse auferlegt. Das LG sieht es eben so:
„Das Rechtsmittel ist zulässig (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 51. Aufl., § 464 Rn. 19), in der Sache jedoch unbegründet.
Gemäß §§ 46 Abs 1 OWiG, 467 Abs. 1 StPO hat zwar die Staatskasse im Regelfall auch die notwendigen Auslagen des Betroffenen zu tragen. Hiervon kann jedoch ausnahmsweise gemäß § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO abgesehen werden, wenn eine Verurteilung nur deshalb nicht erfolgt, weil ein Verfahrenshindernis besteht. Für die Beurteilung dieser Frage bedarf es nicht einer Schuldfeststellung, sondern es genügt das Fortbestehen eines erheblichen Tatverdachts (vgl. OLG Frankfurt, NStZRR 2002, 246).
So liegt der Fall hier. Verjährung ist erst nach Erlass des Bußgeldbescheids vom 19.05.2015 eingetreten. Es besteht ein erheblicher Tatverdacht hinsichtlich der dem Betroffenen zur Last gelegten Ordnungswidrigkeit. Denn der Verteidiger des Betroffenen hat mit Schriftsatz vom 15.02.2016 mitgeteilt, für den Fall, dass Betroffene von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbunden werde, werde die Fahrereigenschaft eingeräumt. Anhaltspunkte für Messfehler der Geschwindigkeitsmessanlage ergeben sich nach Aktenlage nicht. Der Betroffene beruft sich zwar darauf, dass sämtliche LEIVTEC XV3 Messgeräte von einer Überschreitung der maximal zulässigen Kabellänge betroffen gewesen seien. Dass dies aber auch vorliegend zum Zeitpunkt der Messung konkret (noch) der Fall war, ist nach Aktenlage nicht ersichtlich und vor der Verfahrenseinstellung auch nie geltend gemacht worden, so dass keine Umstände ersichtlich sind, die bei Fortführen des Verfahrens die Verdichtung des Tatverdachts zur Feststellung der Tatschuld hätten infrage stellen können.“
Nun ja, ob zutreffend oder nicht, wird man ohne genaue Aktenkenntnis nicht sagen können. Ggf. würde das BVerfG es anders sehen.
Was ist bemerkenswert am Beschluss? Ich lenke den Blick auf die vom LG herangezogene Literatur: „vgl. Meyer-Goßner, StPO, 51. Aufl., § 464 Rn. 19„. Ich knüpfe daran mit folgendem Spendenaufruf an: Vielleicht hat ja jemand noch einen älteren Meyer-Goßner, also ab 52. Auflage, den er dem LG Darmstadt zur Verfügung stellen könnte. Bitte beim LG melden. Man wird sich dort freuen.
Die 51. Auflage ist ja von 2008!
Verwenden die auch noch Literatur aus dem letzten Jahrhundert?
Im Sinne moderner Leistungsanreizsysteme sollte man vielleicht einführen, dass das LG in einem Fall wie diesem das Geld, das es dem Fiskus durch seine Auslagenentscheidung gespart hat, bei der nächsten Mittelzuweisung zweckgebunden für die Anschaffung von Fachliteratur zusätzlich erhält.