Am vergangenen Freitag hatte ich gefragt: Bekomme ich die Anschaffungskosten für ein Wörterbuch und Dolmetscherkosten erstattet? (vgl. hier: Ich habe da mal eine Frage: Bekomme ich die Anschaffungskosten für ein Wörterbuch und Dolmetscherkosten erstattet?). Antworten hat es dazu nicht gegeben. Aber es gibt einen LG-Beschluss, der sich mit der Frage auseinandersetzt, und zwar den LG Neuruppin, Beschl. v. 24.03.2017 – 11 KLs 13/16. Der Kollege Balke aus Neuruppin, der mit den Beschluss übersandt hat, hatte nach dem dem Versterben des Angeklagten, der der deutschen Sprache nicht mächtig war, u. a. die Erstattung der Auslagen, die ihm durch den Erwerb eines Langenscheidt Universal-Wörterbuchs im Wert von 10,99 EUR sowie den Ausgleich der Rechnung einer Dolmetscherin in Höhe von 130,20 EUR für die Übersetzung von zwei Schriftstücken entstanden sind, beantragt. Eines der Schreiben richtete sich nach seinen Angaben an die Lebensgefährtin des früheren Angeklagten und diente ihrer Information über die Inhaftierung des Angeklagten sowie die Möglichkeiten der Kontaktaufnahme. Das andere Schreiben richtete sich an den Mandanten und enthielt neben der Abschrift seiner Korrespondenz eine kurze Erläuterung derselben.
Das LG hat beides nicht erstattet und führt dazu aus:
Zum Wörterbuch:
„Dass der Angeklagte vorliegend nicht über hinreichende Kenntnisse der Gerichtssprache verfügte, ist aktenkundig. Bei dem Erwerb eines Langenscheidt Universal-Wörterbuchs tschechisch-deutsch für einen Betrag von 10,99 Euro handelte es sich jedoch nicht um notwendige Kosten der Rechtsverfolgung, vielmehr diente das Übersetzungsbuch dazu, wie der Verteidiger selbst angibt, dem Beschuldigten „eine rudimentäre Kommunikation, außerhalb der sehr spärlichen Dolmetschereinsätze, zu ermöglichen“. Das ist menschlich nachvollziehbar, gehört aber nicht zur notwendigen Rechtsverfolgung.“
Zu den Dolmetscherkosten:
„Die Information der Lebensgefährtin zum einen von der Inhaftierung des Angeklagten und zum anderen über die Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme mit diesem war ebenfalls nicht zum Zwecke seiner Verteidigung erforderlich. Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten folgt insoweit auch nicht aus dem Gesetz. Die Benachrichtigung eines Angehörigen oder einer Person des Vertrauens über die Anordnung der Freiheitsentziehung obliegt dem Gericht gemäß § 114 Abs. 2 StPO schon aufgrund Art. 104 Abs. 4 GG. Ein Anspruch des Beschuldigten darauf, dass der Verteidiger diese Information wiederholt und übersetzen lässt, besteht nicht und folgt insbesondere nicht aus Art. 6 EMRK.
Der Beschuldigte hat auch keinen Anspruch darauf, eine Übersetzung von dem an seine Angehörigen zum Zwecke der Mitteilung der Inhaftierung und der Möglichkeit der Kontaktaufnahme gerichteten Schreiben seines Verteidigers zu seiner Kenntnis zu erhalten. Zwar muss die (mündliche und schriftliche) Kommunikation zwischen Verteidiger und Mandanten sichergestellt sein, um ein faires Verfahren zu gewährleisten, und kann der Verteidiger, wenn er der Sprache seines Mandanten und dieser der Gerichtssprache nicht hinreichend mächtig ist, zur Verwirklichung dieses Zwecks die Hilfe eines Dolmetschers oder Übersetzers in Anspruch nehmen (vgl. BVerfG, a. a. 0., III. 1. c.). Der Anspruch des Angeklagten auf Übersetzung beschränkt sich aber allein auf die für seine für die Verteidigung erforderlichen Schriftstücke und Erklärungen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 16.02.1999 — 2 Ws 595/98 — Rn. 15, zitiert nach juris). Dem dienten vorliegend weder die an die Lebensgefährtin gerichtete Mitteilung der Inhaftierung und der Möglichkeiten der Kontaktaufnahme noch die Übersendung einer Abschrift dieses Schreibens an den Angeklagten. Die Schreiben waren nicht zur effektiven Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich, sondern dienten lediglich seiner Information.“
Ich habe meine Zweifel, ob das so richtig ist. Beim Wörterbuch kann ich dem LG noch folgen. Bei den Dolmetscherkosten sieht das anders aus. M.E. hat der Angeklagte einen Anspruch darauf, über alles informiert zu werden, was der Verteidiger macht. Und dazu gehört dann auch die Info an die Lebensgefährtin. Aber in Brandenmburg sieht man das wohl anders….
Über alles informiert werden was der Verteidiger macht? Der Verteidiger darf mE aufgrund seiner Schweigepflicht die Lebensgefährtin sowieso nur „im Auftrag“ des Mandanten kontaktieren. Also letztlich handelt es sich um eine vom Mandanten selbst in Auftrag gegebene Kommunikation des Verteidigers mit Dritten. Nach der EMRK hat der Beschulidigte aber nur Anspruch auf Erstattung von Auslagen bzw. direkte Bezahlung eines Dolmetschers nur für die Kommunikation mit dem Verteidiger selbst und nicht mit Dritten. Da ist es allgemeines Lebensrisiko (und hat nichts mit dem EMRK-„Grundrecht“ auf ein faires Verfahren zu tun, weshalb die Kommunikation mit dem Verteidiger kostenfrei sein muss) , sich in einem fremden Land bei etwaigen Straftaten erwischen zu lassen und dann die Angehörigen über das Schicksal zu informieren.
nun ja, wenn Sie es so sehen – ich wünsche uns allen, dass wir nie irgendwo inhaftiert sind und die dortige Sprache nicht sprechen……..