Während meines letzten Urlaubs erreichte mich die Anfrage eines Kollegen, der hier ungenannt bleiben möchte. Ich darf aber seine Anfrage anonym einstellen, was ich dann hiermit tue:
„Sehr geehrter Herr Kollege Burhoff,
ich bin Mitglied im ppppp. Anwaltsverein und habe von dort netterweise den Hinweis auf Ihr Forum bekommen. Ich bin mir aber nicht sicher, ob meine Frage in das Forum passt.
Mir stellt sich gerade eine Frage, die Sie vielleicht schon einmal behandelt haben oder bei der Sie sonst einen kollegialen Hinweis geben können, wofür ich dankbar wäre.
Sind ein Strafverfahren und eine zivilrechtliche Abmahnung in Bezug auf denselben Lebenssachverhalt (Rechtswidriges zur Schau stellen von Nacktbildern meiner Mandantschaft im Internet) „dieselbe Angelegenheit“ im Sinne von § 12 BORA (Umgehungsverbot), d.h. muss die zivilrechtliche Abmahnung dem Kollegen übersandt werden, der den Täter im Strafverfahren vertritt oder kann die zivilrechtliche Abmahnung ohne Berufsrechtsverstoß an den Täter gesendet werden ?
Die Frage stellt sich mir auch wegen der Kostenerstattung: Wenn der Kollege nicht zuständig ist und dann direkt eine Unterlassungserklärung vom Täter abgegeben wird, könnte ggf. die Kostenerstattung nach RVG für die Abmahnung verweigert werden ?
In den mir vorliegenden Kommentierungen im Feuerich/Weyland und Hartung findet sich dazu nichts.“
M.E. sowohl gebührenrechtlich als auch berufsrechtlich interessant, oder?
mE keni Verstoß gegen § 12 BORA, wenn der Kollege nur als Verteidiger auftritt. Im Strafverfahren gibt es den „Gegenanwalt“ nicht.
Stimme dem Kollegen Jendricke zu. Straf- und Zivilsache sind zwei verschiedene Angelegenheiten, in denen zwar oft, aber nicht immer die gleichen Anwälte tätigt sind. Deshalb auch keine Umgehung. Es bleibt dem Kollegen ja möglich, den Verteidiger zu fragen, ob er auch in zivilrechtlicher Sicht mandatiert ist und dann ihm die Abmahnung zu schicken, wenn dieser VOllmacht vorlegt.
Gerade in Unterlassungs- und Abmahnsachen muß regelmäßig schnell gehandel werden; meist dürfte hier ohnehin Gefahr im Verzug nach § 12 II S. 1 BORA vorliegen und deshalb eine unverzügliche Benachrichtigung des gegnerischen RA nach S. 2 ausreichen. Ansonsten wird man – allein schon wegen dem Schutzgedanken vor Überrumpelung – eine Übersendung der zivilrechtlichen Abmahnung an den gegnerischen RA fordern dürfen. Selbst, wenn dieser sich zunächst wohl „nur“ in der Strafsache – wegen des Verdachts öffentlicher Zurschaustellung von Nacktbildern i.S. v. 33 I, 22 KUG – legitimiert hat, tangiert der gleiche Lebenssachverhalt jedenfalls auch zivilrechtliche Unterlassungsansprüche und eine Abmahnung.
Wenn die Abmahnung zurecht ausgesprochen wurde, besteht dem Grunde nach auch der Anspruch auf Zahlung der Rechtsanwaltskosten, gleich ob der Abgemahnte auch hier ausdrücklich anwaltlich vertreten war oder nicht.
Selbst „Ein Verstoß gegen das in § 12 Abs. 1 BORA bestimmte Verbot führt weder zur Nichtigkeit eines verbotswidrig zustande gekommenen Vertrages nach § 134 BGB noch ohne weitere Umstände zu seiner Nichtigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB.“ BGH, Urt. v. 17. Oktober 2003 – V ZR 429/02
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