Ich stöbere ja auch im Rechtspflegerforum und beteilige moch dort – unter Klarnamen 🙂 – an den Diskussionen. Ist ganz interessant und ich bekomme dort auch manche Anregungen, an welchen Stellen ich im RVG-Kommentar oder im Gerold/Schmidt noch „nachjustieren“, z.B. weil dort eine Frage/ein Problem nicht so ganz klar beantwortet/behandelt worden ist. Im Rechtspflegerforum bin ich dann vor einiger Zeit auch auf die Frage eines Nutzers gestoßen, die sich – so meine ich – ganz gut für das RVG-Rätsel eignet. Nämlich:
Wie beurteilt ihr folgenden Fall?
Beklagte, wohnhaft am Gerichtsort, beauftragt einen ebenfalls hier ansässigen Rechtsanwalt. Das Verfahren zieht sich über mehrere Jahre hin. In der Zwischenzeit wechselt der Anwalt die Kanzlei und „nimmt das Mandat mit“. Zum Gerichtstermin kommt er also von außerhalb. Kläger hat die Kosten zu tragen. Sind auch die nun entstandenen Fahrtkosten des Beklagtenanwalts erstattungsfähig?
Die Frage betrifft zwar ein Zivilverfahren. Die Problematik gibt es aber auch im Strafverfahren, wenn der Verteidiger die Kanzlei wechselt. Und deshlab habe ich sie heute hier zur Diskussion gestellt.
Da die ursprüngliche Bestellung inzwischen nach vertrauensgesichtspunkten und nicht nach fiskalinteressen vorgenommen wird, sind ja diese Kosten grundsätzlich zu übernehmen. Man könnte argumentieren, dass dies wie bei einer Übernahme einer Pflichtverteidigung hier zum Verzicht führt, jedoch wäre dies nicht stringend.
Zum einen fallen ja bei einmal Pv-Wechsel alle Gebühren an und werden nur zwischen dem alten und dem neuen RA „geteilt“ (durch Verzicht), wichtiger erscheint mir jedoch dass kein Gebühren Tatbestand geschaffen wurde durch die Bestellung am alten Kanzleiort, da es sich bei den Kosten ja nur um „Auslagen“ handelt, und diese durch die Teilnahme an der HV ja tatsächlich entstanden sind.
Die Vorschrift will ja nach der ratio legis real existente Mehrbelastungen ausgleichen, diese Mehrbelastungen sind auch entstanden.
Meiner Meinung nach erstattungsfähig.
Die Reisekosten sind bei einem „Umzug der Kanzlei“ nach dem Gesetz bei gesetzlicher Abrechnung in dem Beispiel nicht abrechenbar, vgl. VV RVG Vorbemerkung 7 Absatz 3 Satz 2. Den Fall bei dem nicht die Kanzlei umzieht, sondern der Rechtsanwalt die Kanzlei wechselt, wird man meines Erachtens nach auch nicht anders behandeln können. Damit kann es auch keine Erstattung durch den Gegner geben.
Mit dem Mandanten selbst kann aber freilich ggf. eine Gebührenvereinbarung für Reisekosten abgeschlossen werden.
Vorbemerkung 7:
(3) … Ein Rechtsanwalt, der seine Kanzlei an einen anderen Ort verlegt, kann bei Fortführung eines ihm vorher erteilten Auftrags Auslagen nach den Nummern 7003 bis 7006 nur insoweit verlangen, als sie auch von seiner bisherigen Kanzlei aus entstanden wären.