Die Frage vom vergangenen Freitag: Ich habe da mal eine Frage: Wie viel Angelegenheiten/Gebühren in der Strafvollstreckung? hat keine Antworten bekommen. Nun, das kann ich verstehen. Wer hat bei dem schönen Wochenendwetter Lust auf Gebührenrecht. Daher dann hier die Auflösung:
Es ging um die Frage der Anzahl der Angelegenheiten in der Strafvollstreckung, konkret darum, ob drei Reststrafenverfahren drei Angelegenheiten sind oder nur eine Angelegenheit. Die Antwort ist dafür von Bedeutung, ob die Nr. 4200 Nr. 2 VV RVG nur einmal oder dreimal abgerechnet werden kann (§ 15 RVG).
Die Antwort: Es gelten für das Strafvollstreckungsverfahren dieselben Grundsätze wie im Ermittlungs- und Erkenntnisverfahren. So lange Verfahren nicht miteinander verbunden sind, handelt es sich um selbständige Angelegenheiten mit der Folge, dass in jeder dieser Angelegenheit Gebühren entstehen können. Das ist für das Widerrufsverfahren bereits entschieden (LG Magdeburg StraFo 2010, 172 = RVGreport 2010, 183 = StRR 2010, 279 = AGS 2010, 429) und auch für Überprüfungsverfahren nach § 67e StGB (so KG RVGreport 2005, 102 = NStZ-RR 2005, 127 = JurBüro 2005, 251 = AGS 2005, 393; OLG Frankfurt am Main NStZ-RR 2005, 253 = AGS 2006, 76; OLG Schleswig RVGreport 2005, 70 = AGS 2005, 120 = JurBüro 2005, 25 = StV 2006, 206). Zum Teil ist das auch anders gesehen worden (vgl. OLG Köln AGS 2011, 174 = RVGreport 2011, 103 = StRR 2011, 241; ähnlich LG Aachen AGS 2010, 428 = RVGreport 2010, 379 = StRR 2011, 39), was m.E. aber mit den allgemeinen Grundsätzen nicht vereinbar ist.
Im „Fragefall“ gab es verschiedene Aktenzeichen und verschiedene StA, die an den Verfahren beteiligt waren. Das führt m.E. dazu, dass auf jeden Fall von verschiedenen Angelegenheiten i.S. des § 15 RVG auszugehen ist. Also ist in jedem die Gebühr Nr. 4200 Nr. 2 VV RVG entstanden. Im Übrigen: Auch wenn die Verfahren später – ausdrücklich oder konkludent – verbunden werden, bleiben die einmal entstandenen Gebühren erhalten. Das folgt aus § 15 Abs. 4 RVG.