Die Frage vom letzten Freitag: Ich habe da mal eine Frage: Ist eine Beschränkung im Pflichtverteidigerbeiordnungsbeschluss zulässig/bindend?, hat dann einige Antworten – hier und auch auf Facebook – gebracht. Das zeigt, dass die Problematik dann in der Praxis doch wohl eine Rolle spielt.
Für die Lösung muss man m.E. darauf achten, dass wir es nicht mit einem Fall einer einverständlichen“ Umbeiordnung zu tun haben. Da mag ggf. die Rechtslage eine andere sein und an die Stelle gehört auch die Problematik/Frage, ob der neue Pflichtverteidiger ggf. auf einen Teil seiner gesetzlichen Gebühren verzichten kann oder ob dem § 49b Abs.1 BRAO entgegensteht (vgl. dazu Burhoff, EV, Rn. 2937 m.w.N.). Darum geht es hier aber nicht. Hier geht es um die „Auswechselung“ eines Pflichtverteidigers aus aus vom Beschuldigten und vom neuen Pflichtverteidiger nicht zu vertretenden Gründen.
Dabei ist m.E. eine Beschränkung in dem Sinne, dass Mehrkosten dadurch nicht entstehen dürfen, nicht zulässig (hat übrigens nichts mit § 58 Abs. 3 RVG zu tun). Was mit der Einschränkung gemeint ist, liegt auf der Hand: In der Person des neuen Rechtsanwalts sollen offenbar die Grundgebühr (Nr. 4100, 4101 VV RVG) und die Verfahrensgebühr für das vorbereitende Verfahren (Nr. 4104, 4105 VV RVG) und je nach Verfahrenslage offenbar auch die Verfahrensgebühr für das gerichtliche Verfahren nicht entstehen, da diese ggf. schon bei dem alten Pflichtverteidiger entstanden sind. Das bedeutet also im Extremfall, dass der neue Pflichtverteidiger als gesetzliche Gebühr(en) nur die Terminsgebühr(en) geltend machen könnte. In diesem Zusammenhang gibt es in der Praxis eine unter dem Stichwort „Erstattung der Gebühren für mehrere Verteidiger“ diskutierte Problematik, die man bei diesen Beschränkungen möglicherweise im Auge hat. Sie passt m.E. jedoch nicht nur nicht, sondern führt genau zum Gegenteil. Danach sind nämlich bei einem „notwendigen Anwaltswechsel“ auch die dem Angeschuldigten durch den Anwaltswechsel entstandenen Mehrkosten zu erstatten. Dass der Anwaltswechsel in dem der Frage zugrunde liegenden Verfahren aber notwendig war, hat das Gericht durch die Entpflichtung der alten Pflichtverteidigers selbst bejaht. Warum dann der neue Pflichtverteidiger nicht (auch) Anspruch auf sämtliche gesetzliche Gebühren haben soll, ist unerfindlich. Wer A sagt muss auch B sagen (ähnlich zu allem a. AG München StV 2010, 668; unzutreffend a.A. für den Fall des § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPo LG Osnabrück StV 2010, 668 = StRR 2010, 347). Das entspricht im Übrigen m.E. auch der Forderung nach einer ordnungsgemäßen Verteidigung.
Zum zweiten Teil der Frage betreffend Bindung und Rechtsmittel:
- Im Vergütungsfestsetzungsverfahren (§ 55 RVG) ist der UdG an die gerichtliche Entscheidung gebunden (vgl. Burhoff/Volpert, RVG, Teil A Rn. 904 m.w.N.).
- Das bedeutet, dass der neue Pflichtverteidiger die „Beschränkung“ anfechten muss, wenn sie ihm im Vergütungsfestsetztungsverfahren nicht entgegen gehalten können werden soll. Und die Beschwerde des Pflichtverteidigers wird als zulässig angesehen (vgl. OLG Hamburg, Beschl. v. 21.06.2012 – 1 Ws 54/12, OLG Braunschweig, Beschl. v. 09.06.2011 – Ws 126/11).