Schon etwas länger schlummert in meiner „RVG-Rätsel“-Datei die Frage einer Kollegin, die sich in der Praxis wahrscheinlich gar nicht so selten stellen wird. Vor allem für die Strafverteidiger, die mit der Bahn zu Gerichtsterminen anreisen und dann unter der notorischen Unzuverlässigkeit der DB leiden. Wenn die zu groß wird, macht die DB ja dann die Schatuelle auf – zumindest ein wenig – und zahlt – 25 bzw. 50 % des Reisepreises. Ja und um die Euros geht es in der Frage, die lautete:
„Sehr geehrter Herr Burhoff,
ich wende mich mit einer Frage zum Gebührenrecht an Sie.
Ich reise mit der Bahn 1. Klasse, um einen HVT als Pflichtverteidigerin wahrzunehmen. Aufgrund der Verspätung erhalte ich 25% des Fahrpreises, den ich von der Staatskasse erstattet bekommen werde, zurück. Ist dieser Betrag anzurechnen? Es ist ja keine Erstattung des Fahrpreises, sondern eine Entschädigung für die Verspätung.Ich hoffe, Sie können mir helfen.“
Ich bin gespannt auf die Antworten, Lösungen, aber vielleicht auch Praxisberichte 🙂 .
Die – wenn auch geringe – Erstattung auch für Zeitkarteninhaber spricht dafür, dass es sich tatsächlich nicht um eine Fahrpreiserstattung, sondern um eine Entschädigung, welche anhand des gezahlten Fahrpreises berechnet wird, handelt. Vgl. http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2007:315:0014:0041:DE:PDF; Art. 17 unterscheidet zwischen „Fahrpreisentschädigung“ und „Fahrpreiserstattung“.
Ein weiteres Argument wäre, dass der entschädigte Zeitmehraufwand nicht anderweitig vergütet wird und bei einer Anrechnung eine Schlechterstellung gegenüber demjenigen erfolgen würde, der die Fahrt aus anderen als (straf-)prozessualen Gründen antrat und ebenfalls Arbeitszeit verlor.
Parallele aus dem öffentlichen Dienst: Bei Reisekostenerstattungen stellt sich das BMI auf den Standpunkt, es handle sich um eine Entschädigung und stellt auf die persönliche Betroffenheit ab: http://www.bva.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/DLZ/Rechtsgrundlagen/Dienstreisen/bmi_rdschr_03092012_flug_fahrgastrechte.pdf;jsessionid=662B4CBCC74A420DA565E5B73B9F8879.1_cid361?__blob=publicationFile&v=3
In zumindest einigen Ländern wird das (z.T. auch auf Basis abweichender Formulierungen in den Landesreisekostengesetzen) anders gesehen und gehandhabt.