Ich erinnere: Ende 2014 hat die Geschichte um Marco Reus und das/sein Fahren ohne Führerschein (§ 21 StVG) die Gazetten und auch die Blogs bewegt (vgl. z.B. „Der teuerste Strafzettel aller Zeiten? Marco Reus muss 540.000 Euro zahlen.“) . Ich fand es schon damals interessant, dass die „Geschichte“ mit einem Strafbefel „erledigt worden ist, und dann auch noch keine Sperrfrist angeordnet worden ist (vgl.Marco Reus: Warum keine Sperre für die Erteilung der Fahrerlaubnis?). Diese „Sonderbehandlung“ wurde dann in meinen Augen noch dadurch getoppt, dass die Sache mit dem holländischen Führerschein ( ggf. § 267 StGB) nach § 154 StPO eingestellt worden ist (vgl. zum Ganzen Fahren ohne Führerschein Nachspiel für Marco Reus?). Schon damals hatte ich mir die Frage gestellt: Vorzugsbehandlung? Oder: Fußballspieler müsste man sein.
Und das Gefühl wird nun durch einen LTO-Bericht, den ich vor einigen Tagen gelesen habe verstärkt. Nach dem „ersten“ Verfahren gegen Marco Reus hatte es neue/weitere Ermittlungen gegeben. Die beruhten auf den Nachrichten in Zusammenhang mit der Einstellung des „ersten“ Verfahrens, dass Marco Reus wohl über einen längeren Zeitraum – im Gespräch warendrei Jahre ohne Führerschein gefahren sein soll und es sich wohl um mehr als sechs Taten gehandelt hat (vgl. dazu hier). Und dazu berichtet LTO nun, dass die Ermittlungen jetzt (wieder) eingestellt werden sollen. Da heißt es – basierend auf einem Bericht der Bild-Zeitung – ok, ok –
„Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Dortmund gegen Fußballspieler Marco Reus von Borussia Dortmund wegen des erneuten Fahrens ohne Führerschein sind nach Informationen der Bild so gut wie abgeschlossen und werden voraussichtlich bald eingestellt. Die erhobenen Anschuldigungen hätten sich als unhaltbar erwiesen, so die Sprecherin Barbara Vogelsang von der Dortmunder Staatsanwaltschaft.
Grund für die Aufnahme des bereits zweiten Verfahrens gegen Reus waren Zeugenaussagen, die den Fußballer trotz fehlender Fahrerlaubnis am Steuer gesehen haben wollen. Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft sprach von „einigen Eingaben aus der Bevölkerung“. Insbesondere die vermeintlich „heißeste Spur“ hätte sich inzwischen jedoch in Luft aufgelöst. Ein Zeuge, der seiner Freundin via Whatsapp geschrieben hatte, Reus hinter dem Lenkrad gesehen haben zu wollen, hatte sich unglaubwürdig gemacht, da sich der Fußballer zum angegebenen Zeitpunkt auf einer Nationalelf-Reise befand.
Zum endgültigen Abschluss des Verfahrens fehlen angeblich noch zwei nicht zurückgesandte Fragebögen von Ex-Dortmund-Spielern. Auch sämtliche Mannschaftskollegen seien zu den Fahrgewohnheiten von Reus befragt worden. Dies habe jedoch keine neuen Erkenntnisse gebracht.“
Ah: „Keine neuen Erkenntnisse“. Ok, lassen wir die „heiße Spur“ mal außen vor. Wenn die nichts gebracht hat, kann man nicht ändern. Aber die „Befragung“ der Mannschaftskollegen hat auch nichts gebracht? Nun, da muss man sich dann aber vielleicht mal anschauen, wie die offenbar befragt worden sind. M.E. mit „Fragebögen“, oder? – so verstehe ich jedenfalls LTO. Da hat man sich dann bei der StA wohl an Nr. 67 RiStBV erinnert und den Mannschaftskollegen diese Fragebögen übersandt.
Ob das eine „gelungene“ Vorgehensweise ist, wage ich zu bezweifeln. Zulässig ist das in „geeigneten Fällen“. Schon an der Stelle habe ich – allein wegen der Außenwirkung – erhebliche Zweifel. Hinzu kommt m.E., dass man das „Erinnerungsvermögen“ der Mannschaftskollegen in einer „ordentlichen Vernehmung“ sicherlich hätte stärken können, allein schon durch Nachfragen. Ich unterstelle jetzt gar nicht, dass die etwa nicht glaubwürdig erscheinen und eine vollständige Auskunft von vornherein nicht erwartet werden konnte (s. Nr. 6 RiStBV). Aber allein den – in meinen Augen – bösen Schein hätte ich vermieden oder hätte man vermeiden sollen und hätte die Mannschaftskollegen bei der Polizei oder der StA vernehmen sollen. Wäre im Übrigen sicherlich ein traumhaftes Bild gewesen, wenn die gesamte Mannschaft des BVB mal nicht im Stadion, sondern bei der Polizei oder der StA aufgelaufen bzw. mit Porsche und/oder Ferrari dort vorgefahren wäre. Oder noch besser: Vielleicht gleich richterliche Vernehmungen – dann wären (falsche) Erinnerungslücken ggf. sogar strafbar gewesen. Jedenfalls wäre m.E. das Emittlungsergebnis tragfähiger.
Sorry, aber für mich riecht das – wenn nur eine Fragebogenaktion gestartet worden ist – wieder nach einer Sonderbehandlung von Marco Reus in Dortmund. Und wenn ich sehe, wie die Staatsanwaltschaften sonst hinter jedem kleinen Ladendieb oder Schwarzfahrer her sind, ärgert mich das Vorgehen.
Nein, ich bin kein Schalke-Fan 🙂 .
Sehr guter Beitrag, dem nichts (naja fast…) hinzuzufügen ist. Bei uns wird jede banale Unfallflucht mit einem Sachschaden von knappen 800 € gnadenlos verfolgt und angeklagt, eine Einstellung gibts maximal in einer HV. Steht m.E. in keinem Verhältnis zueinander. Aber ich weiß: kann man natürlich nicht miteinander vergleichen:-) 🙂
Volle Zustimmung, da bleibt mehr als ein Geschmäckle.
Mal ehrlich, haben Sie stets die Anfahrt Ihrer Kollegen immer mitbekommen? Und wenn Profis zum Training fahren, dann darf man sich das nicht so vorstellen, als würden sich die Spieler alle brav 10 Minuten vor Trainingsbeginn vor der Umkleide versammeln und geschlossen in diese hineingehen. Einige haben etwas auf der Geschäftsstelle zu erledigen (z.B. Abgabe von Krankmeldungen), andere sind schon 2 Stunden vorher im Kraftraum, andere lassen sich eine halbe Stunde vorher von der Partnerin zum Training fahren. Wenn man den Ablauf einer Profimannschaft etwas kennt, kann man das schon nachvollziehen, dass sich keiner mehr erinnern kann, selbst wenn er will. Und man darf noch eins nicht vergessen. es sind Fußballer. Von Kevin-Prince Boateng zB wird aus dessen Zeit bei Hertha BSC berichtet, dass er einmal 70 min zu spät zum Training gekommen ist und dafür 3.500,- € Strafe in die Mannschaftskasse zahlen musste. Seine Begründung: Er hat vergessen, dass die Uhr zurück gestellt worden ist. Das Training, das die Strafe ausgelöst hat, fand n einem Dienstag statt ,-))). Noch Fragen?
Und das schreibt ein Schalke-Fan 😉
Ja, habe ich, zumindest, wenn wir beraten haben. Und Sie sprechen die Frage der Glaubwürdigkeit an. Die steht auf einem ganz anderen Blatt. Allerdings meine ich schon, dass man mit einer „richtigen“ Vernehmung schon etwas mehr Klarheit bekäme. So sieht es für mich aus wie: Bloß weg damit.
Na ja, von Sonderbehandlung würde ich da nicht sprechen. Ich habe bisher auch eher selten erlebt, dass wegen des Verdachts, jemand sei ohne Fahrerlaubnis zur Arbeit gefahren, dessen Kollegen gleich zur Staatsanwaltschaft oder gar zum Ermittlungsrichter zur persönlichen Vernehmung zitiert wurden. Zur Polizei natürlich gerne, aber da gehen in so einem Fall ja auch nur die hin, die nicht wissen, dass sie das nicht müssen. Insofern hält sich das Fragebogenverfahren durchaus im Rahmen dessen, was bei Otto Normalverbraucher üblich wäre