Der ein oder andere wird die Frage in der Überschrift „Sind Rechtsanwälte „außergewöhnliche Belastungen“?“vielleicht schnell mit „Ja“ beantworten, je nachdem, welchen Standpunkt man gegenüber Rechtsanwälten einnimmt. Aber, das wäre ein wenig vorschnell, wobei ich allerdings einräumen muss, dass ich die Frage als „Eye-Catcher“ bewusst verkürzt gestellt habe. Richtig muss es nämlich heißen: „Sind Rechtsanwaltskosten außergewöhnliche Belastungen“? Und ich ziele mit der Frage auf das FG Münster, Urt. v. 19.02.2015 – 12 K 3703/13 E, das vor einiger Zeit über die Ticker gelaufen ist. Nach dem Sachverhalt ging es um Zivilprozesskosten in Höhe von 11.342,00 €, die von dem als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG in der Einkommenssteuererklärung geltend worden waren. Die Kosten warn im Rahmen eines Zivilprozesses des Klägers gegen einen als Bauleiter beauftragten Architekten entstanden. Bei den Kosten handelte es sich im Wesentlichen um vorprozessuale Anwaltskosten, die auf einer Vergütungsvereinbarung (§ 3a RVG) über 200,00 €/Stunde beruhten. Das Finanzamt hatte die Anwaltskosten nicht als außergewöhnliche und damit steuerabzugsfähige Belastung anerkannt. Darum wurde dann beim FG gestritten. Das FG hat dem Finanzamt Recht gegeben:
„Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes, so wird auf Antrag die ESt in einem bestimmten Umfang ermäßigt (§ 33 Abs. 1 EStG).
Die Kosten eines Zivilprozesses entstehen nach der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH-Urteil vom 12.05.2011, VI R 42/10, Bundessteuerblatt -BStBl.- II 2011, 1015), der auch der Senat grundsätzlich folgt, unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig. Entgegen früherer Rechtsprechung ist für die Frage der Zwangsläufigkeit nicht mehr auf die Unausweislichkeit des dem strittigen Anspruch zugrunde liegenden Ereignisses abzustellen.
Sinn und Zweck der steuermindernden Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen ist es, der verminderten subjektiven Leistungsfähigkeit des Betroffenen Rechnung zu tragen. Demgemäß sind Aufwendungen außergewöhnlich, wenn sie nicht nur in ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Zivilprozesskosten gehören nicht zu den üblichen Kosten der Lebensführung, die Eingang in den sozialhilferechtlichen Regelbedarf finden (vgl. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.09.2013, 3 K 60/11, EFG 2014, 1686).
Als außergewöhnliche Belastung sind Zivilprozesskosten jedoch nur zu berücksichtigen, wenn sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen hat. Darüber hinaus sind Zivilprozesskosten der Höhe nach nur insoweit abziehbar, als sie notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht überschreiten (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).
Ausgehend von diesen Grundsätzen kommt der erkennende Senat bei Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles zu der Auffassung, dass die Aufwendungen der Kläger für die Führung des Zivilprozesses der Höhe nach nur insoweit als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden können, als sie einen angemessenen Betrag nicht überschreiten. Die von den Klägern im Rahmen der Terminsvorbereitung auf Anforderung des Gerichts erstmals vorgelegten Rechnungen über die Rechtsanwaltskosten weisen Gebühren des Rechtsanwalts Dr. K. in einer Höhe von 10.478,14 EUR aus, die auf der Vereinbarung eines individuellen Stundensatzes von 200 EUR pro Stunde beruhen. Angemessen i. S. v. § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG sind nach Auffassung des Gerichts jedoch grundsätzlich allenfalls Rechtsanwaltskosten, die den Gebührenrahmen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) nicht überschreiten. Nur Kosten in dieser Höhe sind notwendig und angemessen, um eine zwangsläufig gebotene Rechtsverfolgung im Rahmen eines Zivilprozesses durch die Kläger sicherzustellen. Der BFH hat insoweit bei der Prüfung von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung Rückgriff auf die bei Gewährung von Prozesskostenhilfe gem. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) anzuwendenden Maßstäbe genommen. Er hat insoweit ausgeführt, dass das, was der Staat im Rahmen des Leistungsrechts zur Abgeltung außergewöhnlichen Lasten Bedürftigen gewährt (Prozesskosten im Rahmen der Prozesskostenhilfe) müsse beim leistungsfähigen Steuerpflichtigen (eigenfinanzierte Prozesskosten) im Grundsatz die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage mindern. Überträgt man diese Ausführungen auf die Prozesskosten der Höhe nach können allenfalls Prozesskosten im Rahmen des gesetzlichen Gebührentatbestands im Rahmen von § 33 EStG Berücksichtigung finden.
Berücksichtigt man in diesem Zusammenhang weiter, dass das Landgericht U in der Streitsache der Kläger diesen mit Schlussurteil vom 18. Dezember 2013 vorgerichtliche Anwaltskosten i. H. v. 1.715,03 EUR als Schadensersatz zugesprochen hat, verbleiben danach keine berücksichtigungsfähigen Aufwendungen. Dies gilt umso mehr, als das Gericht bei seiner Entscheidung berücksichtigt hat, dass aufgrund der besonderen Schwierigkeiten des Falles der Kläger eine erhöhte Geschäftsgebühr von 1,9 gerechtfertigt gewesen ist.“
Aber: Verteidigerkosten sind als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig, wenn das Strafverfahren in ursächlichem Zusammenhang mit einem betrieblichen oder beruflichen Vorgang stand. Dies gilt auch für vorsätzlich begangene Taten. BFH Urt. vom 20.9.1989, X R 43/86