Es war „nicht ansatzweise nachvollziehbar“, was das LG mit der Haftverschonung macht

© Alex White - Fotolia.com

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Manche Haftentscheidungen sind auch für mich nach nun doch einigen Jahren (Berufs)Erfahrung noch überraschend und ich denke dann nicht selten: Darauf muss man erst einmal kommen. So ist es mir mit dem OLG Karlsruhe, Beschl. v. 06.03.2015 – 1 Ws 51/15 – ergangen. Nicht wegen des OLG-Beschlusses, denn der ist richtig, sondern wegen der zugrunde liegenden Entscheidung des LG Baden-Baden. Das LG hatte einen eigenen Haftverschonungsbeschluss der Kammer, durch den dem Angeklagten u.a. aufgegeben worden war, sich nach Haftentlassung unmittelbar in eine Fachklinik zur Suchbehandlung zu begeben, nach Einlegung einer Haftbeschwerde aufgehoben  und das – so muss man den OLG-Beschluss verstehen – damit begründet, dass sich aus der Einlegung des Rechtsmittels ergebe, dass der Angeklagte nicht bereit sei, die Suchtbehandlung anzutreten.

Das macht das OLG – zutreffend – nicht mit, sondern schreibt dem LG ins Stammbuch:

„Mit dem angefochtenen Beschluss vom 25.02.2015 hat die 6. Kleine Strafkammer des Landgerichts Baden-Baden ihren Haftverschonungsbeschluss vom 16.02.2015 auf die Haftbeschwerde des Verteidigers aufgehoben und die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet. Diese Entscheidung war schon deshalb aufzuheben, weil die Begründung des Strafkammer, allein aus der Einlegung des Rechtsmittels ergebe sich die fehlende Bereitschaft des. Angeklagten zum Antritt der ihm auferlegten Aufnahme einer Suchtentwöhnungsbehandlung in der Fachklinik ppp., nicht ansatzweise nachvollziehbar ist und auf ein rechtsfehlerhaftes Verständnis des bundesdeutschen Rechtsmittelsystems hindeutet. Es ist nämlich das verfassungsrechtlich verbürgte Recht eines jeden Angeklagten, auch bei einer erfolgten Außervollzugsetzung eines Haftbefehls die eigentliche Haftgrundlage durch Erhebung einer Haftbeschwerde in Frage zu stellen, weshalb die bloße Wahrnehmung dieses Rechts nicht zu seinem Nachteil gereichen darf. Tatsächliche Anhaltspunkte, auf welche sich die Annahme der fehlenden Bereitschaft des Angeklagten zur Aufnahme einer Suchtbehandlung in der Fachklinik ppp. gründen könnten und welche eine andere Beurteilung hätten rechtfertigen können, sind jedoch in der angefochtener Entscheidung nicht dargetan und auch ansonsten nicht ersichtlich.“

Na, ist doch recht deutlich, oder: „nicht ansatzweise nachvollziehbar“ oder: „ein rechtsfehlerhaftes Verständnis des bundesdeutschen Rechtsmittelsystems „.

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