Mit „Flotte Fahrt auf der Elbe – rechtswidrige Untersagung der Lotsentätigkeit“ ist die PM des OLG Schleswig zum OLG Schleswig, Urt. v. 15.01.2015 – 11 U 23/14 – überschrieben. Die PM datiert vom 27.01.2015 – nun liegt der Volltext des Urteils vor. Im Verfahren beim OLG ging es um Staatshaftungsansprüche eines Seelotsen, die dieser gegen die Bundesrepublik Deutschland geltend gemacht hatte, und zwar rund 40.000 € Verdienstausfall. Hintergrund: Dem Kläger war von Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord in Kiel vorläufig die Ausübung seiner Tätigkeit als Seelotse untersagt und aufgegeben worden, ein seeärztliches Zeugnis zum Nachweis seiner verkehrspsychologischen Eignung vorzulegen. Die Behörde hatte das damit begründet, dass der Kläger in den letzten zwei Jahren seiner Lotsentätigkeit vier Mal die empfohlene sichere Geschwindigkeit überschritten habe. So hatte er im Februar einen Frachter durch das Gebiet der Elbmündung gelotst. Dabei fuhr das Schiff schneller als die empfohlene Geschwindigkeit, unter anderem mehr als 18 Knoten statt empfohlener 12 Knoten. Die Geschwindigkeitsempfehlungen ergaben sich aus einem Flyer, den die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Hamburg unter dem Titel „Gefährdung durch Sog und Wellenschlag“ herausgegeben hatte.
Das OLG Schleswig hat dem Lotsen Recht gegeben. Dazu heißt es in der PM des OLG:
„Die vorläufige Untersagung der Seelotsentätigkeit durch die Wasser- und Schifffahrtsdirektion war rechtswidrig, so dass der Kläger Verdienstausfall in Höhe von mehr als 40.000 Euro als Schaden von der Bundesrepublik Deutschland als Trägerin der Wasser- und Schifffahrtsdirektion verlangen kann. Nach dem Seelotsgesetz kann einem Seelotsen die Berufsausübung vorläufig nur untersagt werden, wenn dringende Gründe für die Annahme bestehen, dass die „Bestallung“ (Zulassung als Seelotse) widerrufen werden wird und zudem die Sicherheit der Schifffahrt diesen Schritt erfordert. Die Zulassung als Seelotse ist zu widerrufen, wenn der Seelotse die ihm obliegenden Pflichten gröblich verletzt hat und sich hieraus ergibt, dass er ungeeignet ist, seinen Beruf weiter auszuüben. Anhaltspunkte dafür, dass eine etwaige Pflichtvergessenheit des Klägers anlässlich der Lotsenfahrt am 13.02.2011 ein derartiges Ausmaß erreicht hatte, gab es zum Zeitpunkt der vorläufigen Untersagung nicht. Nach den Regeln der Seeschifffahrtstraßen-Ordnung haben Fahrzeuge mit einer sicheren Geschwindigkeit zu fahren und ihre Geschwindigkeit rechtzeitig soweit zu vermindern, wie es erforderlich ist, um Gefährdungen durch Sog und Wellenschlag zu vermeiden. Die vom Wasser- und Schifffahrtsamt Hamburg herausgegebenen Empfehlungen zu den zu fahrenden Geschwindigkeiten stellen allerdings keine Anordnung von Höchstgeschwindigkeiten dar, sondern sind lediglich Orientierungswerte, bei deren Erreichen es für den Schiffsführer bzw. für den Lotsen Anlass gibt, die Geschwindigkeit mit Blick auf gegebene Gefährdungen durch Sog und Wellenschlag zu überprüfen und gegebenenfalls zu reduzieren. Dies ergibt sich aus den Informationen des Wasser- und Schifffahrtsamtes Hamburg. In dem Flyer ist ausdrücklich ausgeführt, dass die Schiffswellen am Elbufer erhebliche Schäden verursachen können, wenn die Bestimmungen der Seeschifffahrtstraßen-Ordnung nicht ausreichend beachtet werden und keine Orientierung an den Richtgeschwindigkeiten erfolgt. Das Wort „Orientierung“ weist darauf hin, dass die Richtgeschwindigkeit gerade keine Obergrenze der erlaubten Geschwindigkeit sein soll.