In der vergangenen Woche ist ja schon an verschiedenen Stellen in der Tagespresse über den in Niedersachsen geplanten Versuch mit der „Langstreckenradarfalle“ berichtet worden (hier die PM des Innenministers aus Niedersachsen). Ich bin gespannt, was daraus wird. Hier zu der Problematik kurz ein paar erste Gedanken:
- Wie es funktioniert bzw. funktionieren soll, konnte man m.E. ganz schön in der Welt nachlesen. Bunte Bildchen helfen immer 🙂 . Also deshalb dann hier der Link zu dem Beitrag oder auch heise.de.
- Interessant(er) ist die Frage, ob diese „Langstreckenradarfalle“ rechtlich zulässig ist. Da stellt sich sicherlich zunächst mal die Frage, ob es überhaupt (schon) eine Rechtsgrundlage für diese Maßnahme gibt. Im StVG m.E. nicht. Folge wird m.E. sein, dass man im Hinblick auf die Rechtsprechung des BVerfG zur Videomessung sicherlich wieder die Vorschrift des § 100h StPO heranziehen/überstrapazieren wird. Mit der Vorschrift hatte ich schon bei der Videomessung Bedenken (Stichwort: Anfangsverdacht durch eine Maschine?), aber alle OLG sind ja dem OLG Bamberg brav gefolgt und haben dessen Rechtsprechung übernommen bzw. vom OLG Bamberg einfach teilweise abgeschrieben 🙂 und Karlsruhe hat es durchgehen lassen. Aber bei der „Langstreckenradarfalle“ kommt es m.E. noch dicker. Denn es werden ja alle Kraftfahrer in einem bestimmten Bereich gefilmt, ohne dass dafür ein konkreter Anfangsverdacht vorliegt. Damit müsste § 100h StPO an sich als Ermächtigungsgrundlage ausfallen. Es sei denn, wir erleben (wieder) das Spiel: Ich suche eine Ermächtigungsgrundlage, finde sie nicht, stricke mir dann aber eine. Nur welche?
- Und Punkt 3 – von erheblicher Bedeutung in der Praxis: Wie ist es, wenn ich bei Punkt 2 zu einem Beweiserhebungsverbot komme, dann mit einem Beweisverwertungsverbot? M.E. liegt angesichts der derzeitigen Rechtslage „Vorsatz“ nahe und damit dann Willkür, so dass ein Beweisverwertungsverbot anzunehmen sein dürfte.
Nun, der niedersächsische Innenminister wird es sicherlich alles geprüft haben und anders sehen. Jedenfalls wird es mal wieder spannend und es gibt eine neue Runde im Verkehrsrecht. Dieses Mal dürfte dann zunächst ein niedersächsisches OLG gefragt sein, nämlich das OLG Celle, das sich sicherlich freuen wird. Endgültig entscheiden wird die anstehenden Fragen sicherlich dann letztlich aber erst das BVerfG.
Das Modell ist ja denjenigen, die -wie ich- öfter mal nach Österreich fahren schon lange bekannt (einfach mal ÖAMTC und Section Control bei der Suchmaschine eingeben). Grundsätzlich, gerade in Baustellenbereichen, halte ich die Maßnahme auch für sinnvoll, denn wir kennen ja alle die Problematik, kurz vor der Radarfalle wird gebremst, und dann aufs Gas.
In Österreich gibt es dann ein Hinweisschild: „Section Control auf x km“ und am Ende den Hinweis, das die Kontrolle vorbei ist. Und man hält sich echt daran.
Mein Problem ist die Nachlässigkeit mit der das Thema angegangen wird. Zunächst bräuchte ich doch eine passende und keine selbstgestrickte Ermächtigungsgrundlage. Diese sollte dann auch noch verfassungskonform sein, was in der Vergangenheit ja auch schon an der einen oder anderen Stelle nicht immer so klappte.
Hier wird es nun einfach gemacht; wenn dann eventuell diese „Section Control“ an der Rechtsprechung scheitern sollte, wäre die sinnvolle Technik auf Jahre hinaus „verbrannt“.
Jedenfalls sind wir Anwälte dem Herrn Pistorius (nein, nicht <a href="http://www.spiegel.de/panorama/justiz/oscar-pistorius-richterin-thokozile-masipa-faellt-das-urteil-a-990844.html" dem) für diese kommende Arbeitsbeschaffungsmaßnahme doch sicherlich dankbar, oder ? 😉
Sorry, Link verhunzt, bitte richten.
Naja, bis so ein Fall bei mir in der Pfalz zum Mandat wird, kanns dauern. Ich seh es aber auch aus zwei Perspektiven: wie viele Kollegen bin ich ja auch „Vielfahrer“. Und gerade im Baustellenbereich nerven und gefährden auch mich irgendwelche Kamikazepiloten. Es hat ja auch Gründe, dass die Mortalitätsrate bei Autobahnbaustellen und den dortigen Arbeitern recht hoch ist. Hier meint es die Politik im Prinzip mal wieder gut, aber gut gemeint, gut gemacht sind ja doch zwei Dinge. Den Kollegen die es durchfechten -und wohl auch abschiessen?- seien natürlich die Gebühren gegönnt 😉