Archiv für den Monat: August 2014

Ich habe da mal eine Frage: Längenzuschlag für den Pflichtverteidiger – mit oder ohne Pause?

© AllebaziB - Fotolia.com

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Mich hat vor einigen Tagen ein Kollege angemailt – fast hätte ich geschrieben „angemault“ 🙂 -, meine RVG-Fragen seien zu schwierig. Nun, das meine ich nicht. Sicherlich ist die ein oder andere außergewöhnliche(re) Fragestellung dabei, aber zu schwierig sind die Fragen m.E. nicht. Aber, um allen gerecht zu werden: Heute dann ein einfacher Fall, im Grunde schon ein Klassiker, der – wie Anfragen bei mir, aber auch die veröffentlichte Rechtsprechung zeigt – aber immer noch von Bedeutung ist.

Nämlich die Frage: Werden eigentlich bei der Berechnung der für den Längenzuschlag des Pflichtverteidigers maßgeblichen Hauptverhandlungszeit – nehr als 5 bis zu 8 oder mehr als 8 Stunden – Pausen, die das Gericht macht, mit gerechnet oder nicht? Und ich erweitere dann noch um die Zusatzfrage: Wie ist es mit Wartezeiten des Pflichtverteidigers: Mitrechnen oder nicht?

M.E. müsste es von Antworten nur so rasseln 🙂  .

„In der Kürze liegt die Würze“, aber das war zu knapp, Herr Kollege

© J.J.Brown - Fotolia.com

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Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt. Gegen das Urteil hat der Verteidiger für den Angeklagten Revision eingelegt und zugleich ausgeführt: „Die Revision wird auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt.“ Mehr nicht und mehr kommt auch nicht. Was dann vom BGH kommt, ist klar. Die Verwerfung als unzulässig im BGH, Beschl. v. 29.07.2014 – 5 StR 318/14:

Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 9. Juli 2014 u.a. Folgendes dazu ausgeführt:

„Die Revision ist unzulässig. Nach § 344 Abs. 1 StPO hat der Beschwerdeführer die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. Aus der Begründung muss hervor-gehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird (§ 344 Abs. 2 Satz 1 StPO) …

Dies hat der Beschwerdeführer versäumt. In der bloßen Erklärung, die Revision werde auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt, sind weder ein konkreter Revisionsantrag noch eine Revisionsrüge zu sehen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 344 Rdnr. 14; KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 344 Rdnr. 17; jeweils m. w. N.).“

Das war für den BGH so klar, dass er den GBA „eingerückt“ hat.

Vorsatz, Vorsatz? – aber nicht bei „nur“ 34 km/h mehr auf einer Bundesstraße

© lassedesignen - Fotolia.com

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Die Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung kann im Hinblick auf die Verhängung bzw. das Absehen von einem Fahrverbot verhängnisvoll sein. Denn im Zweifel wird wegen der Regelung in § 1 Abs. 2 BKat – „fahrlässiger Begehunsgweise“ nicht von einem Fahrverbot abgesehen werden.Auch wird im Zweifel eine höhere Geldbuße drohen. Von daher ganz interessant der OLG Brandenburg, Beschl. v. 17.06.2014 – (2 B) 53 Ss-OWi 230/14 (111/14), der zur Vorsatzfrage bei einem Geschwindigkeitsverstoß auf einer Bundesstraße Stellung nimmt. Danach kann bei einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf einer Bundesstraße um 34 km/h nicht in jedem Fall allein aus dem Ausmaß der Überschreitung auf vorsätzliches Handeln geschlossen werden:

„Das Amtsgericht hat die vorsätzliche Begehungsweise darauf gestützt, dass das Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf einer Bundesstraße, auf welcher gemäß § 3 Abs. 3 StVO eine zulässige Höchstgeschwindigkeit gilt, „immer“ eine vorsätzliche Geschwindigkeitsüberschreitung indiziere (UA S. 7). Damit beruft sich das Amtsgericht auf einen Erfahrungssatz, den es in dieser Allgemeinheit nicht gibt.

Auf der Hand liegt, dass nicht bereits jeder Geschwindigkeitsverstoß auf einer derartigen Bundesstraße vorsätzlich begangen sein muss. Richtig ist, dass im Grundsatz ein vorsätzlicher Verstoß umso näher liegt, je höher die Geschwindigkeitsüberschreitung ist. Dabei wird regelmäßig von Vorsatz auszugehen sein, wenn in solchen Fällen die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 40 km/h überschritten wird (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 11. Februar 1999, Az.: 2 Ss 4/99, zitiert nach juris), bzw. wenn sonst die zulässige Höchstgeschwindigkeit um annähernd 50 % überschritten wird (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28. April 2006, Az.: 1 Ss 25/06; OLG Celle, Beschluss vom 9. August 2011, Az.: 322 SsBs 245/11, beide zitiert nach juris).

Hier hat der Betroffene die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 34 km/h überschritten. Bei diesem Ausmaß der Überschreitung kann nicht allein aus diesem auf vorsätzliche Begehungsweise geschlossen werden. Es hätte dazu vielmehr weiterer Indizien bedurft (vgl. Senat, Beschluss vom 18. September 2007, Az.: 2 Ss (OWi) 153 B/07; OLG Celle, Beschluss vom 28. Oktober 2013, Az.: 322 SsRs 280/13, zitiert nach juris). Dazu enthält die angefochtene Entscheidung indes keinerlei Feststellungen.

Entlassung des Angeklagten aus der U-Haft – (Vor)Schnelle Aufhebung der Pflichtverteidigerbestellung?

ParagrafenIn dem dem LG Magdeburg, Beschl. v. 19.06.2014 – 21 Qs 44/14 – zugrunde liegenden Verfahren hat sich Angeklagte in U-Haft befunden. Er ist mehr als zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung aus der Haft entlassen worden. Das AG hat daraufhin die Bestellung des dem Angeklagten nach § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO beigeordneten Pflichtverteidigers zurückgenommen. Die dagegen gerichtete Beschwerde hatte Erfolg. Das LG Magdeburg hat die Aufhebung der Pflichtverteidigerbestellung aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das AG Magdeburg zurückverwiesen.

„Die angefochtene Entscheidung beruht auf § 140 Abs. 3 Satz 1 StPO. Die Bestellung eines Verteidigers nach — wie hier – § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO kann aufgehoben werden, wenn der Beschuldigte mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung aus der Anstalt entlassen wird.

Ob die Voraussetzungen dieser Vorschrift vorliegen, hat das Amtsgericht Magdeburg nicht ausreichend überprüft. § 140 Abs. 3 Satz 1 StPO ordnet nicht die uneingeschränkte Aufhebung der Pflichtverteidigerbestellung bei Vorliegen der formellen Voraussetzungen an. Vielmehr wird für das mit der Frage befasste Gericht ein Ermessensspielraum eröffnet. Das Gericht ist gehalten, dieses Ermessen fehlerfrei zu gebrauchen. Im Rahmen des insoweit eingeräumten Ermessens ist stets sorgfältig zu prüfen, ob die frühere mit dem Umstand der Inhaftierung verbundene Behinderung des Angeklagten in seinen originären Verteidigungsrechten und -möglichkeiten entfallen ist oder diese Einschränkung des Angeklagten trotz Aufhebung der Haft fortbesteht und deshalb eine weitere Unterstützung durch einen Verteidiger erfordert. Das Gericht ist verpflichtet, insoweit nachvollziehbare Erwägungen anzustellen und diese zur Grundlage seiner Entscheidung zu machen (OLG Düsseldorf, Beschluss vorn 9. November 2010 – III- IV Ws 615/10, 4 Ws 615/10, zitiert nach Juris; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 140 Rndz. 36 m. w. N.).

Diesen Anforderungen wird die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts Magdeburg nicht gerecht. Weder dem angefochtenen Beschluss noch der Nichtabhilfeentscheidung des Amtsgerichts Magdeburg von 4. Juni 2014 kann entnommen werden, dass sich das Gericht des ihm zustehenden Ermessens bewusst gewesen ist oder umfassend die gebotenen Überlegungen unter Berücksichtigung der spezifischen Gesichtspunkte des Einzelfalls angestellt hat. Die Begründung lässt insbesondere nicht erkennen, ob ein Fortwirken der Behinderung der Verteidigung ausnahmsweise nicht mehr besteht.

Entgegen § 309 Abs. 2 StPO ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses an das Amtsgericht Magdeburg zurückzuverweisen, um ihm die Möglichkeit zu geben, das ihm durch § 140 Abs. 3 Satz 1 StPO eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei auszuüben (so auch OLG Düsseldorf, a.a.O.).“

Also: Einen Automatismus: Entlassung des Angeklagten aus der U-Haft – Aufhebung der Pflichtverteidigerbestellung?, gibt es nicht. So übrigens nicht nur das OLG Düsseldorf, sondern auch das OLG Celle im  Beschl. des OLG Celle v. 29.07.2010 – 1 Ws 392/10 und dazu: Leider etwas vorschnell entpflichtet… leider aber auch “sitzen geblieben”.

Als 5000. Beitrag ein „Donnerstagswitz“, oder: „Jurawitze 5.000“

© farbkombinat – Fotolia.com

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Wenn die Statistik bei JuraBlogs richtig zählt, ist dieses unser 5.000 JuraBlogs-Beitrag. Müsste ungefähr passen, unsere Statistik gibt etwas andere Zahlen, aber das kann mit der Umbenennung zusammenhängen., die wir zwischendurch hatten und auch mit Löschungen. Also, gehen wir von 5.000 bei JuraBlogs aus und freuen uns über diese Zahl. Umgerechnet sind das rund 78 Beiträge/Monat, also 2,6/Tag 🙂 .

Ich habe dann länger überlegt, was man machen könnte „zur Feier des Tages“ mit dem Jubiläumsbeitrag. Nun, sicherlich nicht Anfängerfehler oder „Klassischer Fehler“, sicherlich auch keine Haftsachen oder Ähnliches. Das passt dann doch nicht so gut. Da bleibt dann nur aus dem Kessel Buntes ein „Sonder-Sonntagswitz“, also ein „Donnerstagswitz“ und da nehme ich dann die Jura/die Juristen.

Vorab aber allen Lesern der letzten 4.999 Beiträge herzlichen Dank für das Interesse. Mal sehen, wie lange es dauert bis wir bei 10.000 sind 🙂 . Ein wenig Zeit sicherlich. Bis dahin: Auf eine Neues und hier dann die „Juristenwitze 5.000“:

„Angeklagter, sind Sie eigentlich verheiratet?“
„Ja!“

„Mit wem?“
„Mit einer Frau!“
„Mein Gott, das ist ja wohl klar!“

„So klar ist das nicht, meine Schwester ist zum Beispiel mit einem Mann verheiratet!“

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Der Richter fragt:“Herr Verteidiger, haben Sie noch etwas zugunsten des Angeklagten vorzubringen?“

„Ja, Euer Ehren, mein Mandant ist schwerhörig und kann daher auch nicht die Stimme seines Gewissens hören!“

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Richter zum Zeugen: „Wie weit waren Sie von der Unfallstelle entfernt?“

„18,72 Meter.“

„Wieso können Sie das so exakt angeben?“

„Ich habe sofort nachgemessen, weil ich dachte, irgend so ein Idiot wird mich sicher danach fragen!“

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Und dann war da noch, worüber Anwälte lachen (entnommen und mehr hier bei Andreas Moser):

  • Sekretärinnen, die sagen “Später will ich auch mal Jura studieren.”
  • die Webseiten anderer Kanzleien
  • Mandanten, die mit aus der Tageszeitung ausgeschnittenen juristischen Ratschlägen zur Beratung kommen
  • Eltern, die einen Sorgerechtsstreit um ein 17-jähriges Kind beginnen