Viele Leser spielen sicherlich auch gerne Karten, so wie ich. Bei vielen wird es Skat sein. Das ist nicht so mein Spiel, da man m.E. dabei zu viel rechnen muss und nicht so viel „quatschen“ kann. Ich spiele daher lieber Doppelkopp, das ich unterhaltsamer finde. Aber egal: Jeder, der Karten spielt, wird die Situation kennen. Man liegt – das weiß man – hinten, die andere Seite scheint zu gewinnen. Aber man hat ja noch einen Trumpf, und zwar einen hohen, mit dem man dann alles rausreißen möchte, wenn man ihn präsentiert. Im Doppelkopf ist das – wenigstens bei uns – die Dulle (die Herz 10), der höchste Trumpf. Die verwahrt man häufig bis zum Schluss und will dann noch einen dicken Stich machen. Nur: Häufig gelingt das nicht, da die andere Seite im Verlauf des Spiels schon so viele Punkte gesammelt hat, dass man nicht mehr auf- und überholen kann. Dann war der letzte Trumpf ein letztes Aufbäumen, das das Spiel nicht mehr hat wenden können.
So ähnlich sieht für mich das Verhalten der StA im hanoveraner Wulff-Verfahren auf. Man gibt sich nicht geschlagen, sondern präsentiert jetzt noch sieben Zeugen, die man über Beweisanträge ins Verfahren einführt (vgl. dazu bei LTO). Darunter sind wohl, wenn ich es an anderer Stelle richtig gelesen und verstanden habe – ist immer so eine Sache mit der Prozessberichterstattung -, Zeugen, die man schon mal vernommen hat (immer schwierig), und als „Dulle“, die das Spiel = das Verfahren jetzt noch im Sinne einer Verurteilung herumreißen soll, Herr Glaeseker, Wulfss Ex-Sprecher. Na, ob das jetzt noch was bringt, nachdem die Kammer ja schon mehr als deutlich zu erkennen gegeben hat, was sie von der derzeitigen Beweislage hält? Das wage ich zu bezweifelen
Zunächst hatte ich mich auch gefragt, warum die StA mit diesem nach ihrer Ansicht so wichtigen Zeugen – _ „Die Anhörung im Prozess ist entscheidend, weil sie zeigt, auf welche Weise Wulff den Wünschen Groenewolds gefolgt ist“, betonte Eimterbäumer laut LTO – erst jetzt kommt. Warum ist er nicht schon eher in das Verfahren eingeführt worden? Nun dafür scheint es einen sachlichen Grund zu geben. Bis Ende 2013 konnte sich Glaeseker – nach Auffassung der StA – auf ein Auskunftsverweigerungsrecht berufen. Jetzt wegen Eintritts der Verjährung offenbar nicht mehr. Ob das so stimmt, kann man ohne genaue Kenntnis der Akten sicherlich nicht beurteilen. Wenn es stimmt, kann es aber erklären, warum man den Zeugen bisher nicht gebracht hat, sondern damit erst jetzt kommt. Im Zweifel wird über die Frage des Auskunftsverweigerungsrechtes dann auch gestritten werden. Darauf wird sich die Kammer sicherlich gut – ebenso wie offenbar sonst auch – vorbereiten.
Man darf also gespannt sein, ob dieser letzte Trumpf/das letzte Aufbäumen sticht, oder ob es ein weiterer, dann der letzte „Schuß in den Ofen wird“, bevor die Kammer den von ihr wohl beabsichtigten Freispruch verkündet. Da stellt sich dann nur noch die Frage: 1. oder 2. Klasse?
Und zudem: Die Dulle bis zuletzt zu halten, ist bekanntlich nicht ohne Risiko. Wenn der Gegner seine direkt zuvor legt, geht der Schuss nach hinten los. 😉
„Bis Ende 2013 konnte sich Glaeseker – nach Auffassung der StA – auf ein Auskunftsverweigerungsrecht berufen“
Warum soll das jetzt anders sein? Man muss sich nicht selbst belasten. Das ist unabhängig von Verjährungsfristen – oder hab ich das etwas übersehen?
„(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.“