Im Forum bei „Heymanns Strafrecht“ ist in den vergangenen Tagen die Frage diskutiert worden: Darf ich mein iPad mit in die JVA nehmen“, und zwar mit folgendem Ausgangsposting:
„Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen,
jetzt muss ich mich mal mit einem kleinen (bzw. für mich grossen) Problem an das Forum wenden:
Schon seit längerem habe ich meine Akten, insbesondere die Ermittlungsakten nur noch in digitaler Form. Für Gerichtsverhandlungen und JVA-Besuche verwendete ich zunächst ein Netbook, später dann ein ipad. Das war
bislang auch problemlos möglich ( ja, selbst in Bayern), bis es vor ein paar Wochen plötzlich hieß : keine ipads mehr, damit könne man ja schließlich ins Internet. Ich habe mich dann schriftlich bei der Anstaltsleitung beschwert, ausführlich darauf hingewiesen, dass ich ja mitgedacht hätte und extra ein ipad ohne UMTS-Karte gekauft hätte sodass ich nur dann ins Internet könne wenn im Anstaltsbereich ein ungesichertes W-lan Netz wäre, wovon wohl kaum ausgegangen werden könne. Im übrigen sei ich ja auch gerne bereit, anwaltlich zu versichern keinesfalls gar nie nicht zu versuchen, in der Anstalt ins Internet zu gehen, was man mir als Organ der Rechtspflege doch bitteschön glauben möge. Ach, und das ipad könne man gerne auf seine UMTS-Fähigkeit überprüfe.
Heute flatterte mir dann ein Brief der Anstaltsleitungins Haus der neben dem üblichen Bla Bla und der Bitte um Verständnis die Kernaussage enthielt Mit dem ipad kann man grundsätzlich ins Internet, wie auch immer, ein entsprechender Kontrollaufwand wäre viel zu gross um alles zu überprüfen deshalb bleibt es dabei – kein ipad. 👿
Deshalb jetzt meine Frage, was kann man eigentlich gegen die „Entscheidung“ machen, gibt es da einen Rechtsweg, wenn ja welchen ? Ich wollte eigentlich künftig nicht wieder zu einer umfangreichen Papiersammlung zurückkehren….
Ich hoffe auf hilfreiche Antworten und verbleibe…..“
Ich stelle die Frage dann auch hier mal zur Diskussion. Nicht wegen des Rechtsweges, sondern wegen der Frage: Darf das iPad mit rein?
Wir haben bei „Heymanns Strafrecht“ eifrig diskutiert.
Ich bin zwar kein Anwalt, aber vielleicht hilft ihnen dieser Blogbeitrag von Udo Vetter in der Argumentation weiter, falls er noch nicht bekannt war:
http://www.lawblog.de/index.php/archives/2011/05/13/knastbesuch-nrw-erlaubt-anwlten-notebook/
Es ist nicht nur eine Frage unter Anwälten, sondern auch eine Frage der Gesellschaft, warum in der heutigen Zeit in Gefängnissen jeglicher Kontakt zur Außenwelt abgeschnitten wird. Insassen haben gar keine Möglichkeit mehr an normalen Lebensabläufen teilzunehmen. Was ist so schlimm, wenn Insassen im Internet surfen, das ist alltägliches Leben.
Noch deutlicher wird das Ungleichgewicht, wenn der Aspekt von Waffengleichheit ernst genommen wird. Insassen sind nicht mehr im Stande sich auf Verhandlungen und Prozesse vorzubereiten. Dieses gilt auch für Insassen, die in Strafhaft sitzen, und im Rahmen von Strafvollstreckungsverfahren zu recht um ihre Freiheit und Resozialisierung kämpfen. Diese Insassen sind im Rahmen von Waffengleichheit so sehr benachteiligt, weil sie eben keine Informationen und Quellen mehr zugänglich haben. Sie sind nicht ansatzweise in einer Position sich zu informieren, so wie der Verhandlungsgegner. Waffengleichheit gibt es so in Deutschland nicht mehr, damit ist der Anspruch auf rechtsstaatliche Verfahren verwirkt.
Ohne das im Detail geprüft zu haben, würde ich einen Antrag nach § 119 Abs. 5 StPO in Betracht ziehen. Laut Kommentierung im BeckOK (Rn. 50) erstreckt sich die gerichtliche Kontrolle auch auf Anordnungen der JVA.
Zur Frage, ob man Laptops mit in die JVA nehmen darf, hat der BGH bereits ausdrücklich in seinem Beschluss vom 15.12.2003, Az. 2 BGs 315/03 – abgedruckt in NJW 2004, 457 – Stellung genommen und dies für zulässig erachtet:
„Einem Verteidiger, der die für die Mandantengespräche erforderlichen Unterlagen auf einem Notebook eingespeichert hat, kann regelmäßig die Mitnahme eines solchen Geräts zu Unterredungen mit seinem Mandanten in der Justizvollzugsanstalt nicht verwehrt werden. Die Benutzung moderner elektronischer Hilfsmittel durch einen
Verteidiger im Rahmen von Mandantengesprächen, die sich insbesondere bei umfangreichem Aktenmaterial anbietet, beinhaltet grundsätzlich keine größere
Mißbrauchsgefahr als dies bei Mitnahme der erforderlichen Aktenstücke der Fall
ist. Einer inhaltlichen Kontrolle sind die Verteidigerunterlagen stets entzogen,
gleichgültig, ob sie in Schrift- oder in elektronisch gespeicherter Form mitgeführt
werden. Eine Überprüfung auf Fremdkörper durch die Justizvollzugsanstalt ist in
beiden Fällen möglich.“
Anstaltsleitung entscheidet anders als der BGH?
Hach, wie genüßlich würde ich der Anstaltsleitung schreiben:
„Ich würde begrüßen, wenn Sie Ihre Einstellung überdenken und den BGH respektieren“
😀
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