Ein wenig unbeachtet ist bislang m.E. noch die Entscheidung des BGH v. 14. 9. 2010 – 3 StR 573/09 – geblieben. In der Sache ging es um die Verwertbarkeit von Angaben aus einem Gespräch mit einem Konsularbeamten, nachdem der Angeklagte zuvor in ausländischer Haft „weich geklopft“ worden war. Der BGH sagt:
1. Das Gespräch, das ein Konsularbeamter mit einem in ausländischer Haft befindlichen deutschen Beschuldigten in Erfüllung seiner Hilfspflicht nach § 7 KonsG führt, ist keine Vernehmung im Sinne von § 136a StPO.
2. Wird ein Beschuldigter in ausländischer Haft bei Vernehmungen geschlagen, so führt dies nicht zur Unverwertbarkeit seiner Äußerungen im Rahmen eines Gesprächs, das er während der Haft mit einem deutschen Konsularbeamten führt, wenn hierbei die Misshandlungen keinen Einfluss auf den Inhalt seiner Angaben mehr haben.
Zu 1) liegt die Entscheidung auf der Linie der h.M., zu 2: Na ja, die vom BGH angenommene Zäsur und zugleich abgelehnte Fortwirkung der erlittenen Misshandlungen täuscht über die Herkunft des über den Konsularbeamten mittelbar eingeführten Geständnisses hinweg. Man hätte sich da ein wenig mehr Fortwirkung/Fernwirkung gewünscht.
Das Urteil ist bekannt und sowohl in der öffentlichen als auch in der veröffentlichten Meinung weitgehend unbekannt geblieben – wie könnte es auch anders sein ?
Schauen Sie doch nach Hessen: Dort sitzt der verurteilte Mörder nach einem erfolterten Geständnis, welches ein gerichtliches Dementi ad absurdum führte, im Gefängnis („Das ist gut so.“ sollte ich für die folgende Betrachtung vorausschicken.). Der Folterer bekam einen Strafbefehl und lt. Pressebericht später eine Beförderung zum Abteilungsleiter [N.B.: Das ist dann keine Regelbeförderung !]. Derjenige, „der am Schreibtisch gesessen hätte“, bekam eine milde Strafe, welche seine Pensionsansprüche rettete. Der damalige Innenminister, welcher sich zumindest undementiert mit den Worten „Ja, Instrumente zeigen !“ zitieren liess, ist heute Ministerpräsident des Landes Hessen. Resummierend kann man wohl formulieren: „Foltern lohnt sich.“.
Wen sollte es vor dem Hintergrund dieser Signale noch wundern, dass die besagte BGH-Entscheidung keine besondere Beachtung erfahren hat ?
Der Gefolterte hat Schutz vor weiterer Folter erhofft und hätte vom Konsularbeamten aufgeklärt werden müssen, dass er sich dazu nicht belasten muss. Es war wohl ein grober Anwaltsfehler, in der Revision nicht auf den Verstoß der Fürsorgepflicht einzugehen.
Vielleicht wäre die Entscheidung dann anders ausgefallen.
naja, in rn. 14 des beschlusses lässt der senat ja recht klar durchblicken, wie er sich eine lösung vorstellen könnte.
nur der verteidiger war ja zu doof, um das zu rügen, denn:
„Eine Rüge mit dieser Stoßrichtung hat der Angeklagte indes nicht erhoben.“ (rn. 15)
seltsam nur, dass die verteidiger gerade in solchen verfahren so etwas übersehen.
honi soit qui mal y pense
das schöne ist ja auch, dass man bei der frage, ob ein verfahren fair ist, oder nicht, keine derart rigiden definitionen wie bei 136a abprüfen muss, sondern als bundesrichter mehr freiheit genießt.