Das OLG Frankfurt hat im Sommer in seinem Beschl. v. 20.07.2010 – 1 Ss 336/09 noch mal zum „Schwarzfahren“ Stellung genommen (§ 265a StGB). Nach Auffassung des OLG reicht es für eine vollendete Schwarzfahrt noch nicht aus, wenn der Fahrgast im Wagen ohne Fahrschein angetroffen wird. Maßgeblich für die Leistungserschleichung sei die Tatsache, dass sich das Fahrzeug bereits in Bewegung gesetzt habe und die Fahrt nicht mehr abbreche. Das Gericht müsse dem Beschuldigten deshalb nachweisen, dass er zum Zeitpunkt der Kontrolle bereits eine gewisse Wegstrecke in der Bahn zurückgelegt hat. Dazu gehörten Angaben zur Haltestelle, an der er eingestiegen ist, und zum Fahrtweg des Schwarzfahrers, die in dem Urteil des Landgerichts fehlten. Der «objektive Tatbestand der Leistungserschleichung» sei – so das OLG – nicht dann schon erfüllt, wenn der Fahrgast das Verkehrsmittel unberechtigt nutze, heißt es im Urteil. Er müsse vielmehr vortäuschen, dass er berechtigt ist, die Bahn zu benutzen. Das liegt auf der Linie des BGH-Beschlusses v. Beschl. v. 08.01.2009 – 4 StR 117/08. Damit ergeben sich in den Fällen sicherlich an der ein oder anderen Stelle Verteidigungsansätze.
„Dazu gehörten Angaben zur Haltestelle, an der er eingestiegen ist“
Das finde ich nun seltsam. Auch unter der Argumentation des Gerichts sollte es doch genügen, wenn der Nachweis geführt werden kann, dass eine Fahrt vorlag. Der Nachweis der Einstiegshaltestelle dürfte auch praktisch kaum zu führen sein, wenn der Angeklagte sich insoweit nicht einlässt.
Ausreichend (aber auch erforderlich) sollte m.E. der Nachweis sein, dass eben gefahren wurde (zu führen durch Zeugenaussagen des Kontrolleurs). Wieviele Stationen bereits zurückgelegt wurden ist m.E. nicht erheblich.
Für die Strafbarkeit unerheblich, für das Strafmaß aber nicht (obwohl bei dem Strafrahmen und den regelmäßig – wenn nicht gerade ICE-Strecke – kleinen Beträgen der Wert ohnehin meist im Bereich von < 20 € liegt). Man könnte aber zugunsten des schweigenden Angeklagten unterstellen, dass er an der letzten Haltestelle vor der Kontrolle zugestiegen ist.
für den schuldspruch selbst ist es auch nicht unerheblich. aus dem urteil muss sich mindestens ergeben, dass der beschuldigte zwischen zwei stationen das verkehrsmittel nutzte, dass er den anschein eines „normalen“ benutzers erweckte und dass er vorsätzlich handelte.
und da hat das lg ffm sich die sache vermutlich ein bisschen zu einfach gemacht und einen sachverhalt festgestellt, der nicht ausreichte, um die voraussetzungen des § 265a stgb zu bejahen.
Ich kritisiere ja nur die Anforderung, dass die Einstiegshaltestelle konkret angegeben werden muss.
Selbstverständlich muss das Verkehrsmittel genutzt worden sein, aber dazu genügt etwa die Angabe: „Der Angeklagte ist an der Station X oder davor in die S-Bahn eingestiegen.“ Die Ermittlung der tatsächlichen Einstiegshaltestelle ist weder erforderlich noch (häufig) möglich.
@ 4
das ließe sich durch in dubio pro reo lösen.
Herr Burhoff,
könnten Sie die Entscheidung kurz mit Blick auf Ihre Zusammenfassung http://burhoff.de/insert/?/veroeff/aufsatz/zap_f22_S651.htm kommentieren?
Verstehe ich das richtig, dass sich diese Entscheidung der Meinung in der Literatur anschließt und sich konträr zu der in Ihrer Zusammenfassung geschilderten Rechtsprechung verhält?
Danke!
Hallo, danke für das Vertrauen. Nur: Ich weiß nicht, was ich noch kommentieren soll. Der Beschluss des OLG Frankfurt/Main ist m.E. im Hinblick auf die BGH-Entscheidung und die Rechtsprechung eindeutig.
„Eindeutig“ so wie ich es verstanden wissen will?
Bitte helfen Sie einem begriffstutzigen Referendar auf die Sprünge und erklären Sie es für „blöde“ ! 😉