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Alkohol II: Umrechnung von Atemalkohol in eine BAK?, oder: Konvertierung wissenschaftlich nicht gesichert

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Und als zweite Entscheidung dann der KG, Beschl. v. 06.09.2023 – 2 ORs 29/23. Das ist eine der „Alle Jahre wieder-Entscheidungen“, was bedeutet. Die behandelte Problematik ist an sich in der obergerichtlichen Rechtsprechung entschieden, aber – alle Jahre wieder – muss dennoch ein Obergericht dazu Stellung nehmen. Es geht um die Darstellung des Messergebnisses der Atemalkoholkonzentration und um die Umrechnung von Atemalkohol in Blutalkohol.

In dem Verfahren ist der Angeklagte vom AG wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Dagegen hat der Angeklagte Berufung eingelegt und diese auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Das LG hat die Berufung als unbegründet verworfen. Die Revision hatte dann beim KG Erfolg:

„1. Das Urteil des Landgerichts, das lediglich Feststellungen zum Rechtsfolgenausspruch (und zur Schuldfähigkeit) enthält, war schon deshalb aufzuheben, weil das Landgericht zu Unrecht von einer wirksamen Beschränkung der Berufung ausgegangen ist und dementsprechend keine eigenen Feststellungen zur Tat getroffen hat.

a) Im Rahmen einer zulässigen Revision hat das Revisionsgericht auf die Sachrüge von Amts wegen – unabhängig von einer sachlichen Beschwer und ohne Bindung an die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts – zu prüfen, ob dieses zu Recht von einer wirksamen Beschränkung der Berufung nach § 318 Satz 1 StPO und damit einer Teilrechtskraft des erstinstanzlichen Urteils ausgegangen ist (vgl. BGHSt 27, 70; KG, Beschluss vom 7. Februar 2017 – [5] 121 Ss 4/17 [3/17] -; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 66. Aufl., § 318 Rn. 33, § 352 Rn. 4).

b) Grundsätzlich gebietet es die dem Rechtsmittelberechtigten in § 318 Satz 1 StPO eingeräumte Verfügungsmacht über den Umfang der Anfechtung, den in den Rechtsmittelerklärungen zum Ausdruck kommenden Gestaltungswillen im Rahmen des rechtlich Möglichen zu respektieren (vgl. KG, Urteil vom 22. September 2014 – [4] 161 Ss 148/14 [203/14] –). Somit führt nicht jeder Mangel des infolge der Beschränkung grundsätzlich in Rechtskraft erwachsenen Teils des Urteils, insbesondere auch nicht jede Lücke in den Schuldfeststellungen, zur Unwirksamkeit der Beschränkung (vgl. KG aaO).

Die wirksame Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch setzt jedoch voraus, dass das angefochtene Urteil seine Prüfung ermöglicht. Dies ist namentlich dann nicht der Fall, wenn die Feststellungen zur Tat so knapp, unvollständig, unklar oder widersprüchlich sind, dass sie keine hinreichende Grundlage für die Rechtsfolgenentscheidung des Berufungsgerichts bilden können (vgl. BGHSt 33, 59; KG aaO und Beschluss vom 30. März 2012 – [2] 161 Ss 28/12 [7/12] – mwN). Die Beschränkung ist ferner insbesondere dann unwirksam, wenn auf der Grundlage der Feststellungen zum Schuldspruch überhaupt keine Strafe verhängt werden könnte (vgl. BGH NStZ 1996, 352; Senat, Beschluss vom 30. März 2012 – [2] 161 Ss 28/12 [7/12] – mwN).

c) Nach diesen Grundsätzen ist die von dem Angeklagten erklärte Beschränkung der Berufung unwirksam. Die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen zur Schuldfähigkeit des Angeklagten sind so unzureichend, dass sie keine hinreichende Grundlage für die Rechtsfolgenentscheidung des Berufungsgerichts bilden können. Sie tragen nicht die Annahme eines schuldhaft begangenen Diebstahls (§ 242 StGB).

2. Die vom Amtsgericht zur Tat getroffenen Feststellungen lauten wie folgt:

„Am 19. September 2022 gegen 14:15 Uhr riss der Angeklagte bei ‚Sat ‘, x, x Berlin, das Mobiltelefon der Marke ‚Sam G S 22 U ‘ für 1299 Euro aus der Befestigung, steckte es in seine rechte Jackentasche und verließ das Geschäft ohne die Ware zu bezahlen, um es für sich zu verwenden.

Die Tat wurde beobachtet und der Angeklagte wurde ergriffen. Das erbeutete Telefon wurde zurückgeführt. Der Angeklagte hatte zuvor Alkohol konsumiert. Eine um 14:58 Uhr genommene Atemalkoholmessung ergab einen Wert von 2,46 Promille.“

a) Rechtsfehlerhaft ist es, dass das Amtsgericht ohne nähere Erläuterung festgestellt hat, der Angeklagte habe eine mit Promille-Werten bestimmte Atemalkoholkonzentration aufgewiesen. Dies ist nicht nachvollziehbar, weil das Ergebnis einer Atemalkoholmessung die in Gramm oder Milligramm bestimmte Äthylalkoholmenge in einem bestimmten Atemvolumen darstellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Dezember 2022 – 6 StR 449/22 –, juris und vom 18. September 2019 – 2 StR 187/19 –, juris). Das Gericht hat also entweder nicht das konkrete Messergebnis (zur Frage einer direkten Konvertierbarkeit von AAK- in BAK-Werte vgl. auch BGHSt 46, 358, 362 ff.) oder aber irrtümlich ein unzutreffendes Messergebnis mitgeteilt und seiner (impliziten) Beurteilung der Schuldfähigkeit damit nicht ausschließbar einen unzutreffenden Grad der Alkoholisierung zugrunde gelegt. Denn wenngleich eine Atemalkoholkonzentration von 0,25mg/l normativ einer Blutalkoholkonzentration von 0,5 ‰ entspricht (§ 24a StVG), ist eine Umrechnung von Atemalkohol in Blutalkohol wissenschaftlich nicht gesichert und daher erst recht keine exakte Konvertierung möglich (vgl. dazu KG, Beschluss vom 3. März 2016 – (3) Ws (B) 106/16 – mwN, juris).

Mit Rücksicht darauf kommt es nicht infrage, die Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit aufgrund von Messungen mithilfe von Atemalkoholtestgeräten festzustellen; vielmehr können deren Ergebnisse insoweit nur als Indiz herangezogen und ausschließlich  zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt werden, wenn andere verwertbare Ausgangsdaten zur Bestimmung der Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit nicht zur Verfügung stehen, während eine Berücksichtigung zum Nachteil des Angeklagten ausscheidet (vgl. KG, Beschluss vom 24. September 2015 – (1) 121 Ss 157/15 (15/15) – mwN, juris). Letzteres ist hier zu besorgen, weil eine am Tattag um 14:58 Uhr entnommene Blutprobe möglicherweise einen noch höheren Wert ergeben hätte als die seinerzeit durchgeführte Atemalkoholmessung.

b) Das daneben vom Amtsgericht festgestellte „Leistungsverhalten“ des Angeklagten, das grundsätzlich zur Beurteilung der Schuldfähigkeit durch den Tatrichter herangezogen werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2022 – 6 StR 449/22 –, juris), beschränkt sich hier auf die Beschreibung des Tatgeschehens und erlaubt für sich keinen Rückschluss auf das Ausmaß der Einschränkung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten. Andernfalls geriete die Beweiswürdigung in die Gefahr des Zirkelschlusses, dass der zur Tat fähige Täter automatisch auch schuldfähig gewesen ist.“

Urkunde III: Kopien von Registerauszügen im Urteil, oder: „Einkopieren“ ist verfehlt

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Und als drittes dann noch etwas Kleines vom KG. Der KG, Beschl. v. 18.01.2024, 3 ORbs 269/23 – 162 Ss 132/23 – stammt aus derm OWi-Verfahren. Die angesprochene Frage gilt aber auch für strafverfahrensrechtliche Urteilsgründe. Es geht um die Zulässigkeit des  „Einkopierens“ der Registerauszüge ins Urteil.

Dazu das KG:

„1. Es ist verfehlt, den Registerauszug in faksimilierter Form im Urteil wiederzugeben und dadurch Lesbarkeit und Verständnis der Urteilsgründe zu erschweren (vgl. BGH StRR 2013, 297 und Beschluss vom 28. Mai 2013 – 3 StR 121/13 – [Volltext jeweils bei juris]; Senat DAR 2016, 214). Durch derartiges „Einkopieren“ wird das Urteil mit einer Vielzahl unnötiger (z. B. „Datum der Mitteilung“), unverständlicher (z. B. „Mitteilungsart G“, „Mitteilungsmerkmal E“) und redundanter (sechsfache Nennung von Namen, Anschrift, Geschlecht u.v.m.) Informationen aufgetrieben. Unklar bleibt auch, welche dieser Einzelheiten der Tatrichter überhaupt verstanden hat und welchen er gegebenenfalls Bedeutung beimisst. Ein durchgreifender und den Urteilsbestand gefährdender Rechtsfehler liegt hier aber schon deshalb nicht vor, weil der wesentliche Registerinhalt bei der Rechtsfolgenbemessung rekapituliert wird (UA S. 8).“

OWi II: Urteil wegen Geschwindigkeitsüberschreitung, oder: Anforderungen an die Urteilsgründe

Und dann im zweiten Posting die zweite Entscheidung des OLG Oldenburg, und zwar der OLG Oldenburg, Beschl. v. 21.12.2023 – 2 ORbs 208/23 – zum Umfang der erforderlichen Feststellungen bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung. Nichts Besonderes, aber: „In der Not frisst der Teufel Fliegen“.

Das AG hat den Betroffenen wegen einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße von 400 EUR verurteilt. Dagegen die Rechtsbeschwerde, die Erfolg hatte:

„Die getroffenen Feststellungen tragen weder den Schuld- noch den Rechtsfolgenausspruch.

Das Amtsgericht hat festgestellt, dass der Betroffene mit einem Lkw, mithin einem Kraftfahrzeug der in § 3 Abs. 3 Nummer 2 a oder b StVO genannten Art, gefahren sei. Weiter heißt es in den Urteilsgründen, dass die für „Pkw“ zulässige Geschwindigkeit an der Messstelle 50 km/h betragen habe. In den angewendeten Vorschriften werden § 3 Abs. 3 StVO und Nummer 11.1.5 Bußgeldkatalog genannt.

Mag dem Messfoto, auf das durch den gewählten Klammerzusatz noch gerade zulässig verwiesen worden sein dürfte, noch zu entnehmen sein, dass es sich um einen Lkw mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5 t gehandelt hat, ist dem Urteil nicht zu entnehmen, weshalb die zulässige Höchstgeschwindigkeit bei 50 km/h gelegen haben soll. Da sich der Verstoß außerhalb geschlossener Ortschaften ereignet hat, ergeben sich aus § 3 Abs. 3 StVO, der in den angewendeten Vorschriften genannt worden ist, zulässige Höchstgeschwindigkeiten von 80 bzw. 60 km/h. Eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h wäre deshalb nur bei einer entsprechenden Anordnung durch ein Verkehrszeichen denkbar. Dass sich ein derartiges Verkehrszeichen vor der Messstelle befand, ergibt sich aber weder aus den Urteilsgründen, noch aus den angewendeten Vorschriften, da dort § 41 Abs. 2 StVO nicht genannt ist. Damit ist für den Senat, dem der Blick in die Akte verwehrt ist, nicht nachvollziehbar, welche zulässige Höchstgeschwindigkeit aus welchem Grund für den Betroffenen gegolten hat. Dass auch die Generalstaatsanwaltschaft insoweit Bedenken hatte, ergibt sich aus der betont vorsichtigen Formulierung auf Seite 5 der Zuschrift vom 04.12.2023.

Bereits der Schuldspruch konnte deshalb nicht aufrechterhalten werden. Ausgenommen von der Aufhebung konnten allerdings die Feststellungen zur Fahrereigenschaft sowie zur ermittelten Geschwindigkeit werden, da diese rechtsfehlerfrei getroffen worden sind.“

Und als freundlicher Service des OLG dann der Hinweis:

„Sollte das Amtsgericht in einer neuen Hauptverhandlung erneut zu einer Verurteilung und einer Erhöhung der Regelgeldbuße kommen, wobei auch eine wegen Vorsatzes verdoppelte Geldbuße eine Regelgeldbuße darstellt, dürften bei einer Geldbuße von mehr als 250 € Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen zu treffen sein.“

Verkehrsrecht I: Lebenslange Fahrerlaubnissperre, oder: Erforderlichkeit einer eingehenden Begründung

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Und heute dann drei verkehrsrechtliche Entscheidungen.

Ich mache den Opener mit dem BGH, Beschl. v. 18.07.2023 – 4 StR 42/23. Das LG hatte gegen den Angeklagten eine lebenslange Sperre für die (Wieder)Erteilung der Fahrerlaubnis angeordnet. Dem BGH hat das nicht gefallen:

„Die Anordnung einer lebenslangen Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis gemäß § 69a Abs. 1 Satz 2 StGB hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Eine solche bedarf stets besonders sorgfältiger Prüfung und erschöpfender Begründung. Sie setzt voraus, dass eine Sperre von fünf Jahren zur Abwendung der vom Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. Bei charakterlichen Mängeln – wie vorliegend – kommt sie in der Regel nur bei Fällen schwerster Verkehrskriminalität in Betracht; so z.B. bei chronischer Trunkenheitsdelinquenz und sonsti-ger auf fest verwurzeltem Hang beruhender Verkehrsdelinquenz, bei mehreren Vorstrafen und mehrfacher Entziehung der Fahrerlaubnis (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 1961 – 4 StR 546/60, BGHSt 15, 393, 398; OLG Hamm, Beschluss vom 22. Januar 2019 – 5 RVs 176/18, SVR 2019, 268, 269 f.; OLG Köln, Be-schluss vom 18. Mai 2001 – Ss 102/01, NJW 2001, 3491, 3492; Fischer, StGB, 70. Aufl., § 69a Rn. 22 a).

Diesen Anforderungen werden die Urteilsgründe nicht gerecht. Denn sie lassen schon nicht erkennen, ob sich das Landgericht der vorgenannten besonderen Begründungserfordernisse, die an die Verhängung einer lebenslangen Sperre gestellt werden, bewusst war. Auch fehlt eine solche eingehende Begründung. Das Urteil erschöpft sich in der Ausführung, dass wegen der seit Jahren eingeschliffenen und einer therapeutischen Einwirkung kaum zugänglichen dissozialen Einstellungs- und Verhaltensmuster des Angeklagten – auch in der anstehenden mehrjährigen Haftzeit – das Ende seiner fehlenden Eignung innerhalb der gesetzlichen Höchstfrist einer zeitigen Sperre von fünf Jahren nicht ab-sehbar und somit nicht zu erwarten sei, dass die Anordnung der gesetzlichen Höchstfrist zur Abwehr der von ihm drohenden Gefahren ausreichen werde. Indes hätte es angesichts fehlender erheblicher Vorverurteilungen des vergleichs-weise jungen Angeklagten wegen Verkehrsdelikten sowie mangels wiederholter Entziehungen der Fahrerlaubnis insoweit näherer Ausführungen bedurft.“

Revision III: Rechtsbeschwerde gegen Verwerfung, oder: Hatte der Vertreter Vertretungsvollmacht?

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Und als letzte Entscheidung dann noch der OLG Brandenburg, Beschl. v. 06.04.2023 – 2 ORbs 54/23. Es handelt sich zwar nicht um eine Revisionsentscheidung, also passt „Revision III“ nicht ganz, aber Rechtsbeschwerde ist ja fast dasselbe 🙂

Hier ist dann aber mal eine Verfahrensrüge ausreichend begründet. Gerügt worden ist gegen ein Verwerfungsurteil, dass das Amtsgericht entgegen einer diesbezüglichen Zusage und Absprache in einem früheren Hauptverhandlungstermin einen durch die Verteidigung zu Beginn der (neuen) Hauptverhandlung nun gestellten Antrag, ihn von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden, rechtswidrig abgelehnt habe.

Dazu das OLG:

„1. Die Verfahrensrüge, mit der die Verteidigung im Einzelnen darlegt, aufgrund welcher Umstände das Amtsgericht den Betroffenen von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung gemäß § 73 Abs. 2 OWiG antragsgemäß hätte entbinden müssen, genügt den Begründungsanforderungen; die zugrunde liegenden Verfahrenstatsachen sind hinreichend vollständig mitgeteilt (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO, § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG).

Dies gilt auch insoweit, als sich das Beschwerdevorbringen nicht ausdrücklich darauf bezieht, dass die Verteidigerin, deren Unterbevollmächtigte für den Betroffenen zu Beginn der Hauptverhandlung den Entbindungsantrag gestellt hat, über die hierfür erforderliche besondere Vertretungsvollmacht (vgl. Göhler/Seitz/Bauer, OWiG 18. Aufl. § 73 Rn. 4) verfügte. Zwar hat sich die Rüge, das Gericht habe zu Unrecht ein Entbindungsantrag des Betroffenen abgelehnt, grundsätzlich auch dazu zu verhalten, dass der Vertreter, der den Entpflichtungsantrag gestellt hat, auch insoweit Vertretungsvollmacht hatte (vgl. Göhler aaO., § 74 Rn. 48b), wobei die Vertretungsvollmacht des Verteidigers ausreicht, wenn für diesen wie hier ein in Untervollmacht auftretender Verteidiger den Antrag stellt (Göhler aaO. § 73 Rn. 4). Das Rügevorbringen genügt gleichwohl auch im Hinblick darauf den Begründungsanforderungen, weil das Amtsgericht nicht nur die Ablehnung einer Entpflichtung nicht begründet hat (vgl. hierzu OLG Köln NZV 2005, 331, 332), sondern die Verteidigung auch substantiiert vorgetragen hat, dass mit dem Betroffenen die Antragstellung und Vertretung ausdrücklich abgesprochen war. Angesichts dieser Sachlage war ein näheres Eingehen auf das Vorliegen einer nachgewiesenen besonderen Vertretungsvollmacht ausnahmsweise entbehrlich.“

Und erfolgreich war das Rechtsmittel dann auch:

„2. Die Verfahrensrüge der Verletzung des § 73 Abs. 2 OWiG hat in der Sache bereits deshalb Erfolg, weil das Amtsgericht weder in seinem in der Hauptverhandlung ergangenen Beschluss noch in den Urteilsgründen dargelegt hat, warum es den Antrag des Betroffenen auf Entbindung abgelehnt hat.

Urteile, durch die ein Einspruch des Betroffenen gemäß § 74 Abs. 2 Satz 1 OWiG verworfen wird, sind so zu begründen, dass das Rechtsbeschwerdegericht die Gesetzmäßigkeit der Entscheidung nachprüfen kann (ständige Rechtsprechung der Senate des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, vgl. Beschl. v. 20. Februar 2007 – 1 Ss (OWi) 45/07; Beschl. v. 26. März 2012 – 2 Ss (OWi) 24/12; Beschl. v. 17. April 2014 – [2 B] 53 Ss-OWi 176/14 [92/14]; vgl. auch OLG Düsseldorf VRS 74, 284, 285 m. w. N.). Dies gilt auch insoweit, als das Amtsgericht einen Antrag des Betroffenen auf Entbindung von der Erscheinenspflicht abgelehnt hat; im Falle der Ablehnung eines Antrags ohne nähere Begründung hat sich das Tatgericht jedenfalls im Urteil mit der Frage auseinanderzusetzen, warum dem Antrag nicht zu entsprechen war, weil anderenfalls das Rechtsbeschwerdegericht nicht in der Lage ist, zu prüfen, ob das Amtsgericht in rechtsfehlerfreier Weise den Entbindungsantrag des Betroffenen abgelehnt hat (OLG Dresden, Beschl. v. 8. März 2005 – Ss [OWi] 141/05, zit. nach Juris mwN.).

Auf die Gründe der Ablehnung des Entpflichtungsantrages ist das Amtsgericht jedoch weder bei der Beschlussfassung noch in den Urteilsgründen eingegangen. Auch lag es hier ausweislich der mit der Beschwerdebegründung dargelegten Umstände keinesfalls offensichtlich und eindeutig auf der Hand, dass die Voraussetzungen von § 73 Abs. 2 OWiG nicht vorlagen, so dass es einer näheren, der Überprüfung in der Rechtsbeschwerdeinstanz zugänglichen Begründung insbesondere dazu bedurft hätte, warum das Amtsgericht die Anwesenheit des Betroffenen in der Hauptverhandlung zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhaltes für erforderlich erachtet hat.“