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Durchsuchungsbeschluss, oder: Was wird gesucht?

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Auch die zweite Entscheidung, die ich heute vorstelle, ist eine verfahrensrechtliche BGH-Entscheidung. Sie behandelt eine Problematik aus dem Bereich der Durchsuchung. Es handelt sich um den Beschluss des Ermittlungsrichters des BGH, und zwar der BGH, Beschl. v. 28.06.2017 – 1 BGs 148/17. Der Ermittlungsrichter des BGH hatte drei Durchsuchungsbeschlüsse erlassen, die vom GBA vollzogen wurden. Den Betroffenen wurden bei Vollzug nur Beschluss­ausfertigungen ohne Gründe ausgehändigt. Dem Antrag der Betroffenen auf Übermittlung von Ausfertigungen vollständig begründeter Beschlüsse kam der GBA dann später nach. Auf Antrag der Betroffenen, gem. § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO analog die Rechtswidrigkeit der Art und Weise der Durchführung der Durchsuchung festzustellen, hat der Ermittlungsrichter beim BGH festgestellt, dass der Vollzug der Beschlüsse insoweit rechtswidrig war, als den Betroffenen Beschlussausfertigun­gen übergeben wurden, die keine Angaben über die Tatschen enthielten, die es wahrscheinlich erscheinen ließen, dass sich die gesuchten Beweismittel in dem jeweiligen Durchsuchungsobjekt befinden.

Dazu die beiden ersten Leitsätze der Entscheidung:

1. Dem von einer Durchsuchungsmaßnahme nach § 103 StPO betroffenen Dritten ist grundsätzlich bei Vollzug der Maßnahme eine Ausfertigung des Anord­nungsbeschlusses mit vollständiger Begründung auszuhändigen.

2. Die Bekanntgabe der (vollständigen) Gründe kann in Ausnahmefällen bei einer Gefährdung des Untersuchungserfolgs oder entgegenstehender schutzwürdiger Belange des Beschuldigten vorläufig zurückgestellt werden.

Es gibt dann noch einen dritten Leitsatz, der lautet:

3. Die Zurückstellung der Bekanntgabe umfasst jedoch im Regelfall nicht die Mit­teilung der Tatsachen, aus denen sich die Wahrscheinlichkeit ergibt, dass sich die gesuchten Gegenstände in den Räumlichkeiten des Drittbetroffenen befin­den.

Dazu aus der Begründung:

„aa) Dem Betroffenen ist stets eine Ausfertigung der richterlichen Entscheidung zu übergeben, in der die Gegenstände, auf die sich die Maßnahme erstecken soll, konkret bezeichnet werden. Denn nur so kann der Betroffene die Durchsuchung kontrollieren und etwaigen Ausuferungen im Rahmen seiner rechtlichen Möglichkeiten von vorneherein entgegentreten (vgl. BVerfG, BVerfGE 103, 142 Rn. 35). Für den Drittbetroffenen im Sinne des § 103 StPO ergibt sich dies auch aus dem Umstand, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hier gebieten kann, dem Betroffenen eine Abwendungsbefugnis durch freiwillige Herausgabe der gesuchten Gegenstände einzuräumen.

bb) Die Gefährdung des Untersuchungserfolges beziehungsweise die schutzwürdigen Belange des Beschuldigten stehen im Regelfall der Mitteilung der Tatsachen, die die Annahme begründen, dass sich die gesuchten Gegenstände bei dem betroffenen Dritten befinden (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt/ Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 103 Rn. 6), nicht entgegen. Der entsprechende Teil der Beschlussgründe ist dem Drittbetroffenen daher grundsätzlich bereits bei der Durchsuchung bekannt zu geben, denn nur so kann der Drittbetroffene überprüfen, ob ungeachtet der generellen Rechtmäßigkeit einer Maßnahme gegen den Beschuldigten die Ermittlungsbehörden rechtmäßig Maßnahmen gegen ihn ergriffen haben.“

Die Aussage ist m.E. nicht ganz unwichtig: Denn muss die ausgehändigte Beschlussausfertigung bei einer Maßnahme nach § 103 StPO die Übersicht derjenigen Gegenstände enthalten, die bei der Durchsuchung vorgefunden werden sollen und die Gründe für die Wahrscheinlichkeit der Auffindung nenen, weil nur dann dem Betroffenen die Kontrolle während der laufenden Maßnahme und nicht erst später möglich ist, setzt das natürlich voraus, dass im Beschluss diese Darlegungen auch enthalten sind. Das setzt der BGH unausgesprochen voraus.