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Zwei Handyverstöße sind noch keine „Beharrlichkeit“, oder: Passt dann aber doch.

© Steve Young - Fotolia.com

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Nachdem ich gestern über die Blitzer-App auf dem Smartphone und den dazu ergangenen OLG Celle, Beschl. v. 03.11.2015 – 2 Ss (OWi) 313/15 berichtet habe (vgl. Die Blitzer-App auf dem Smartphone – lieber nicht, das gibt nämlich ein Bußgeld) heute dann schon wieder Handy/Smartphone, nun aber in Zusammenhang mit einer Fahrverbotsfrage, die zeigt, wie gefährlich die Dinger im Straßenverkehr sind/sein können.

Man weiß: Ein Fahrverbot kann nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG auch dann verhängt werden, wenn eine „beharrliche Pflichtverletzung“ vorliegt. Die damit zusammenhängenden Fragen sind allerdings nicht so einfach zu beantworten, weil es eine gesetzliche Regelung dazu nicht gibt. Deshalb werden an der Stelle auch immer wieder Fehler gemacht, weshalb in der Frage einiges an Verteidigungspotential steckt. Das zeigt dann auch der OLG Hamm, Beschl. v. 17.09.2015 – 1 RBs 138/15 – bei dem es u.a. auch um Handyverstöße ging -, auch wenn er nicht zu einem Erfolg für den Betroffenen geführt hat.

Das AG hatte gegen den Betroffenen wegen Beharrlichkeit ein Fahrverbot verhängt: Nach der „.. gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Gerichts ist bei sogenannten Handyverstößen eine beharrliche Pflichtverletzung im vorbezeichneten Sinne gegeben, wenn drei oder mehr einschlägige Vorbelastungen vorliegen oder zwei einschlägige Vorbelastungen vorliegen und die verfahrensgegenständliche Tat binnen Jahresfrist nach der letzten einschlägigen Vorbelastung begangen worden ist.“ Das OLG meint, das sei,

„im Hinblick auf die hier relevanten sog. „Handyverstöße“ rechtlich bedenklich.

Beharrliche Pflichtverletzungen liegen vor, wenn ein Verkehrsteilnehmer durch die wiederholte Verletzung von Rechtsvorschriften erkennen lässt, dass es ihm an der für die Teilnahme am Straßenverkehr erforderlichen rechtstreuen Gesinnung und der notwendigen Einsicht in zuvor begangenes Unrecht fehlt (vgl. nur: BGH NJW 1992, 1398; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.04.2014 – IV – 2 RBs 37/14 = BeckRS 2014, 16347).Bei der Beurteilung, ob ein Verstoß beharrlich ist, kommt es auf die Zahl der Vorverstöße, ihren zeitlichen Abstand (OLG Düsseldorf a.a.O.; OLG Hamm NStZ-RR 2015, aber auch auf ihren Schweregrad an (vgl. insoweit: BayObLGSt 2003, 132, 133; OLG Hamm NStZ-RR 2014, 59). Mangelnde Rechtstreue wird sich daher eher bei gravierenden Rechtsverstößen zeigen, kommt aber auch bei einer Vielzahl kleiner Rechtsverstöße in Betracht. Bei den sog. „Handyverstößen“ handelt es sich – gemessen an ihrer Einordnung im Bußgeldkatalog (Nr. 246) mit einer vergleichsweise geringen Geldbuße – um solche eher leichteren Rechtsverstöße, wobei sie aber in der Bandbreite der leichteren Rechtsverstöße eher im oberen Bereich anzusiedeln sind, was sich aus der Bewertung (nach neuem Recht) mit einem Punkt und damit der gesetzgeberischen Einordnung als „verkehrssicherheitsbeeinträchtigende Ordnungswidrigkeit“ (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. s StVG) ergibt. Hier schon grundsätzlich bei zwei einschlägigen Vorverstößen, der letzten Vorbelastung innerhalb eines Jahres vor der neuen Tat, von einer Beharrlichkeit auszugehen, völlig ungeachtet dessen, aus welcher Zeit die erste einschlägige Vorbelastung stammt, erscheint dem Senat gleichwohl nicht überzeugend. Erforderlich ist nämlich auch, dass ein innerer Zusammenhang i.?S. einer auf mangelnder Verkehrsdisziplin beruhenden Unrechtskontinuität zwischen den Zuwiderhandlungen besteht (OLG Hamm a.a.O. m.w.N.). Das kann bei diesen vom Amtsgericht aufgestellten Rechtssätzen der Fall sein, muss es aber nicht. Konkret war es hier so, dass der erste der beiden „Handyvorverstöße“ am 10.01.2012 begangen und am 16.01.2012 mit Bußgeldbescheid geahndet worden ist. Der zweite einschlägige Vorverstoß wurde am 04.03.2014 begangen und mit Bußgeldbescheid vom 11.03.2014 geahndet. Es folgte dann der jetzige Verstoß am 16.09.2014. Hier bestehen wegen des langen Zeitraums zwischen der Ahndung des ersten einschlägigen Vorverstoßes und der Begehung des zweiten einschlägigen Vorverstoßes (immerhin mehr als zwei Jahre) Zweifel an einer solchen Unrechtskontinuität, wenn man allein die „Handyverstöße“ in den Blick nimmt.

Aber: „Gereicht“ hat es dann trotzdem: Der Senat hält gleichwohl eine beharrliche Pflichtverletzung für gegeben, wenn man alle im angefochtenen Urteil aufgeführten Vorverstöße seit dem ersten „Handyverstoß“ berücksichtigt. Denn zwischen den beiden einschlägigen Vorverstößen hat der Betroffene zwei nicht unerhebliche Geschwindigkeitsverstöße (jeweils um 22 km/h) begangen, die mit Bußgeldbescheide von 29.05.2013 bzw. 09.01.2014 mit Geldbußen geahndet worden sind.

M.E. passt die Entscheidung, und zwar in beiden Punkten: Zwei Handyverstöße sind noch keine „Beharrlichkeit“, aber wenn die anderen Verstöße dazu kommen….

Entziehung der Fahrerlaubnis 19 Monate nach der Tat? – in Erfurt ja

© sashpictures - Fotolia.com

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19 Monate nach der Tat noch Entziehung der Fahrerlaubnis? Geht das? Das LG Erfurt sagt im LG Erfurt, Beschl. v. 23.10.2014 – 7 Qs 199/14: Ja, das geht. Und zwar auf der Grundlage folgenden zeitlichen Ablaufs:

  • 20.12.2012 vorgeworfene Unfallflucht
  • 25.03.2013 Anklage
  • 26.11.2013 Zulassung der Anklage
  • Vorgesehene Hauptverhandlungstermine (30.01.2014, 12.03.2014, 04.06.2014, 02.07.2014) werden aus diversen Gründen verlegt bzw. aufgehoben
  • 10.07.2014 Antrag der StA, dem Angeklagten die Fahrerlaubnis vorläufig zu entziehen.
  • 18.07.2014 vorläufige Entziehung
  • 04.08.2014 Beschwerde eingelegt.
  • 23.10.2014 Beschwerdeentscheidung

Das LG hat keine Bedenken hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit/wegen des langen Zeitablaufs:

„Vorliegend ist die Anordnung der Entziehung der Fahrerlaubnis trotz des zwischenzeitlichen Zeitablaufs von ca. einem Jahr und sieben Monaten nach dem Tatgeschehen auch verhältnismäßig.

Zwar ist die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO eine Präventivmaß­nahme, die der Allgemeinheit Schutz vor weiteren Verkehrsstraftaten gewähren soll. Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis muss dabei auch im Einzelfall dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen. Dieser Grundsatz setzt staatlichen Eingriffen Grenzen, die insbesondere durch Abwägung der in Betracht kommenden Interessen zu ermitteln sind.

Es ist aber hier nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht dem öffentlichen Interesse am Schutz anderer Verkehrsteilnehmer vor ungeeigneten Kraftfahrern den Vorrang vor dem Interesse des Angeklagten am Bestand seiner Fahrerlaubnis beigemessen hat.

Mit Blick auf die gebotene Beschleunigung hinsichtlich strafprozessualer Eingriffe in Grund- rechte sowie den Charakter als Eilmaßnahme verneinen allerdings Teile der Rechtsprechung die Berechtigung des Staates zur vorläufigen Einziehung der Fahrerlaubnis nach Eintritt eines gewissen Zeitablaufs zwischen Tatgeschehen und Anordnung. Dabei werden zum Teil — wie vom Verteidiger zitiert — bereits Entziehungen nach Ablauf von Zeitspannen zwischen vier (vgl. LG Trier, VRS 63, S. 210 f.) und fünf Monaten (vgl. LG Kiel, StV 2003, S. 325) als unverhältnismäßig angesehen (vgl. auch Meyer-Goßner, § 111a StPO, 56. Aufl., Rn. 3 mwN.). Nach anderer Ansicht lässt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz aber die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis auch noch in einem späteren Verfahrensabschnitt zu (vgl. OLG München, NJW 1992, S. 2776 f.: nach drei Jahren; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 15.03.2005, 2 BvR 364/05: 15 Monate).

In Hinblick auf die aus dem dringenden Tatverdacht sprechende grobe Verkehrswidrigkeit des Verhaltens des Angeklagten ist der Sicherheit des Straßenverkehrs Vorrang gegenüber dem eingetretenen Zeitablauf und der hier– bis zur erstmaligen Terminierung durch das Amtsgericht — zu erkennenden Verfahrensverzögerung einzuräumen. Es liegen keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass die durch die Tat zum Ausdruck kommende Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen zwischenzeitlich weggefallen sei.

Auch wenn der Antragsteller seit der Anlasstat beanstandungsfrei am Straßenverkehr teilgenommen hat, führt dies unter Beachtung der Wertung des Gesetzgebers, dass der Täter einer Unfallflucht in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen ist, nicht zwangsläufig dazu, die Ungeeignetheit zu negieren. Dies gilt hier unter Berücksichtigung des in der Akte enthaltenen Fahreignungsregisters beim Kraftfahrtbundesamt bezüglich des Angeklagten umso mehr. Dieses weist seit 2009 die Begehung von fünf Ordnungswidrigkeiten — in zwei Fällen mit einem Fahrverbot sanktioniert — aus.

Die Bedeutung der Verfahrensdauer wird zudem dadurch gemindert, dass die unterbliebene Verfahrensbeschleunigung nicht den Zeitraum der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis selbst betrifft.

Auch Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes wiegen hier nicht besonders schwer, weil der Angeklagte — ausweislich der ihm zugestellten Anklageschrift vom 25.03.2013, die von der Ungeeignetheit des Angeklagten zum Führen von Kraftfahrzeugen bereits ausgeht — die Möglichkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis im Hauptverfahren ernsthaft in Betracht ziehen musste. Dass das Amtsgericht ursprünglich bei zeitnaher Hauptverhandlung das Ergebnis der Beweisaufnahme abwarten wollte, eine solche sich unabhängig von der Verursachung der einzelnen Terminsverschiebungen jedoch nicht realisieren ließ, aber nunmehr aufgrund vorgenannter Gesamtumstände die vorläufige Entziehung für erforderlich erachtet, hat den Angeklagten insofern auch nicht benachteiligt.“

Für mich nicht nachvollziebar, auf jeden Fall ein Ausreißer, der sich nach „Retourkutsche“ liest, weil offenbar der Verteidiger/Angeklagte zu häufig Terminsverlegungen beantragt hat. Da ist aber die vorläufige Entziehung kaum das richtige Mittel, um darauf zu reagieren. Und schon gar nicht, wenn zunächst bewusst von der vorläufigen Entziehung abgesehen worden ist. Zudem frgat man sich: Was hat das AG eigentlich acht Monate von der Anklageerhebung bis zur Zulassung gemacht – offenbar nichts. Aber schnell scheint man in Erfurt eh nicht zu sein,. Denn das Beschwerdeverfahren beim LG hat auch mehr als zwei Monate gedauert.

Viele Voreintragungen – das gibt auf jeden Fall ein Fahrverbot, auch wenn es lange her ist

entnommen Wikimedia.org, Quelle: Bundesdruckerei: Fotoarchiv

entnommen Wikimedia.org,
Quelle: Bundesdruckerei: Fotoarchiv

Mit einer – auch in meinen Augen (der Kollege, der mit die Entscheidung geschickt hat, sieht es mir hoffentlich nach – recht eindeutigen Fahrverbotsfrage befasst sich der OLG Schleswig, Beschl. v. 30.09.2014 –  1 Ss OWi 171/14 (177/14). Es geht nämlich um die Frage des Zusammenspiels einer großen Zahl (acht) auch einschlägiger früherer Verkehrsverstöße und längerem Zeitablauf auf die Verhängung eines Fahrverbots. Der eine Umstand spricht ja ggf. für ein Fahrverbot, der andere dagegen. Das OLG hat sich für „dagegen“ entschieden:

„Der Zeitablauf allein von weniger als zwei Jahren rechtfertigt noch nicht das Absehen von der Verhängung des Regelfahrverbots, wie die Staatsanwaltschaft zutreffend ausführt. Das Amtsgericht hat richtig gesehen, dass bei Vorliegen besonderer Um stände von der Verhängung des Regelfahrverbots abgesehen werden kann und hat sich dabei ausführlich mit der Frage befasst, ob Umstände vorliegen, die gegen eine grobe Pflichtverletzung sprechen oder für eine Existenzgefährdung oder anderweitige besondere Härten sprechen könnten, und diese verneint. Es hat dabei entscheidend darauf abgestellt, dass durch das Schweigen des Angeklagten insgesamt keine Gesichtspunkte dafür bekannt geworden seien, dass hier von dem Regelfahrverbot abzusehen sei. Ohne dies ausdrücklich auszusprechen, umfasst die Argumentation des Amtsgerichts damit aber alle Umstände, die allein anhand der Angaben des Betroffenen aufgedeckt werden können. Dafür, dass der Betroffene durch die relativ lange Verfahrensdauer so beeindruckt worden sei, dass der Besinnungs- und Erziehungseffekt auch auf andere Weise als durch ein Fahrverbot erreicht werden könne, kann ohne entsprechende Angaben des Betroffenen nicht festgestellt werden. Für diese Annahme spricht auch nach den Urteilsgründen nichts. Vielmehr drängt sich wegen der großen Zahl (acht) auch einschlägiger früherer Verkehrsverstöße die Verhängung eines Fahrverbots geradezu auf, um den Betroffenen endlich zur Besinnung zu bringen.“

Acht Monate nichts getan, dann aber die Fahrerlaubnis noch vorläufig entziehen?

hawk88_Calendar_1Die zeitliche Abfolge der Verfahrensereignisse in einem beim LG Dresden anhängigen Verfahren, in dem dem Beschuldigten die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen worden ist, ist schon bemerkenswert, und zwar:

  • 18/19.102.2013 (angebliche) Trunkenheitsfahrt
  • 22.10.2014 Vernehmung der tatrelevanten Zeugen/Befundbericht der Uni Leipzig
  • 22.01.2014 Abschlussbericht der Polizei
  • 10.06.2014 Antrag auf vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis
  • 13.06.2014 Beschluss des AG Leipzig über vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis
  • 27.06.2014 Beschlagnahme des Führerscheins

Das LG Leipzig sagt im LG Leipzig, Beschl. v. 23.09.2014 – 1 Qs 329/14 – offenbar schweren Herzens: So nicht:

„Dass die Staatsanwaltschaft erst längere Zeit nach der Tatbegehung die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis beantragt, steht der Anordnung der Maßnahme auch grundsätzlich nicht entgegen. Insoweit kann auch noch ein Jahr nach der Tat die Anordnung des § 111a StPO gerechtfertigt sein, sofern noch weitergehende Ermittlungen zur Sachverhaltsaufklärung erforderlich gewesen wären.

Im vorliegenden Fall muss jedoch Berücksichtigung finden, dass die wesentlichen Ermittlungen bereits mit Eingang des Befundberichtes am 22.10.2013 und der Vernehmung der benannten Zeugen, die ebenfalls noch im Oktober 2013 vorgenommen wurde, bereits ausreichende Anhaltspunkte dafür bieten, dass dringende Gründe für die Annahme einer Anordnung nach § 111a StPO vorgelegen haben.

Desweiteren war zu berücksichtigen, dass zwischen dem polizeilichen Schlussbericht mit Datum vom 22.01.2014 und dem Antrag auf Erlass eines §111a-StPO-Beschlusses mit Verfügung vom 10.06.2014 viereinhalb Monate vergangen sind, in denen keine weitergehenden Ermittlungen zur Aufklärung des Sachverhaltes vorgenommen wurden.

Auch unter Berücksichtigung des dringenden Tatverdachtes und des Umstandes – auf den das Amtsgericht Leipzig zu Recht hinweist – dass bei der Bestätigung einer Alkoholkonzentration in dieser Höhe die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen sein wird, hat der Beschwerdeführer – jedoch lediglich im vorläufigen Verfahren – derzeit – wohl kurzfristigen – Erfolg.

Warum „schweren Herzens“? Nun der letzte Absatz zeigt m.E., dass dem LG eine andere Entscheidung lieber gewesen wäre. An der Aufhebung kam es dann aber wohl angesichts der insoweit doch eindeutigen obergerichtlichen Rechtsprechung nicht vorbei. Und ob es ein „kurzfristiger Erfolg“ ist, das wird man sehen. Zunächst mal muss das AG verhandeln und dann sicherlich berücksichtigen, dass seit dem Vorfall inzwischen fast ein Jahr vergangen ist, in dem der Beschuldigte (hoffentlich) rund neun Monate unbeanstandet am Straßenverkehr teilgenommen hat. Da wird es mit der Regelvermutung des § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB nicht so ganz einfach. Kann also auch ein „langfristiger Erfolg“ werden.

Verfahrensverzögerung durch Rechtsmittel, ok, beim Fahrverbot zählt das aber nicht…

© frogarts - Fotolia.com

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Der Kollege, der in dem dem AG Schwerte, Urt. v. 05.06.2014 – 10 Owi 573 Js 42/13 – verteidigt hat, hat mir das AG-Urteil mit der Anmerkung übersandt, dass er Rechtsbeschwerde eingelegt hat, weil anch seiner Auffassung 1 1/2 Jahre nach dem Verkehrsverstoß ein Fahrverbot nicht mehr erforderlich sei. Nun, darum kann man angesichts der Gesamtumstände streiten. Ich neige eher dazu, dass derzeit wohl von einem Fahrverbot nicht abzusehen ist – Vorsatz, Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung. Unzutreffend sind m.E. aber die Ausführungen des AG betreffend die Frage „auf welchen Umständen beruht der lange Zeitablauf?“. Da führt das AG aus:

Vorliegend hält das Gericht die Anordnung des Fahrverbots trotz der langen Verfahrensdauer aus erzieherischen Gründen für geboten.

Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auf welchen Umständen, die lange Verfahrensdauer beruht. Zwar waren Terminsverlegungen z.T. auch durch Verhinderung von Zeugen notwendig, Verzögerungen sind aber schließlich auch durch die Einlegung des Rechtsmittels eingetreten. Zwar muss es dem Betroffenen unbenommen bleiben, sich aller zu seiner Verteidigung für notwendig erachteten zulässigen prozessualen Mittel zu bedienen, andererseits würde es aber dem Zweck der BKatV zuwiderlaufen, wenn ein Betroffener durch sein Prozessverhalten die vom Verordnungsgeber bei bestimmten schwerwiegenden Verkehrsordnungswidrigkeiten für notwendig erachtete Nebenfolge des Fahrverbots dadurch unterlaufen könnte, dass er gezielt zu einer möglichst späten Entscheidung über seinen Einspruch beiträgt, um sich sodann darauf zu berufen, das Fahrverbot sei infolge lange zurückliegender Tat nicht mehr gerechtfertigt (OLG Köln NZV 2000, 217).

Die Auffassung des AG zur Berücksichtigung von „Zeitverlust“, der durch Rechtsmittel eingetreten ist, entspricht m.E. nicht der h.M. in der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. dazu Burhoff/Deutscher, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 3. Aufl., Rn. 933). Jedenfalls muss man m.E. die Zeit, die durch Einlegung von Rechtsmittel – verfassungsmäßiges Recht des Betroffenen – verloren gegangen ist berücksichtigen (so auch OLG Zweibrücken, Beschl. v. 25.08.2011 – 1 SsBs 24/11). Entscheiden wird das OLG die Frage aber im Zweifel nicht, sondern sich auf die anderen Umstände zurückziehen. Aber vielleicht überrascht es uns ja auch und es gibt ein „obiter dictum“.