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Wirksame Entziehung der Fahrerlaubnis auf Probe?, oder: Zu kurze Fristsetzung?

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Im zweiten Posting geht es dann um die Entziehung einer Fahrerlaubnis auf Probe.

Ergangen ist der VG Gießen, Beschl. v. 09.12.2024 – 6 L 4196/24.GI – im Verfahren betreffend den vorläufigen Rechtsschutz. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

„Am 18. Juni 2022 beging der Antragsteller eine Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften um 22 km/h, die mit einer Geldbuße in Höhe von 100 Euro geahndet wurde (Bl. 13 der Behördenakte – BA –).

Mit Schreiben vom 5. Januar 2023 (Bl. 14 der BA) verwarnte der Antragsgegner den Antragsteller und legte ihm nahe, freiwillig bis zum 6. März 2023 an einer verkehrspsychologischen Beratung teilzunehmen. Diese Verfügung wurde dem Antragsteller gegen Postzustellungsurkunde übermittelt; die Zustellung erfolgte am 7. Januar 2023 (Bl. 18 der BA). Im Januar 2023 überwies der Antragsteller unter Angabe des entsprechenden Kassenzeichens die Verwaltungskosten von 22,00 Euro an den Antragsgegner (Bl. 39 der BA).

In der Folgezeit beging der Antragsteller weitere Verkehrszuwiderhandlungen; verbotswidriges Parken auf dem Gehweg in Köln am 13. April 2024 und eine Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften um 29 km/h am 13. Juni 2024 (Bl. 25, 26 der BA). Daraufhin hörte der Antragsgegner den Antragsteller mit Schreiben vom 25. September 2024 zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 2a Abs. 2 S. 1 Nr. 3 StVG an und gab ihm Gelegenheit, sich gemäß § 28 Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetz – HVwVfG – bis zum 10. Oktober 2024 zu der beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis zu äußern.

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 7. Oktober 2024 machte der Antragsteller geltend, ihm sei eine Verwarnung nach § 2a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 StVG nie zugegangen. Er habe lediglich an einem Aufbauseminar teilgenommen. Die nach § 2a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 StVG notwendige schriftliche Verwarnung mit der Anregung, an einer verkehrspsychologischen Beratung teilzunehmen, sei von der Fahrerlaubnisbehörde nicht ausgestellt und ihm nicht zugeleitet worden. Dies sei aber für die Entziehung nach § 2a Abs. 2 S. 1 Nr. 3 StVG notwendig, weshalb ihm auf dieser rechtlichen Grundlage die Fahrerlaubnis nicht entzogen werden könne. Unter Bezugnahme auf dieses Schreiben des Bevollmächtigten des Antragstellers wies der Antragsteller mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2024 auf die Zustellung der Verwarnung vom 5. Januar 2023 am 7. Januar 2023 mit Postzustellungsurkunde und den Umstand hin, dass der Antragsteller auch die darin festgesetzte Verwaltungsgebühr in Höhe von 22,00 Euro bezahlt hat (Bl. 40 der BA). Zugleich übermittelte der Antragsgegner den Scan der Verwarnung inklusive Postzustellungsurkunde an den Bevollmächtigten des Antragstellers und verlängerte die Frist zur Stellungnahme.

Mit weiterem Schriftsatz des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 14. Oktober 2024 wurde sodann geltend gemacht, eine Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 2a Abs. 2 S. 1 Nr. 3 StVG sei nicht möglich, da der Tatbestand dieser Vorschrift nicht erfüllt sei. Es fehle an der Setzung einer Zweimonatsfrist. Das am 7. Januar 2023 zugestellte und vom Antragsteller frühestens am 8. Januar 2023 zur Kenntnis genommene Schriftstück sehe eine Frist bis zum 6. März 2023 vor, dies sei allerdings keine zweimonatige Frist.

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Entziehungsbescheid anzuordnen, hatte teilweise Erfolg. Es hat festgestellt, dass der von dem Antragsteller erhobene Widerspruch gegen verfügte Anordnung der Ablieferung des Führerscheins aufschiebende Wirkung hat. Es hat außerdem die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet, soweit dem Antragsteller die Entziehung des Führerscheins im Wege der Ersatzvornahme für den Fall der nicht fristgerechten Ablieferung des Führerscheins angedroht wurde. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt.

Wegen der Einzelheiten bitte den Volltext lesen. Hier – auch nur – die Leitsätze, nämlich:

1. Ist offensichtlich, dass die unwesentlich zu kurz bemessene Frist die Entscheidung des Antragstellers, an einer freiwilligen verkehrspsychologischen Beratung teilzunehmen, nicht beeinflusst hat, so ist diese Verletzung von Verfahrensvorschriften auch ohne Einfluss auf die Berechtigung, bei erneuter Verkehrszuwiderhandlung die Fahrerlaubnis zu entziehen.

2. Im Rahmen des § 46 VwVfG ist dabei ausschließlich das Kausalverhältnis zwischen der unwesentlich zu kurz bemessenen Frist und deren Einfluss auf die Entscheidung des Antragstellers, an einer freiwilligen verkehrspsychologischen Beratung teilzunehmen, zu betrachten.

3. Insoweit ist im Licht des Zwecks der Fristbestimmung nur zu fragen, ob eine fehlerhafte Fristbestimmung offensichtlich keinen Einfluss auf die Überlegung und Willensentschließung zur Teilnahme an der nahegelegten Beratung hatte.

Kurios III, oder besser: „Brüller“: Ist das Jobcenter eine „Behörde“?

entnommen openclipart.org

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Mit „Kurios III … „entlasse ich die Leser nun in die Walpurgisnacht oder/und manchen sicherlich auch in ein verlängertes Wochenende. Allerdings: „Kurios III“ passt m.E. nicht, für mich ist es der „Brüller“. Es geht um das das VG Gießen, Urt. v. 24.02.2014 – 4 K 2911/13 GI. Geklagt worden war wegen der Herausgabe der Telefonliste des „Jobcenter“ Gießen. Insoweit nichts Neues – das hatten wir schon mal beim VG, Aachen, Urt. v. 17.07.2013 – 8 K 532/11 und dazu Ich will das gerichtliche Telefonverzeichnis haben….. Aber eine Passage in dem VG Gießen-Urteil ist neu und – für mich – der Brüller:

„Zwar hat das Gericht erhebliche Zweifel daran, dass es sich bei dem Beklagten um eine Behörde oder Bundeseinrichtung handelt. Nach § 23 Abs. 1 VwVfG ist die Amtssprache und nach § 184 GVG ist die Gerichtssprache deutsch. Bei der Bezeichnung „Jobcenter“ handelt es sich indes gerade nicht um eine aus der deutschen Sprache herrührende Begrifflichkeit. Von daher ist mehr als fraglich, ob eine unter dem Begriff „Jobcenter“ firmierende Einrichtung eine deutsche Verwaltungsbehörde sein kann Dies gilt ungeachtet dessen, dass im Bereich der öffentlichen Aufgabenwahrnehmung in letzter Zeit vermehrt Anglizismen und andere Fremdworte Einzug gefunden haben, denn einer ordentlichen hoheitlichen deutschen Verwaltung ist auch eine deutsche Begrifflichkeit immanent. So gibt es in Hessen derzeit das „HCC— Hessisches Competence Center“, „Hessen Mobil“, „Hessisches Immobilienmanagement“ und auch bundesweit den Begriff „Agentur für Arbeit“, was aber noch nicht belegt, dass hiermit auch tatsächliche deutsche Verwaltungsbehörden gemeint sind; denn diese Bezeichnungen können auch unschwer mit aussagekräftigen, althergebrachten und einprägsamen Wörtern der deutschen Sprache belegt werden, etwa mit „Hessische Buchungsstelle“, „Hessisches Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen“, „Hessische Liegenschaftsverwaltung“ oder schlicht „Arbeitsamt“, wie es früher auch üblich und – besser- verständlich war. Einer alten Verwaltungsstruktur einen Fremdnamen zu geben modernisiert weder die Verwaltung noch gibt es andere Notwendigkeiten zur Verwendung fremdsprachlicher Begrifflichkeiten. Auch in der Gerichtsbarkeit findet vermehrt der Ausdruck „E-justice“ Verwendung, was ebenfalls auf ein fehlendes oder aber zumindest fehlerhaftes deutsches Sprachbewusstsein schließen lässt, denn justice bezeichnet gerade den altbewährten Begriff Gerichtsbarkeit. Dankenswerter Weise darf das Gericht noch als Verwaltungsgericht entscheiden und muss sich —noch- nicht „administrative court“ nennen und auch der HessVGH muss noch nicht als „hessian administrative court of appeal“ Recht sprechen. Aus Sicht des Gerichts haben derartige Anglizismen oder andere Fremdworte weder in der deutschen Gerichtsbarkeit noch im deutschen Behördenaufbau einen Platz. Bei weiterem Fort- schreiten derartiger sprachlicher Auswüchse erscheint infolge der verursachten Verwirrung die Funktionsfähigkeit des Verwaltungshandelns insgesamt gefährdet (vgl Die Heilige Schrift, 1. Mose 11, Verse 1, 7-9). Auch die Bezeichnung des Beklagten hätte man besser bei der alten Begrifflichkeit „Sozialamt“ belassen und statt der neu- deutschen Bezeichnung „Kunden“ trifft der Begriff „Antragsteller“ den Kern der Sache besser, denn im allgemeinen Sprachgebrauch ist der Kunde König, was im Aufgabenbereich des Beklagten wohl nur seltenst der Fall ist. Ungeachtet dieser Zweifel ist aber der Beklagte zur Überzeugung des Gerichts richtiger Beklagter und materiell passivlegitimiert, denn er geriert sich zumindest als Behörde bzw. Bundeseinrichtung mit der Folge, dass ihn auch der Anspruch aus dem IFG trifft. Der Beklagte handelt innerhalb der deutschen Rechtsordnung wie eine Behörde und gibt sich, um einmal in der Begrifflichkeit des Beklagten zu bleiben, auch den „touch“ einer Behörde. Er agiert hoheitlich und mittels Verwaltungsakt und ist damit im Rechtsverkehr demzufolge auch wie eine Behörde zu behandeln.“

Nun, da bin ich aber beruhigt, dass das VG das „Jobcenter“ dann doch noch als Behörde angesehen hat. Wenn ist das Urteil allerdings so lese, frage ich mich, ob beim VG eigentlich nichts zu tun ist, dass man Zeit hat, sich dazu auszulassen. Und ich bin auch ein ganz wenig – aber nur heimlich – froh, dass ich nie Verwaltungsrecht gemacht habe.

Kampfdackel?

entnommen wikimedia.org Urheber BUHR

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Urheber BUHR

Bei LTO bin ich vor einigen Tagen auf den Bericht zum VG Gießen, Urt. v. 17.03.2014 – 8 K 1563/13.GI – gestoßen. Im Verfahren ging es um die KLage eines Dackelbesitzers gegen seine Veranlagung zur Hundesteuer für seinen Dackel. Der Dackel war als gefährlicher Hund charakterisiert worden, nachdem er einem Nachbarn ins Bein gebissen hatte. Deshalb sollte der Hundebesitzern nun 500 statt 50 € Steuern pro Jahr zahlen. So sieht es die entsprechende Satzung der Gemeinde Dautphetal vor.

Der Kläger hatte beim VG Gießen keinen Erfolg. Die Voraussetzungen dafür, dass der Dackel als gefährlich gelte könne, lagen nach Auffassung des VG vor. Auf den Volltext bin ich gespannt. Denn der Dackel soll den Nachbarn nur deshalb ins Bein gebissen haben, weil dieser zuvor Steine auf den Hund geworfen habe. Wie man mit der „Einlassung“ wohl umgegangen ist?

An Schulen dürfen Köpfe rauchen, aber Lehrer keine E-Zigaretten

An Schulen (in Hessen) dürfen Köpfe rauchen, aber Lehrer keine E-Zigaretten.Das hat jetzt das VG Gießen entschieden, worüber LTO berichtet hat, und zwar wie folgt, ich zitiere:

VG Gießen zu rauchendem Lehrer

Auch E-Zigaretten auf dem Schulhof nicht erlaubt

In hessischen Schulen und auf Schulhöfen dürfen neben herkömmlichen Zigaretten auch keine E-Zigaretten geraucht werden. Dies geht aus einem kürzlich bekannt gegebenen Urteil des VG Gießen hervor. Das Gericht hat damit einem Schulleiter Recht gegeben, der einem Lehrer den Zigarettenersatz verboten hatte.

Ein Lehrer hatte sich gegen die Anweisung seines Schulleiters gewehrt, der ihm das Zeigen und Nutzen einer elektronischen Zigarette (E-Zigarette) auf dem Schulgelände untersagt hatte. Der Pädagoge argumentierte damit, dass die E-Zigarette nicht unter das Nichtraucherschutz- und Schulgesetz falle.

Dieser Ansicht folgte das Verwaltungsgericht (VG) Gießen nicht und gab dem Schulleiter überwiegend Recht (Urt. v. 20.02.2013, Az. 5 K 455/12.GI). Das Rauchen sei im Schulgebäude und auf dem Schulgelände nicht gestattet (§ 3 Abs. 9 Satz 2 HSchG). „Rauchen“ im Sinne dieser Vorschrift sei auch das Inhalieren einer E-Zigarette.

Vorbildfunktion unterstützt Rauchverbot

Die Kammer verwies zudem darauf, dass es nicht nur um den Nichtraucherschutz vor dem Passivrauchen gehe, sondern vielmehr darum, Prävention vor risikobehaftetem Verhalten zu leisten. Insbesondere wegen der Vorbildfunktion von Lehrkräften könne das Rauchverbot für die E-Zigarette zudem auch auf die beamtenrechtliche Verpflichtung des Lehrers gestützt werden, sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten.

Die E-Zigarette bloß zeigen allerdings darf der Pädagoge. Das verstößt nach Ansicht der hessischen Verwaltungsrichter nicht gegen gesetzliche Normen, weshalb der Lehrer insoweit Recht bekam. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

age/LTO-Redaktion

Mit Material von dpa.“