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Mit einer BAK von 2,37 Promille unterwegs, oder: Schuldfähigkeit muss man im Blick haben

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Die zweite Entscheidung des Tages kommt ebenfalls aus dem Osten, und zwar vom OLG Dresden. Das hat in dem schon etwas älteren OLG Dresden, Beschl. v 26.02.2018 – 2 OLG 25 Ss 80/18 -, den mir die Kollegin Bürger aus Torgau, die ihn erstritten hat, aber erst vor kurzem geschickt hat, noch einmal zur Frage der Schuldfähigkeit Stellung genommen. Das AG hatte die Angeklagte wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt. Das LG hat das Urteil des AG aufgehoben, die Angeklagte wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort  verurteilt und im Übrigen freigesprochen. Die dagegen gerichtete Revision hatte dann beim OLG Dresden weiter Erfolg. Das OLG hat aufgehoben und zruückverwiesen.

„Angesichts der im Urteil dargestellten Alkoholisierung der Angeklagten erscheint es nicht ausgeschlossen, dass ihre Schuldfähigkeit bei Begehung der Taten vermindert oder vollständig aufgehoben war.

Die der Angeklagten um 1.57 Uhr und 2.30 Uhr entnommenen Blutproben ergaben eine Blutalkoholkonzentration von 1,65 und 1,54 Promille.

Bei der Prüfung der Schuldfähigkeit der Angeklagten ist ein maximaler stündlicher Abbauwert von 0,2 Promille zuzüglich eines einmaligen Sicherheitszuschlages von 0,2 Promille zugrunde zu legen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2016 — 5 StR 85/16 —, juris m.w.N.). Dies ergibt im vorliegenden Fall zur Tatzeit um 23.15 Uhr eine maximale Blutalkoholkonzentration von 2,37 Promille.

Zwar gibt es keinen gesicherten Rechts- oder Erfahrungssatz, wonach ab einer bestimmten Höhe der Blutalkoholkonzentration ohne Rücksicht auf psychodiagnostische Beurteilungskriterien regelmäßig vom Vorliegen einer krankhaften seelischen Störung auszugehen ist. Bei einem Wert von über 2 Promille ist eine erhebliche Herabsetzung der Hemmungsfähigkeit aber je nach den Umständen des Einzelfalles in Betracht zu ziehen, naheliegend oder gar in hohem Maße wahrscheinlich (BGH, Beschluss vom 7. Oktober 2014 — 4 StR 397/14 —, juris m.w.N.). Mt einem zusätzlichen Blick auf die Übrigen vom Landgericht zum Störungsbild der Angeklagten getroffenen Feststellungen war dies hier erörterungsbedürftig. Bei der Annahme verminderter Schuldfähigkeit wäre dann eine Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21 Satz 2, 49 Abs. 1 StGB zu prüfen gewesen.

Da nicht völlig auszuschließen ist, dass in einer neuen Hauptverhandlung weitere Feststellungen getroffen werden, die möglicherweise sogar eine Schuldunfähigkeit belegen, hat der Senat auch den Schuldspruch aufgehoben.“

Nichts Besonderes, aber: Die Entscheidung legt den Finger in eine Wunde bzw. weist auf einen Fehler hin, der häufig gemacht wird. Muss man drauf achten.