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Zu Weihnachten gibt es Wein oder Champagner, aber: Ein strafloses Präsent

© VRD - Fotolia.com

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Ein sicherlich häufigere Praxis, die wir alle kennen und die in der ein oder anderen Form wahrscheinlich sogar üblich ist, war Gegenstand strafrechtlicher Bewertung durch das OLG Düsseldorf. In dem dem OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.04.2015 – III-1 Ws 429/14 – zugrunde liegenden Verfahren hatte die Staatsanwaltschaft gegen den Angeschuldigten u.a Anklage wegen Vorteilsgewährung in Tateinheit mit Untreue in 95 Fällen (§ 333 Abs. 1, § 266 Abs. 1, § 52 StGB) erhoben. Vorwurf: Der Angeschuldigte soll, „in den Jahren 2007 bis 2010 auf Kosten der xxxxxxx (im Folgenden: AG), deren alleiniger Vorstand er im Tatzeitraum war, 25 Mitarbeitern der Stadtverwaltung Düsseldorf, einem öffentlich bestellten Vermessungsingenieur und zwei Mitarbeitern der Düsseldorfer Staatskanzlei jeweils als Weihnachtsgeschenk eine Kiste Wein oder Champagner, bestehend aus drei oder sechs Flaschen im Wert zwischen 60,66 € und 324,87 € jährlich zugewendet (Fälle 1 – 76) und des weiteren dem Düsseldorfer Oberbürgermeister D. E. sowie den Beigeordneten der Düsseldorfer Stadtverwaltung A., Dr. B., L., H. und R. jeweils zum Geburtstag eine Kiste mit sechs Flaschen Champagner im Wert zwischen 240,60 € und 324,87 € jährlich übersandt (Fälle 77 – 95) und so der IDR jeweils entsprechende Vermögensnachteile zugefügt zu haben. Ziel der Zuwendungen sei es gewesen, bei den Vorteilsempfängern zugunsten der Unternehmensinteressen der IDR eine „Atmosphäre der Geneigtheit“ zu schaffen.

Die Strafkammer hat die Eröffnung insoweit abgelehnt, das OLG hat das „gehalten“:

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind für den durch Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13. August 1997 neu gefassten und in seinem Anwendungsbereich erweiterten Tatbestand der Vorteilsgewährung nach § 333 Abs. 1 StGB an die inhaltliche Verknüpfung von Vorteil und Dienstausübung folgende Anforderungen zu stellen:

Zwischen dem Vorteil und der Dienstausübung muss ein „Gegenseitigkeitsverhältnis“ in dem Sinne bestehen, dass der Vorteil nach dem (angestrebten) ausdrücklichen oder stillschweigenden Einverständnis der Beteiligten seinen Grund gerade in der Dienstausübung hat. Dies erfordert, dass Ziel der Vorteilszuwendung ist, auf die zukünftige Diensthandlung Einfluss zu nehmen und/oder die vergangene Dienstausübung zu honorieren. In diesem allgemeinen Sinne muss der Vorteil somit – wie in der alten Gesetzesfassung – nach wie vor Gegenleistungscharakter haben. Unter Dienstausübung ist dabei grundsätzlich jede dienstliche Tätigkeit zu sehen. Diese muss nach den Vorstellungen der Beteiligten nicht – noch nicht einmal in groben Umrissen – charakterisiert sein; daher genügt es, wenn der Wille des Vorteilsgebers auf ein generelles Wohlwollen bezogen auf künftige Fachentscheidungen gerichtet ist, das bei Gelegenheit aktiviert werden kann (vgl. BGHSt 53, 6, 16).

Zur Abgrenzung strafbarer von straflosen Verhaltensweisen ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich, die insbesondere den Gesamtzusammenhang, in dem die Zuwendung erfolgt ist, sowie die gesamte Interessenlage der Beteiligten zu erfassen hat. Als mögliche Indizien für oder gegen das Ziel, mit dem Vorteil auf künftige Diensthandlungen Einfluss zu nehmen oder die vergangene Dienstausübung zu honorieren, fließen neben der Plausibilität einer anderen – behaupteten oder sonst in Betracht kommenden – Zielsetzung in die wertende Beurteilung namentlich ein: die Stellung des Amtsträgers und die Beziehung des Vorteilsgebers zu dessen dienstlichen Aufgaben, die Vorgehensweise bei dem Angebot, dem Versprechen oder dem Gewähren von Vorteilen sowie die Art, der Wert und die Zahl solcher Vorteile. So können etwa dienstliche Berührungspunkte zwischen Vorteilsgeber und Amtsträger ebenso in Ausschlag gebender Weise für eine Unrechtsvereinbarung sprechen wie die Heimlichkeit des Vorgehens (vgl. BGHSt 53, 6, 16 f. sowie BGH NStZ 2008, 216, 218; NStZ-RR 2007, 309, 310 f.).

2. Unter Zugrundelegung der vorgenannten Grundsätze ergibt die vorzunehmende Gesamtwürdigung aller aus den Akten ersichtlichen Umstände im hier zur Rede stehenden Einzelfall keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Angeschuldigte mit der Zuwendung der Wein-/Champagner-Geschenke auf den Abschluss von Unrechtsvereinbarungen mit den jeweiligen Amtsträgern in der Weise abzielte, dass er sich deren generelles Wohlwollen in Bezug auf die AG betreffende Fachentscheidungen „erkaufen“ wollte.

Zwar mag sich ein diesbezüglicher Anfangsverdacht daraus ergeben, dass – wie in der Anklageschrift im Einzelnen aufgezeigt und von den Beteiligten auch in keiner Weise bestritten – zwischen dem Angeschuldigten und den in der Anklageschrift benannten Zuwendungsempfängern im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit der AG zahlreiche dienstliche Berührungspunkte bestanden.

Andererseits ergibt sich aus den Akten jedoch eine Vielzahl gewichtiger Umstände, die gegen eine unlautere Zielsetzung des Angeschuldigten sprechen und seine Einlassung, es habe sich allein um die Pflege der guten Beziehungen (innerhalb der „Familie Stadt Düsseldorf“) ohne jeden Gegenleistungsgedanken gehandelt, plausibel erscheinen lassen…..“

Also? Weiterhin: Frohes Fest?