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„Quickie“ im Parkhaus auf der Motorhaube, oder: Wenn der „relevante Vorgang“ nur 9 Minuten dauerte

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Und dann die zweite Entscheidung des Tages. Das ist das LG Köln, Urt. v. 09.01.2023 – 21 O 302/22. Nun ja Verkehrsrecht? Man kann darüber streiten 🙂 . Einigen wir uns auf: Es handelt sich nicht um Verkehrsrecht i.e.S, sondern (nur) um Verkehrsrecht i.w.S. 🙂 🙂

Der Entscheidung liegt folgender „verkehrsrechtlicher“ Sachverhalt zugrunde: Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadenersatz für die Beschädigung seines Pkws. Das ist, während der Kläger diesen in dem Parkhaus der Beklagten eingestellt hatte, beschädigt worden. Die Parteien streiten im Wesentlichen darum, ob die Beklagte während des Einstellzeitraums eine Verkehrssicherungspflicht (sic! 🙂 ) verletzt hat.

Der Kläger hatte sein Fahrzeug am 20.07.2021 gegen 18.00 Uhr in dem Parkhaus der Beklagten auf der zweiten Ebene rückwärts eingeparkt, um dann – bis zum nächsten Morgen – zur Arbeit zu gehen. In der Nacht kamen zwei unbekannte Personen in das Parkhaus der Beklagten und hatten Geschlechtsverkehr auf der Motorhaube des klägerischen Fahrzeuges. Im Anschluss verließen die beiden Personen das Parkhaus, ohne dass deren Identität beklagten- oder polizeiseitig festgestellt worden wäre.

Als der Kläger sodann am 21.07.2021 gegen 08.00 Uhr zu seinem Fahrzeug zurückkehrte, bemerkte er, dass sein Wagen verschiedene Beschädigungen aufwies. Daraufhin nahm er Kontakt zum Wachpersonal des Parkhauses auf, welches ihm die Aufnahmen der Überwachungskameras zeigte. In diesem Zuge erlangte der Kläger Kenntnis von den Handlungen der beiden Unbekannten. Deren Identität konnte nicht festgestellt werden.

Der Kläger macht nun gegenüber der Beklagten Schadensersatz geltend für Beschädigungen, die nach seiner Behauptung beim Verlassen des Wagens am 20.07.2021 um 18.00 Uhr nicht vorhanden waren und daher während der Parkzeit und durch die Handlungen der beiden Unbekannten entstanden seien. Der Kläger ist der Auffassung, dass es Aufgabe der Beklagten, bzw. ihrer Mitarbeiter, gewesen sei, die Videoaufzeichnungen durchgehend zu beobachten und derartige  Vorkommnisse zu unterbinden. Wenigstens sei zu erwarten gewesen, dass die Beklagte den Vorgang bemerken und die Polizei rufen würde, damit die Identität der Unbekannten festgestellt werden könnte.

Das LG hat die Klage abgewiesen:

„Der Kläger hat gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Zahlungsanspruch i.H.v. 4.676,36 EUR.

1. Ein solcher Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus §§ 280, 241 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Fahrzeug-Einstellvertrag.

Dabei gehen die Nebenpflichten der Beklagten nicht so weit, dass sie die von ihr installierten Überwachungskameras ununterbrochen beobachten lassen müsste um etwaige Verstöße gegen die Sicherheit und Ordnung im Parkhaus lückenlos zu bemerken oder gar verhindern zu können. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Kameras mehr zu repressiven als zu präventiven Zwecken eingesetzt werden; das heißt, für den Fall, dass ein Fahrzeughalter bei Rückkehr zu seinem Fahrzeug neue Beschädigungen feststellt, kann er auf die Beklagte zukommen, diese kann entsprechend bei den Aufnahmen nachforschen und ggf. bei der Aufklärung des Schadenfalls helfen. Im Normalfall wird dies auch erfolgreich sein, da beispielsweise bei „Parkremplern“ regelmäßig das Kennzeichen des Unfallgegners zu sehen und die Tat entsprechend dokumentiert sein dürfte.

Im vorliegenden Fall dürfte die eigentliche Beschädigungshandlung sich in zeitlich engen Grenzen gehalten haben. Insoweit hat der Kläger im Rahmen seiner persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass der „relevante Abschnitt“ von dem er die Bildschirmfotos angefertigt hat, die mit der Klageschrift eingereicht wurden, lediglich 9 Minuten lang ist. Bei einer solch kurzen Dauer stellt es nach Ansicht des Gerichts keine Verfehlung der Beklagten dar, dass diese Handlungen nicht bemerkt oder gar verhindert wurden. Insoweit ist es auch fraglich, wie das Personal der Beklagten die Täter ohne Eigengefährdung hätte stellen sollen oder ob die hypothetisch hinzugerufene Polizei schnell genug vor Ort gewesen wäre.

Soweit der Kläger bei seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung erstmals angegeben hat, dass das Geschehen um sein Auto herum mehrere Stunden angehalten haben soll, so war dieser Vortrag als verspätet zurückzuweisen. Seine Berücksichtigung hätte die Erledigung des Rechtsstreits verzögert, da dann möglicherweise eine Beweisaufnahme notwendig geworden wäre. Bis zum Termin der mündlichen Verhandlung war in keiner Weise ersichtlich, dass es sich bei den streitgegenständlichen Vorgängen um eine mehrstündige Aktion gehandelt haben sollte. Das Gericht hatte auch schon mit der Terminsverfügung vom 08.11.2022 darauf hingewiesen, dass es der Klage keine Aussicht auf Erfolg beimisst, da es nicht davon ausgeht, dass die Beklagte die Kameras durchgehend beobachten lassen muss. Auch die Beklagte hatte in ihrer Klageerwiderung vom 02.11.2022 ausführlich thematisiert, dass es ihr gar nicht möglich gewesen wäre eine solche zeitlich eng umrissene Aktion zu entdecken und zu verhindern; insbesondere bestehe ihrerseits auch keine Pflicht, die Aufnahmen der Überwachungskameras lückenlos beobachten zu lassen. Es hätte daher aller Anlass bestanden die tatsächlichen Geschehensabläufe schon in der Klageschrift, spätestens aber mit den Reaktionen des Gerichts und der Beklagtenseite, zutreffend darzustellen, wenn klägerseits darauf abgestellt werden sollte, dass ein etwaiger Nachtdienst der Beklagten nur einmal in mehreren Stunden auf die Kameras hätte schauen müssen.

Für das Gericht bestand hingegen kein Anlass die Ermittlungsakte bei dem PP Köln zum Aktenzeichen 00000 beizuziehen, da der Sachverhalt dem Grunde nach zwischen den Parteien nicht streitig zu sein schien und nicht ersichtlich war, welche weitergehenden Informationen sich aus der Ermittlungsakte ergeben sollten. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts sich den relevanten Sachverhalt durch Beiziehung von Ermittlungsakten und Sichtung von Beweismaterial selber zusammen zu suchen. Vielmehr hätte der Kläger diesen von Vorneherein schlüssig vortragen müssen.

Auf den entsprechenden Hinweis des Gerichts in der mündlichen Verhandlung hat der Klägervertreter auch keinen Schriftsatznachlass mehr beantragt.

2. Ein klägerischer Anspruch ergibt sich auch nicht aus einem pflichtwidrigen Unterlassen der Beklagten im Kontext des Deliktsrechts. Insoweit kann wertungsmäßig nach oben verwiesen werden.“