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Einfach gelagerter Sachverhalt II: Ersatz von Anwaltskosten, oder: Leasingsunternehmen

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Und dann als zweite Entscheidung das AG Ludwigslust, Urt. v. 22.08.2018 – 44 C 41/18 -, in dem es auch um den Ersatz von Anwaltskosten nach einem Verkehrsunfall geht. Geschädigt war ein Leasingunternehmen, das nach einem Auffahrunfall Ersatz von Anwaltskosten verlangt hatte. Auch in diesem Fall hat das AG die Klage abgewiesen:

„Zwar ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Beklagte als Haftpflichtversicherung des Fahrzeugs, welches das Schadensereignis verursacht hat, nach §§ 823 BGB, 7 Abs. 1, 17 StVG, § 115 Nr. 1 VVG zu 100 % für den Schaden einzustehen hat.

Jedoch kann die Klägerin gegenüber der Beklagten gern. §§ 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB, 115 VVG nur die Kosten ersetzt verlangen, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Recht erforderlich und zweckmäßig waren, § 249 BGB. Daher scheidet in einem Schadensfall die Erstattung der gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren dann aus, wenn bei einer ex ante Be¬trachtung die Tätigkeit des Rechtsanwalts aus Sicht des Geschädigten nicht erforderlich oder nicht zweckmäßig ist.

Die Klägerin wird nicht bestreiten können, dass sie als Leasinggeberin entsprechend geschäfts-gewandt ist, um mit der relativ einfachen Situation, wie sie der vorliegende Fall darstellt, fertig zu werden (AG München Schaden-Praxis 2006, 116 f.). Denn als Leasinggeberin ist sie regelmäßig mit der Regulierung von Verkehrsunfällen befasst.

Nach dem unstreitigen Sachverhalt war der Hergang des Unfalls gerade nicht im Streit, der sich dadurch ereignete, dass der Fahrer des bei der Beklagten versicherten LKW aus Unachtsamkeit von hinten auf das stehende Leasingfahrzeug der Klägerin auffuhr, welches an der Kreuzung B 192 1B 103 in Neu verkehrsbedingt hatte anhalten müssen.

Derartige Auffahrunfälle werden in der Rechtsprechung (vgl. LG Frankfurt NZV 2013, 87 f.) als einfache Fälle eingeordnet. Nach Auffassung des Gerichts ist diese Einordnung vorliegend jedenfalls deshalb gerechtfertigt, weil es sich bei der Klägerin um eine Leasinggesellschaft eines Autoherstellers handelt.“

 

Einfach gelagerter Sachverhalt I, oder: Erstattung von Anwaltskosten einer Autovermietungsgesellschaft

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Im Kessel Buntes heute dann zunächst das AG Achim, Urt. v. 30.10.2018 – 10 C 164/18 -, das sich mit dem Ersatz von Anwaltskosten befasst, die eine geschädigte Autovermietungsgesellschaft nach einem Verkehrsunfall geltend gemacht hatte. Das AG hat den Ersatz abgelehnt.

„Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaftskosten in Höhe von 215,- € zu.

Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht aus §§ 151 I VVG, 7 StVG, 249 BGB.

Zwar ist die alleinige Haftung der Beklagten dem Grunde nach unstreitig. Die Klägerin kann als Geschädigte vorliegend jedoch nicht nach § 249 BGB die Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskoste beanspruchen.

Nach ständiger. Rechtsprechung hat der Schädiger nicht schlechthin alle durch das-Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren; wobei die ex-ante-Sicht einer vernünftigen und wirtschaftlich denkenden Person maßgeblich ist (vgl. BGH, NJW 2015, 3793 ff., Rdnr.8):. In einfach gelagerten Fällen ist eine Erstattungsfähigkeit nur anzunehmen, wenn der Geschädigte geschäftlich ungewandt ist oder die Schadensregulierung verzögert wird (Vgl. BGH, NJW 2015, 3347 ff., Rdnr.55).

Hier fuhr das Beklagtenfahrzeug beim Linksabbiegen (auf einen Parkplatz) in den hinteren Teil des entgegenkommenden klägerischen Fahrzeuges, weil dieses, entgegen der Annahme des Fahrers des Beklagtenfahrzeuges, an einem am (aus Sicht des Fahrers des Klägerfahrzeugs rechten) Straßenrand geparkten Fahrzeug nicht vorbeifuhr, sondern anhielt. In der vor-liegenden Konstellation konnte gegebenenfalls von einer Unabwendbarkeit für die Klägerseite, jedenfalls aber von einem derart überwiegenden Verschulden. auf Beklagtenseite ausgegangen werden, dass eine volle Haftung der Beklagten anzunehmen war. Die — insofern darlegungs- und beweisbelastete — Klägerin hat keine Umstände vorgetragen, aus denen sich etwas anderes ergeben und hier damit gerechnet werden konnte, dass die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach in Zweifel gezogen werden würde. Die tatsächlichen Abläufe sind offenbar nie in Streit gewesen. Sonstige Umstände, nach denen ein vernünftiger Zweifel an der Regulierungsbereitschaft der Beklagten dem Grunde nach bestand, wurden von der Klägerin nicht substantiiert vorgetragen und sind auch im Übrigen nicht ersichtlich.

Unstreitig hat die Klägerin nach dem Unfall zunächst selbst die Schadensunterlagen zusammengetragen und auch das Sachverständigengutachten beauftragt. Ein vernünftiger und-wirtschaftlich denkender Mensch hätte in der vorliegenden Konstellation in der Position der Klägerin dann zunächst einmal selbst den Anspruch bei der Versicherung angemeldet. Es ist davon auszugehen, dass seitens der Klägerin, als großes, weltweit tätiges Mietwagenunternehmen, hierfür genügende geschäftliche Gewandtheit und Erfahrung bestand insbesondere dahingehend, den Unfall zu schildern und die Bezifferung des Schadens vorzunehmen.. Auch der Umstand, dass möglicherweise nicht ganz ausgeschlossen werden konnte, dass gegebenenfalls hinsichtlich einzelner Schadenspositionen Uneinigkeit bestehen könnte, vermag nicht zu dem Schluss zu führen,. dass die sofortige Einschaltung eines Rechtsanwaltes (zur Wahrnehmung der gesamten Angelegenheit) notwendig war; im Falle von Kürzungen oder anderen Problemen hätte man sich zur Klärung und zur Durchsetzung der dann streitigen Beträge immer noch eines Rechtsanwaltes bedienen können. (Vgl. AG Frankfurt, NJOZ 2018, 1547, m.w.N.). Ein vernünftiger und wirtschaftlich denkender Mensch hätte in der Situation der Klägerin so gehandelt.“