Corona I: „Judenstern“ mit „Ungeimpft“ bei FB, oder: (Keine) Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens?

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So, und heute dann seit längerem mal wieder „Corona-Entscheidungen“ bzw. Entscheidungen zu Fragen, die sich aus der Corona-Pandemie ergeben haben.

Zunächst das KG, Urt. v. 11.05.2023 – (4) 121 Ss 124/22 (164/22) – mit einem Sachverhalt, den man kennt. Das AG Tiergarten hat den  wegen Volksverhetzung (§ 130 Abs. 3 StGB) zu einer Geldstrafe verurteilt. Auf die hiergegen eingelegte Berufung des Angeklagten hin hat das LG das Urteil aufgehoben und den Angeklagten freigesprochen. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision. Die hatte keinen Erfolg.

Das KG geht von folgenden amtsgerichtlichen Feststellungen aus:

2. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:

„Am 12. März 2021 um 12.18 Uhr teilte der Angeklagte in B. auf seinem öffentlich einsehbaren Profil der Internet-Plattform Facebook den Post eines Bekannten. Dieser Post beinhaltete das Bild eines gelben Sterns, der in dieser Art in der Zeit des Nationalsozialismus zur Kennzeichnung von Juden verwendet wurde, mit der Inschrift „Nicht geimpft“ und der unmittelbar darüber plazierten Überschrift „Die Jagd auf Menschen kann nun wieder beginnen“. Den Post versah der Angeklagte zusätzlich mit dem Kommentar: „Ich bin dabei, einen Judenstern zu basteln und an meine Jacke zu stecken, wenn die indirekte Impfpflicht kommt!“

Der Beitrag wurde bei Facebock von Nutzern sowohl positiv als auch – überwiegend – negativ kommentiert, wobei die negativen Kommentare unter anderem auf die Unverhältnismäßigkeit des Vergleichs mit dem Holocaust und die damit verbundene Verharmlosung desselben hinwiesen.

Der Angeklagte, der jüdische Vorfahren hat, seit 2017 Mitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft e.V. ist und im Jahr 2015 versuchte, zum Judentum zu konvertieren, wollte mit dem Post auf die Diskriminierung von Ungeimpften und Impfgegnern – wie ihm selbst – hinweisen und sich als Opfer der Coronapolitik der deutschen Bundesregierung darstellen.“

Hier der Leitsatz zu der KG-Entscheidung:

Die für jedermann zugängliche Veröffentlichung eines sogenannten „Judensterns“ mit dem Zusatz „Ungeimpft“ auf der Plattform Facebook ist zur Störung des öffentlichen Friedens jedenfalls dann nicht geeignet, wenn sie auf ein kritisches persönliches Umfeld trifft und sich aus ihrem übrigen Inhalt – hier der Ankündigung, sich einen „Judenstern“ zu „basteln“ – ergibt, dass sie nicht auf die Provokation unfriedlicher Reaktionen oder die Herabsetzung von Hemmschwellen gegen rechtsgutgefährdende Handlungen angelegt ist.

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