StPO I: Wenn das Faxgerät zwei Seiten verschluckt, oder: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

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Heute dann – in der Mitte des Monats 🙂 – StPO-Entscheidungen, und zwar alle aus dem Rechtsmittelbereich.

Den Beginner mache ich mit dem BGH, Beschl. v. 28.09.2021 – 5 StR 140/21 – zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Der Angeklagte hat gegen seine Verurteilung wegen Verstößen gegen das BtMG Revision eingelegt.. Wegen eines technischen Fehlers im Faxgerät des Verteidigers wurden dann später zwei Seiten der Revisionsbegründung nicht an den BGH übermittelt. Der BGH hat Wiedereinsetzung gewährt:

„Dem Angeklagten war auf den Antrag seines Verteidigers S. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Begründung der in dessen Revisionsbegründung vom 6. April 2021 erhobenen Rüge der Verletzung von § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO zu gewähren. In dem fristgerecht per Fax vorab an das Gericht übermittelten Schriftsatz fehlten aufgrund eines technischen Fehlers die Seiten 3 und 12, was der stets zuverlässigen Schreibkraft der Kanzlei nicht aufgefallen war. Jedenfalls der Inhalt der Seite 12 des Schriftsatzes war für den vollständigen Vortrag der Verfahrensrüge ‒ entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts ‒ auch unverzichtbar. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der eine Wiedereinsetzung zur Begründung von unzulässig erhobenen Verfahrensrügen in aller Regel ausscheidet, wenn die Revision anderweitig bereits form- und fristgerecht begründet worden war (st. Rspr. seit BGH, Beschluss vom 21. Februar 1951 ‒ 1 StR 5/51, BGHSt 1, 44 unter Hinweis auf die entsprechende ständige Rechtsprechung des Reichsgerichts; vgl. zuletzt etwa BGH, Beschluss vom 4. März 2021 ‒ 4 StR 209/20 Rn. 5 mwN), steht der Wiedereinsetzung nicht entgegen. Denn von den dort aufgestellten Grundsätzen ist die Rechtsprechung etwa in Fällen abgewichen, in denen fristgerecht die Revisionsbegründung vorgelegt worden, aber nicht mit einer Unterschrift des Verteidigers versehen und deshalb nicht formgerecht war (BGH, Beschlüsse vom 24. November 1982 ‒ 3 StR 116/82, BGHSt 31, 161, 162 f.; vom 25. Januar 2002 ‒ 2 StR 511/01, in dem die letzte Seite mit der Unterschrift erst nach 0.00 Uhr per Fax einging; vom 9. Juli 2003 ‒ 2 StR 146/03, NStZ 2003, 615 bei Unterschrift durch einen Sozius des Pflichtverteidigers). Gleiches galt in einem Fall, in dem der eigentliche Revisionsbegründungsschriftsatz infolge eines nicht vom Angeklagten zu vertretenden Versehens in der Verteidigerkanzlei einige Tage verspätet bei Gericht eingegangen war (BGH, Beschluss vom 20. August 1996 ‒ 1 StR 378/96, BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 11). Mit solchen Konstellationen vergleichbar sind Fälle, in denen ‒ wie hier ‒ infolge eines vom Angeklagten nicht verschuldeten technischen Fehlers die Übersendung der Revisionsbegründung nicht (vollständig) gelingt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. April 2019 ‒ 1 StR 91/18, NStZ 2019, 625; vom 19. Januar 2021 ‒ 5 StR 423/20). Da auch die weiteren Voraussetzungen der Wiedereinsetzung vorliegen, ist diese auf Kosten des Beschwerdeführers zu gewähren.“

Auf die Entscheidung komme ich noch mal in einem anderen Zusammenhang zurück.

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