Parkscheibe auf Privatparkplatz, oder: Wenn die Parkscheibe im Kofferraum liegt

Und am heutigen Samstag dann im Kessel Buntes zunächst das AG Brandenburg, Urt. v. 23.10.2020 – 31 C 200/19, das sich noch einmal zur Parkscheibe auf dem Privatparkplatz äußert, und zwar zu der Frage, wo und wie die im Fahrzeug anzubringen ist.

Geltend gemacht waren 15 EUR. Leider hat das Urteil keinen Tatbestand, aber es war wohl so, dass der Beklagte seinen Pkw auf dem (Privat)Parkplatz einer Firm abgestellt hatte und er nicht gut sichtbar eine Parkscheibe ausgelegt hatte. Er durfte dort dann nicht bzw. nicht länger als eine Stunde kostenfrei parken.

Das AG hat der Klage stattgegeben und das umfangreich begründet – mit zahlreichen Fundstellen. Zum Ablegen der Parkscheibe führt es aus:

„Zwar hat der Beklagte hier behauptet, dass er seine Parkscheibe nicht hinter der Windschutzscheibe sondern von der Heckscheibe seines Fahrzeugs aus angeblich „gut sichtbar in dem Kofferraum“ seines Pkws gelegt habe und ist auf den von der Klägerseite eingereichten Farbfotos der Anlage K 6 (Blatt 33 bis 34 der Akte) auch die Heckscheibe des Pkws des Beklagten zu sehen (unteres Farbfoto auf Blatt 33 der Akte), jedoch ist auf diesem Farbfoto gerade keine Parkscheibe gemäß dem Bild 318, der Anlage 3, Abschnitt 3 Nr. 11 zu § 42 Abs. 2 StVO zu erkennen.

Im Übrigen hat der Zeuge Mpp. Rpp. Hpp. – nachdem ihm die Farbfotografien von dem Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen pp. der Anlage K 6 (Blatt 33 bis 34 der Akte) durch das Gericht vorgelegt wurden – ausgesagt, dass er am 30.01.2019 für die Klägerin hinsichtlich dieses Parkplatzes tätig war und dort derartige Fotos anfertigte, auch wenn er nicht mehr aussagen konnte, ob er auch konkret die Farbfotografien der Anlage K 6 (Blatt 33 bis 34 der Akte) angefertigt hatte oder nicht. Jedoch ergibt sich aus der von der Klägerseite eingereichten „elektronischen Erfassung“ der Anlage K 6 (Blatt 67 der Akte), dass der Zeuge Hpp. diese Fotos am 30.01.2019 von dem Pkw des Beklagten angefertigt hat.

Der Beklagte stellte seinen Pkw im Übrigen unstreitig auf einer für die Öffentlichkeit geöffneten Verkehrsfläche ab, da dieser Parkplatz für alle Verkehrsteilnehmer frei zugänglich ist. Demnach sind dann aber auch die Vorschriften der StVO auf den hiesigen Fall analog anzuwenden (BGH, NJW 1963, Seite 152; OLG Hamm, NJW-RR 2013, Seite 33; OLG Frankfurt/Main, ZfSch 2010, Seiten 19 f.; OLG Hamm, Schaden-Praxis 2001, Seiten 229 f.; OLG Stuttgart, NJW-RR 1990, Seite 670; KG Berlin, VerkMitt 1984, Seite 32, Nr.: 36; KG Berlin, DAR 1984, Seiten 85 f. = VRS Band 65, Seiten 333 ff.; KG Berlin, DAR 1983, Seite 80 = VRS Band 64, Seite 103; KG Berlin, DAR 1978, Seite 19 = VerkMitt 1978, Nr. 98; OLG Hamm, DAR 1976, Seite 110; OLG Stuttgart, VerkMitt 1973, Nr.: 84; LG München I, Urteil vom 02.09.2011, Az.: 17 S 22146/10; AG München, Schaden-Praxis 2013, Seiten 355 f.).

Das Parken war dann hier aber insofern analog § 13 Abs. 2 Nr. 2 StVO nur dann erlaubt, wenn in dem Fahrzeug des Beklagten eine von außen „gut lesbare“ (d.h. nicht nur wie früher „gut sichtbare“), entweder hinter der Windschutzscheibe oder aber auf der Abdeckplatte des Gepäckraumes (d.h. der „Hutablage“; nicht jedoch im Kofferraum selbst, auch wenn dieser von der Heckscheibe aus ggf. teilweise einsehbar sein sollte, so wie hier) bzw. auch an der Seitenscheibe anzubringende Parkscheibe gemäß dem Bild 318, der Anlage 3, Abschnitt 3 Nr. 11 zu § 42 Abs. 2 StVO (OLG Brandenburg, Beschluss vom 02.08.2011, Az.: (2 Z) 53 Ss-OWi 495/10 (238/10), u.a. in: NZV 2012, Seite 97; OLG Naumburg, Beschluss vom 04.08.1997, Az.: 1 Ss (Bz) 132/97, u.a. in: NZV 1998, Seite 168; BayObLG, Beschluss vom 31.07.1995, Az.: 2 ObOWi 425/95, u.a. in: NZV 1996, Seite 208; OLG Köln, Beschluss vom 28.04.1992, Az.: Ss 119/92 (Z), u.a. in: NZV 1992, Seite 376) vorgewiesen hätte.

Zudem wäre die Verwendung einer Parkscheibe, die um ein Vielfaches kleiner ist als gemäß Bild 318, Anlage 3, Abschnitt 3 Nr. 11 zu § 42 Abs. 2 StVO vorgeschrieben, ebenso unzulässig gewesen (OLG Brandenburg, Beschluss vom 02.08.2011, Az.: (2 Z) 53 Ss-OWi 495/10 (238/10), u.a. in: NZV 2012, Seite 97) wie das Auslegen mehrerer auf unterschiedliche Ankunftszeiten eingestellter Parkscheiben (OLG Köln, Beschluss vom 21.06.1979, Az.: 1 Ss 534 ZB/79, u.a. in: VRS Band 58 [1980], Seiten 154 ff.).

Im konkreten Fall wäre der Blick durch die Heckscheibe auf eine ggf. im Kofferraum des Pkws des Beklagten abgelegte Parkscheibe wohl auch nur erheblich eingeschränkt gewesen, so dass daher die Voraussetzung, dass die Parkscheibe von außen „gut lesbar“ sein müsse, auch insoweit hier sogar unstreitig nicht erfüllt gewesen war (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.08.2011, Az.: 4 RBs 137/11, u.a. in: BeckRS 2011, Nr. 139708 = „juris“).

Diese insofern erfolgte Auslegung der StVO ist im Übrigen wohl auch verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerwG, Urteil vom 20.06.1969, Az.: VII C 166/66, u.a. in: NJW 1969, Seite 1684).

Selbst wenn somit der Beklagte tatsächlich in dem Kofferraum seines Pkws eine Parkscheibe ausgelegt hätte – wofür er aber auch jedweden Beweis schuldig blieb –, wäre dies hier in analoger Anwendung des § 13 Abs. 2 Nr. 2 StVO in dieser Art und Weise nicht erlaubt gewesen.“

5 Gedanken zu „Parkscheibe auf Privatparkplatz, oder: Wenn die Parkscheibe im Kofferraum liegt

  1. Thomas

    Das einzig relevante in dem angeführten Text ist, daß kein einziger Beweis angeboten wurde. Damit ist die Behauptung „Parkscheibe in den Kofferraum gelegt“ nicht erwiesen. Fertig. Der Rest der Ausführungen ist für das Urteil obsolet, darauf kommt es nicht an. Obiter dictum am AG ist m. E. aber überflüssig, gerade auch, wenn sich kein Instanzenzug anschließt.

  2. Thomas

    Meine Prämisse für ein Amtsgericht ist in erster Linie – ein verständliches Urteil soll es sein. Gerade dort, wo es auch ohne Anwalt „geht“. Damit sollte m. E. ein Urteil vor allem kurz und präzise sein. Die Ausführungen in dem Urteil hier schweben vor allem erst mal in der Luft, weil es keine präzise Anbindung an einen Sachverhalt gibt, denn es wird gar nicht klar, was mit „in den Kofferraum gelegt“ gemeint ist, weil kein Beweis für eine bestimmte Lage der Uhr erbracht wurde; nicht klar ist, was es für Kfz ist. Es sind also eher Ausführungen, die in einen Kommentar gehören. Es wäre zum Beispiel interessant, zu wissen, wie sich das Legen der Uhr bei einem Kombi gestaltet, wenn die Uhr auf der Hutablage ja rechtlich – wohl – in Ordnung ist. Wir tief darf denn die Uhr dann von der Scheibe entfernt liegen – gut sichtbar bei einem Kombi?

    Die Mühe mag ehrenwert sein, dann soll er halt einen Artikel schreiben.

  3. Thomas

    Bei Ihnen darf man eine Meinung also nur haben, wenn man nachgewiesen fehlerfrei ist?

    Ich denke mir nur: wieso sehen Sie sich in der Pflicht, jeden Kommentar zu kommentieren? Wenn es Ihnen nicht passt, das Leser kommentieren, deaktivieren Sie doch die, im Übrigen (wahrscheinlich wegen Diskussionen wie hier) selten genutzte Kommentarfunktion. Schöne Debattenkultur haben Sie hier.

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