StGB I: 25 cm große Messerstich-Narbe am Bauch, oder: Schwere Körperverletzung?

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Ich eröffne dann die erste volle Arbeitswoche des Jahres 2020 mit zwei Entscheidungen zum materiellen Recht.

Den Auftakt macht das BGH, Urt.  v. 19.09.2019 – BGH 3 StR 180/19. Der BGH nimmt in dem Urteil zu verschiedenen Fragen Stellung. Ich stelle hier den Teil vor, in dem es um die Frage, ob ggf. auch wegen einer schweren Körperverletzung (hier. § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB) hätte verurteilt werden müssen. Hintergrund ist, dass hier durch einen Messerstich eine 25 cm-große Narbe am Bauch des Opfers hervorgerufen worden war. Der BGH verneint:

„4. Soweit sich das Landgericht im Fall II.2. der Urteilsgründe nicht mit dem Straftatbestand der schweren Körperverletzung gemäß § 226 Abs. 1 Nr. 2 und 3 StGB auseinandergesetzt hat, gefährdet dies den Bestand des Urteils nicht.

a) Die – gegebenenfalls der Tatbestandsvariante des § 226 Abs. 1 Nr. 2 StGB unterfallenden – Verletzungen des Zeigefingers, des Ringfingers und des kleinen Fingers der rechten Hand des D. K. mit der Folge, dass er die Finger nicht mehr strecken kann und diese „krallenförmig“ gebogen sind, beruhen nicht auf dem Angriff im ersten Abschnitt des Geschehens im Gästezimmer und wurden nicht durch eine vorsätzliche Körperverletzung des Angeklagten verursacht.

b) Soweit die Revision beanstandet, das Landgericht habe sich nicht näher damit auseinandergesetzt, ob der Angeklagte durch die Verursachung der Narbe von ca. 25 cm Länge am Bauch des D. K. die Tatbestandsvariante des § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB erfüllte, gilt:

Zwar kann der Qualifikationstatbestand im Einzelfall bei besonders großen oder markanten Narben oder bei einer Vielzahl von Narben in derselben Körperregion zu bejahen sein, wenn dabei ein Grad an Verunstaltung der äußeren Gesamterscheinung erreicht wird, bei dem die Beeinträchtigung in ihrem Gewicht den übrigen in § 226 StGB genannten Folgen in etwa nahe kommt (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 2011 – 2 StR 29/11, juris Rn. 5; Beschluss vom 2. Mai 2007 – 3 StR 126/07, juris Rn. 2). Anders als bei Narben im Gesicht, die das Gesamterscheinungsbild stärker prägen, hat der Senat dies etwa im Fall von zahlreichen Narben an den Unterschenkeln und in der rechten Kniekehle, deren größte 20 cm lang und teils verbreitert ist, verneint (BGH, Beschluss vom 11. Juli 2006 – 3 StR 183/06, juris Rn. 2 f.).

Für die vorliegende Fallgestaltung folgt daraus, dass es angesichts der getroffenen Feststellungen zur Beschaffenheit und Lage der Narbe und ihrer Berücksichtigung bei der Erörterung der Beeinträchtigungen des Nebenklägers im Rahmen der Adhäsionsentscheidung keiner weiteren Ausführungen dazu bedarf, warum das Landgericht eine für die Erfüllung des Qualifikationstatbestandes ausreichende Entstellung nicht angenommen hat.“

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