OWi II: Der unbekannte und nicht geschulte Auswertebeamte, oder: Beweismittel ist das Messfoto

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Die zweite OWi-Entscheidung des Tages ist der OLG Celle, Beschl. v. 23.01.2019 – 3 Ss OWi 13/19 -, der schon etwas länger in meinem Blogordner hängt. Verurteilt worden war der Betroffene vom AG wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung. Der einsendene Kollege Ritter aus Laatzen hatte mit der Rechtsbeschwerde beanstandet, dass die Geschwindigkeitsmessung durch einen nicht geschulten Angestellten im öffentlichen Dienst durchgeführt worden war. Das stört das OLG nicht:

„Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde war zu verwerfen, weil gegen den Betroffenen eine Geldbuße von nicht mehr als 100 EURO festgesetzt worden und es nicht geboten ist, die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des sachlichen Rechts zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben (§ 80 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 OWiG).

Die Generalstaatsanwaltschaft hat im Rahmen ihrer Zuschrift hierzu ausgeführt:

„Eine Zulassung wegen der Anwendung von Rechtsnormen über das Verfahren oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung kommt bei einer Geldbuße von nicht mehr als 100 € – wie hier – von vornherein nicht in Betracht (§ 80 Abs. 1 N. 1 OWiG).

Es ist offensichtlich nicht geboten, die Nachprüfung der Entscheidung zur Fortbildung des Rechts zu ermöglichen oder wegen einer Verletzung rechtlichen Gehörs. Eine fortbildungsbedürftige Rechtsfrage wird nicht aufgezeigt. Sie liegt auch sonst nicht vor. Das Ergebnis einer Geschwindigkeitsmessung, die durch einen Angestellten im öffentlichen Dienst durchgeführt worden ist, ist nach der obergerichtlichen Rechtsprechung verwertbar (OLG Oldenburg, Besch. V. 11.03.2009 — 2 SsBs 42109 -, juris). Auf Person und Schulung der Auswertekraft kommt es nicht entscheidungserheblich an. Nicht deren Aussage ist das hier maßgebliche Beweismittel, sondern das Messfoto, dem sich die gemessene Geschwindigkeit des Betroffenen vor Toleranzabzug ohne weiteres und unmittelbar entnehmen lässt. Es war entgegen dem in der Antragsbegründung (S. 15) erweckten Eindruck Gegenstand der Beweisaufnahme.“

Diesen Ausführungen schließt der Senat sich an.“

Na ja, da kann man Zweifel haben. Denn ist es wirklich egal, wer Auswertebeamter war und ob dieser geschult war. Da meint das OLG, auf Person und Ausbildung des Auswertebeamten komme es nicht an. „Beweismittel“ sei stattdessen das Messfoto, dem sich die Geschwindigkeit unmittelbar entnehmen lasse. Zu Recht meinte der Kollege in seinem Übersendungsschreiben, dass die Wertung wohl im Widerspruch zur PTB steht, die ausführt, dass das Beweismittel in den digitalen Messdaten besteht, nicht jedoch in Ausdrucken, Bildschirmanzeigen, etc.

Und: Ob das Foto, das erst eine Auswertung des originären Beweismittels respektive der Daten darstellt, überdies fehlerfrei durch eine ausreichend geschulte Auswertekraft ermittelt wurde, ist für das OLG ebenfalls irrelevant zu sein. Danach wäre die Notwendigkeit einer Ausbildung des Auswertebeamten ebenfalls Makulatur.

Man fragt sich, warum man nicht einfach die Möglichkeit der Rechtsbeschwerde in diesen Fällen abschafft. Denn diese Pseudorechtsstaatlichkeit durch Zurverfügungstellen eines Rechtsmittels ist schon manchmal schwer zu ertragen.

3 Gedanken zu „OWi II: Der unbekannte und nicht geschulte Auswertebeamte, oder: Beweismittel ist das Messfoto

  1. WPR_bei_WBS

    Ähhh… Für AG und OLG ist es also zur Beweiwürdigung vollkommen unerheblich, ob die Messung überhaupt von einer entsprechend befähigten Person durchgeführt wurde?

  2. RA Gahbler

    Letztlich ist es danach vollkommen egal, wer das macht. Könnte auch der Hausmeister erledigen, wenn man der Argumentation folgt. Es wird schon bizarr, was da an OLG Rechtsprechung auf Papier gelangt, um nur ja keine Einwände gegen Messungen zu ermöglichen.

  3. Torsten Schutte

    Ich würde Verfassungsbeschwerde einlegen. Das sollten wir uns alle nicht mehr bieten lassen, was in diesen Verfahren passiert. Das hat nichts mehr mit rechtsstaatlichem Verhalten zu tun. Es ist auch nicht Aufgabe der Anwaltschaft, die Justiz effektiv werden zu lassen, sondern Aufgabe der Behörden, in denen Richter kommen und gehen können wann sie wollen und gleichzeitig schimpfen sie seien überlastet, in denen justizangestelle um 6 Uhr morgens in der Behörde hocken um im 14 Uhr zu gehen und die Telefone in den sprechzeiten verweist sind, in den Amts und Staatsanwälte NIE zum Hörer greifen um die eigene Überlastung mit einer Verständigung der Verteidigung zu reduzieren…

    Sorry. Aber so ist es. Nicht immer
    Aber immer mehr.

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