OWi I: Wenn ein Attest „Bettlägrigkeit“ bescheinigt, oder: Dann darf man zu Hause bleiben

© psdesign1 – Fotolia.com

Heute dann mal ein wenig Verfahrensrecht aus dem Bußgeldverfahren. Und den Opener macht dann endlich der LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 12.03.2018 – 3 OWi Qs 62/17, den mir der Kollege Lehn vor einiger Zeit geschickt hat. Bisher habe ich ein Posting dazu immer wieder verschoben, heute ist er dran.

Es geht um Terminsverlegung wegen Erkrankung des Betroffenen im Bußgeldverfahren. Hauptverhandlung soll m 13.09.2017 um 08.40 Uhr sein. Der Verteidiger des Betroffenen beantragte am 13.09.2017 um 7:30 Uhr, den Termin aufzuheben. Begründung: Der Betroffene sei bettlägerig erkrankt. Beigefügt wird ein Attest, dass einen grippalen Infekt bescheinigt, „aufgrund dessen der Betroffene vom 11.09.2017 bis 14.09.2017 bettlägerig gewesen sei“. Im Hauptverhandlungstermin erscheint dann niemand. Das AG verwirft den Einspruch des Betroffenen nach § 74 Abs. 2 OWiG. Der Wiedereinsetzunsgantrag wird zurückgewiesen. Zur Begründung bezieht sich das AG auf ein Telefonat mit dem Arzt des Betroffenen. Der habe angegeben, dass der Betroffene eine Erkältung gehabt habe, er habe aber lediglich Bettruhe empfohlen. Der Betroffene sei reise- und verhandlungsfähig gewesen.Das LG hat auf die Beschwerde des Betroffenen aufgehoben und Wiedereinsetzung gewährt:

„b) Es liegt auch ein Wiedereinsetzungsgrund vor, da das Nichterscheinen des Betroffenen zum Termin am 13.09.2017 unverschuldet war.

Eine Wiedereinsetzung ist bei der Versäumung eines Hauptverhandlungstermins gemäß §§ 74 Abs. 4, 52 Abs. 1 OWiG, § 44 StPO zu gewähren, wenn der Betroffene ohne sein Verschulden verhindert war, an der Hauptverhandlung teilzunehmen. Dies muss der Betroffene gemäß § 52 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 45 StPO vortragen und auch glaubhaft machen, ohne dass das Gericht eine Pflicht zur Erforschung des Sachverhalts trifft.

Entschuldigt ist der Betroffene nicht nur, wenn ihm wegen einer Erkrankung die Teilnahme an der Hauptverhandlung nicht zugemutet werden kann, sondern auch dann, wenn der Betroffene auf die entschuldigende Wirkung eines Attest vertraut (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO. 60. Auflage 2017, § 329 Rnr. 26 a.E.; OLG München StraFo 2013,208).

Dies ist vorliegend der Fall. Der Betroffene hat ein ärztliches Attest vorgelegt, aufgrund dessen Inhalts er davon ausgehen durfte, genügend entschuldigt zu sein. Der Verteidiger des Betroffenen hatte am Terminstag um 7.30 Uhr ein ärztliches Attest des Dr. med. pp. vom 13.09.2017 an das Amtsgericht Erlangen gefaxt. In diesem wurde dem Betroffenen aufgrund Vorsprache des Betroffenen beim Arzt vom selben Tag ein grippaler Infekt attestiert/aufgrund dessen der Betroffene vom 11.09.2017 bis 14.09.2017 bettlägerig gewesen sei. Bei attestierter mehrtägiger Bettlägerigkeit durfte der Betroffene davon ausgehen, ausreichend entschuldigt zu sein.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Ergebnis der Nachfrage des Richters am Amtsgericht bei dem das Attest ausstellenden Arzt. Insbesondere hat die Nachfrage nicht ergeben, dass das Attest falsch ist. Vielmehr bestätigte der Arzt, dass der Betroffene erkrankt war und er diesem Bettruhe empfohlen hat. Auch die Tatsache, dass der Arzt sich selbst in der Lage gesehen hätte, in diesem Zustand einen 15 minütigen Termin wahrzunehmen, führt nicht dazu, dass es sich um ein falsches ärztliches Attest handelte.

Somit durfte der Betroffene, der ärztlich festgestellt erkrankt und dem Bettruhe empfohlen worden war, aufgrund des Inhalts des ihm ausgestellten Attests davon ausgehen, ausreichend entschuldigt zu sein. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob ihm eine Anreise aus und die Teilnahme an der Hauptverhandlung aus gesundheitlichen Gründen am 13.09.2017 tatsächlich zumutbar gewesen wäre oder nicht.“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert