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Geldbuße – massive Erhöhung bei Voreintragungen

Ich komme noch einmal auf OLG Bamberg, Beschl. v. 29.11.2010 – 3 Ss OWi 1660/10 zurück, über den ich schon in anderem Zusammenhang berichtet hatte. Das ist der Beschluss, in dem das AG u.a. auf die Tätigkeit des Betroffenen als Landtagsabgeordneter abgestellt hatte.

Das OLG hat, was zu beachten ist, in dem Beschluss auch zur Erhöhung der Geldbuße Stellung genommen und führt aus, dass eine Geldbuße von 500 € wegen Nichteinhaltung des erforderlichen Abstandes zu einem vorausfahrenden Fahrzeug und damit eine massive Erhöhung des vorgesehenen Regelsatzes von 100 € verhältnismäßig ist, wenn der Betroffene zuvor in kurzer zeitlicher Abfolge mehrere gravierende Verkehrsverstöße begangen hat. Die beharrliche Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers liege dann nahe. Unerheblich sei dabei, ob der Betroffene ein sogenannter Vielfahrer sei.

FairPlay bei der Geldbuße?

In der Diskussion ist derzeit die Frage, ob bei einer vom Amtsrichter vorgesehenen Erhöhung der Geldbuße in der Hauptverhandlung ein rechtlicher Hinweis erfolgen muss. Die Diskussion geht zurück auf eine Entscheidung des OLG Hamm v. 13.11.2009 – 3 Ss 622/09.

Zu der Frage hat dann jetzt das OLG Bamberg, Beschl. v. 11. 10. 2010 – 3 Ss OWi 1380/10 Stellung genommen und die Hinweispflicht in Fortführung der Rechtsprechung des BayObLG verneint. Der Betroffene müsse mit Änderungen/Erhöhungen rechnen.

So weit, so gut. Aber: Fairplay wäre sicherlich angebracht und ein Hinweis auf eine vorgesehene Erhöhung, wenn nicht erforderlich, dann aber doch zumindest „nett“, um die Entscheidung treffen zu können, ob das Verfahren durchgeführt werden soll.

Du bist Landtagsabgeordneter – deshalb erhöhe ich die Geldbuße – Geht das?

Nicht ganz, aber so ähnlich konnte man die Ausführungen des Amtsgerichts in dem der Entscheidung des OLG Bamberg vom 29.11.2010 – 3 Ss OWi 1660/10 zugrunde liegenden Urteil verstehen. Das AG hatte zur Geldbußenhöhe wie folgt begründet:

„Im vor­liegenden Fall liegen (…) Gründe vor, die es rechtfertigen, von dem (…) Regelsatz abzuweichen und die gegen den Betr. zu verhängende Geldbuße auf 500 € zu erhöhen. Maß­gebliches Kriterium hierfür sind die vorhan­denen und verwertbaren Eintragungen des Betr. im VZR, welche im BKat grundsätzlich nicht berücksichtigt sind (§ 3 I BKatV). Vor diesem Hintergrund erschien dem Gericht daher eine massive Erhöhung der Re­gelgeldbuße von 100 € auf 500 € zur verkehrserzieherischen Einwir­kung auf den Betr. uner­lässlich. Dieser ist sich ganz offensichtlich seiner Vorbildfunktion als Landtags­mitglied nicht einmal ansatzweise bewusst.“

Das OLG Bamberg sagt: Grundsätzlich hat bei der Bemessung der Geldbuße die berufliche oder soziale Stellung des Betroffenen außer Betracht zu bleiben. Sie kann als zulässiges Zumessungskri­terium im Einzelfall nur dann zum Nachteil des Betroffenen Berücksichtigung finden, wenn nach den tatrichterlichen Feststellungen zwischen der beruflichen oder sozia­len Stellung des Betroffenen und der Begehung der Ord­nungswidrig­keit eine innere Beziehung besteht.

So weit, so gut. In der konkreten Sache hat das OLG  die Geldbuße dann aber nicht beanstandet und das wie folgt begründet:

Zu einem derartigen inneren Zusammenhang enthält das Urteil allerdings keine hinreichenden Feststellungen. Jedoch ist die auch vom AG als „massiv“ bezeich­nete Erhöhung der Regelgeldbuße – unabhängig von dem Status des Betr. als Land­tagsmitglied – angesichts der Anzahl, der Bedeutung und der insbesondere zuletzt kurzen zeitlichen Abfolge der Vorbelastungen und der diesen zu Grunde liegenden Taten als jedenfalls noch angemessen sowie auch mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betr. (§ 17 III OWiG) als nicht unverhältnismäßig zu beurteilen und daher im Ergebnis aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden; dies gilt umso mehr, als das aus der Vorahndungslage ersichtliche wiederholte Fehlverhalten im Straßenverkehr auch in Ansehung der verfahrensgegenständlichen Tat die Annahme einer beharrlichen Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers iSd. § 25 I 1 StVG zumindest na­helegt. Es kann daher dahinstehen, ob der Tatrichter, der die Erhöhung der Regelgeld­buße von 100 € auf 500 € ausweislich der Urteilsgründe schon „vor (dem) Hintergrund“ der im Einzelnen als „maßgebliches Kriterium“ für die Erhöhung angeführten Vorbelas­tungen des Betr. für „unerlässlich“ erachtet und (erst) im Anschluss an diese Begrün­dung der Höhe der Geldbuße auf eine „Vorbildfunktion als Mitglied des Landtages“ hingewiesen hat, dieser „Vorbildfunktion“ des Betr. eine für die konkrete Höhe der Geldbuße entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen hat.

Na ja, hätte man auch anders sehen können und ein teilweises Beruhen der Höhe der erkannten Geldbuße auf der „Vorbildfunktion“ nicht ausschließen können. Dann wäre das amtsgerichtliche Urteil reif 🙂 für eine Aufhebung gewesen. Allerdings lag diese Sicht wegen der zahlreichen Vorverurteilungen wohl eher nicht nahe.

Erhöhung der Geldbuße – rechtlicher Hinweis erforderlich?

Ich hatte ja gestern schon über die Entscheidung des OLG Stuttgart v. 11.06.2010 – 5 Ss 321/10 – berichtet, vgl. hier. Die ist auch noch aus einem weiteren Punkt interessant. Das OLG setzt sich nämlich auch mit der Frage auseinander, ob und wann bei der Erhöhung der Geldbuße ein Hinweis an den Betroffenen erforderlich ist, bei dessen Unterlassen dann ggf. ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör vorliegt. Das OLG sagt, dass bei der Verhängung einer höheren als im Bußgeldbescheid festgesetzte Geldbuße – auch im Abwesenheitsverfahren nach § 74 OWiG – ein rechtlicher Hinweis grundsätzlich nicht geboten, zumal dann nicht, wenn eh schon nicht die Geldbuße verhängt worden ist. Ähnlich haben bereits das OLG Jena und das OLG Hamm entschieden. Man kann es m.E. auch anders sehen. Jedenfalls gehört es m.E. zum „fair-play“, den Betroffenen auf eine ggf. anstehende erhöhung hinzuweisen, damit er sich darauf einstellen kann.

Richtig!!! Busemann: „Gerichtskosten und Anwaltsgebühren anpassen“

Na, das ist doch mal eine Forderung, die man untetrschreiben kann. JM Busemann aus Niedersachsen zu anwaltlichen Gebühren., allerdings muss man natürlich auch sehen, wo die Forderung erhoben wird: Auf dem Landesanwaltstag in Niedersachsen. dDas macht sich immer gut, wenn man so die versammelten Anwälte begrüßt, was dann daraus wird, ist eine ganz andere Frage. Das hat man z.T. beim RVG gesehen. Richtig ist die Forderung allein schon deshlalb, weil die anwaltlichen Gebühren seit 1994 linear nicht mehr angehoben worden sind. Das RVG hat nur strukturelle Änderungen gebaracht, die zu Erhöhungen geführt haben.

In der PM des niedersächsischen JM heißt es:

„Busemann: „Gerichtskosten und Anwaltsgebühren anpassen“

Justizminister beim Landesanwaltstag
 
 
HANNOVER. „Das gesamte Kostengefüge im Rechtswesen gehört auf den Prüfstand. Gerichtskosten und Anwaltsgebühren bedürfen einer Anpassung“, sagte der Niedersächsische Justizminister Bernd Busemann in seinem Grußwort zum 1. Niedersächsischen Landesanwaltstag in Hannover. Zwar müsse sich der Staat angesichts der Haushaltslage um Kostenbegrenzung bemühen. „Aber wir müssen realistisch mit den erhöhten Anforderungen an Anwälte und Gerichte umgehen. Das bedingt auch eine Gebührenerhöhung“, machte Busemann deutlich.Die Anwaltschaft stehe auch vor dem Hintergrund der nach wie vor steigenden Anwaltszahlen vor großen Herausforderungen. Der Beruf des Rechtsanwalts verschaffe schon heute nicht mehr jedem Berufsträger ein auskömmliches Einkommen. „Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte müssen sich zunehmend im Wettbewerb behaupten. Berufliche Qualifikation allein reicht oft nicht aus“, machte Busemann deutlich. Deshalb gewinne das Marketing neben der Kanzleiorganisation zunehmende Bedeutung. Zugleich müsse die Rolle des Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege gewahrt bleiben. „Rechtsanwaltschaft verträgt sich nicht mit Marktschreierei“, so der Justizminister.

Zunehmend interessanter für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte werde der Markt der Mediation, der allerdings kein Selbstläufer sei. „Nach meiner festen Überzeugung kann eine moderne strategische Ausrichtung des Anwaltsberufs nicht mehr an den Methoden der konsensualen Streitbeilegung vorbeikommen“, betonte Busemann.“