StGB II: Das „In Brand setzen“ von Jagdhochsitzen, oder: Ein Jagdhochsitz kann eine „Hütte“ sein

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Die zweite  StGB-Entscheidung stammt dann auch vom BGH. Es handelt sich um das BGH, Urt. v. 08.09.2021 – 6 StR 174/21 – zur Frage: Kann ein Jagdhochsitz eine Hütte im Sinne von § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB sein?

Ausgegangen ist der BGh von folgenden Feststellungen: Der Angeklagte hat seit 1998 ohne Erfolg um die Aufnahme in die Jägerschaft an seinem Wohnort bemüht. Auf­grund der empfundenen Verletzung, Trauer und Wut über seine Abweisung be­schloss er, sich an der Jägerschaft zu rächen. Darauf zündete er jeweils mehrere hundert Kilo schwere, überdachte Jagdhochsitze an, die völlig oder teilweise ausbrannten. Außerdem setzte er eine auf einem Anhänger montierte Ansitzein­richtung in Brand, die vollständig ausbrannte. Das Feuer griff auf den umliegen­den Waldboden über, wodurch eine Fläche von ca. 300 qm samt Grünbewuchs verkohlte und vier Kiefern beschädigt wurden. Der Angeklagte nahm dabei zumindest billigend in Kauf, dass sich der Brand aufgrund der tro­ckenen Witterung auch auf weitere Teile des Waldgebiets ausbreiten würde. Dies konnte durch rechtzeitiges Eingreifen der Feuerwehr jedoch verhindert werden. Das LG hat den Angeklagten u.a wegen mehrfacher vorsätzlicher Brandstiftung verurteilt. Die Revision des Angeklagten blieb erfolglos:

„a) Der Erörterung bedarf lediglich die von der Revision bemängelte Bewertung der jeweils in ihren Grundflächen mindestens 1,44 Quadratmeter großen und etwa mannshohen Jagdkanzeln (Fälle 9 bis 13, 15 und 17) als „Hütten“ im Sinne des § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB . Hierzu hat der Generalbundesanwalt ausgeführt:

„Der Begriff der Hütte im Sinne von § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB umfasst Bauwerke, bei denen an die Größe, Festigkeit und Dauerhaftigkeit geringere Anforderungen gestellt werden als bei Gebäuden, die aber dennoch ein selbstständiges, unbewegliches Ganzes bilden, das eine nicht völlig geringfügige Bodenfläche bedeckt und ausreichend abgeschlossen ist. Erforderlich sind eine hinreichende Erdverbundenheit und eine damit praktizierte Immobilität (vgl. MüKoStGB/Radtke, 3. Aufl., § 306 Rdnr. 24; Schönke/Schröder/Heine/Bosch, StGB, 30. Aufl., § 306 Rdnr. 4). Abgeschlossenheit erfordert dabei keine Verschlossenheit oder sonstige den Zutritt beschränkenden Vorrichtungen (vgl. MüKoStGB, a.a.O., Rdnr. 25), sondern eine gegen äußere Einwirkungen genügend schützende dauerhafte und feste Begrenzung (vgl. Fischer, StGB, 68. Aufl., § 306 Rdnr. 3a). Abhängig vom Einzelfall kann eine solche auch bei nur zum Teil umschlossenen Räumen gegeben sein (vgl. Matt/Renzikowski/Dietmeier, StGB, 2. Aufl., § 306 Rdnr. 4). Daran gemessen handelt es sich bei den vorliegend in Rede stehenden Jagdhochsitzen um unbewegliche Gebäude mit kleineren Abmessungen und damit um Hütten im Sinne von § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Ihnen ist gemein, dass sie über eine nicht völlig unbeachtliche Bodenfläche sowie über Begrenzungen nach oben durch ein Dach und nach allen Seiten durch Wände und Türen verfügen, so dass sie jeweils von zumindest zwei Personen betreten und zum Aufenthalt genutzt werden können. Darüber hinaus weisen sie eine hinreichende Erdverbundenheit auf, weil sie entweder mittels einer Verankerung oder auf Grund ihres erheblichen Eigengewichts fest mit dem Erdboden verbunden sind. Eine durch das Eigengewicht der Baulichkeit begründete Verbindung mit Grund und Boden genügt insoweit ebenso wie eine über eine Stützkonstruktion – etwa durch Pfähle oder Pfosten – hergestellte Verbindung (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 8. Juli 1981 – 3 Ss 28/81 -, NStZ 1981,482).“

Dem schließt sich der Senat an (vgl. zum Begriff der „Hütte“ schon RGSt 17, 179, 184). Der Umstand, dass einige der Jagdkanzeln durch Spannseile gegen Windeinwirkung gesichert waren, ändert an ihrer „Selbstständigkeit“ nichts.“

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