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Uli Hoeneß und die Selbstanzeige – reicht sie/es? Und: Mehr als 50.000 €?

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Da macht man gestern einen Wochenspiegel und hat kein richtiges Top-Thema, aber dann: Es entwickelt sich eins am letzten Tag der Woche, nämlich die Selbstanzeige und die Steuerhinterziehung von Uli Hoeneß. Davon sind die Gazetten und die Blogs voll. War klar, dass jemand, der so polarisiert und ggf. schweres Geschütz auffährt, mit heftigem Trommelfeuer rechnen muss. War auch klar, dass die Politik sich melden würde. Ist ja auch zu schön, die Steilvorlage  und alle haben etwas dazu zu sagen (vgl. hier).

Für diejenige, die sich informieren wollen, was bislang so geschrieben worden ist, ein „Zwischenüberblick“. Da haben wir

In der Presse dann weitere Details (entnommen LTO), vgl. die Hinweise auf: „die  Montags-SZ ( Andreas Burkert/Hans Leyendecker / Klaus Ott) und bild.de (Alfred Draxler)“.

Was in der Tat irritiert: Es soll eine Hausdurchsuchung bei Uli Hoeneß stattgefunden haben. Das dürfte „auf Unstimmigkeiten in der Selbstanzeige hin„deuten. Wenn das aber der Fall ist, dann könnte es  eng werden. Denn warum eine Hausdurchsuchung, wenn die Selbstanzeige ok war. Ich gehen mal davon aus, dass die Ermittlungsbehörden nicht wissen wollten, wie Uli Hoeneß wohnt. Eng deshalb, weil nur eine wirksame Selbstanzeige Straffreiheit bringt (s. § 371 Abs. 1 AO) – “ in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt“.

Eng ist/wird es aber ggf. so oder so schon, denn nach § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO tritt Straffreiheit tritt nicht ein, wenn „die nach § 370 Absatz 1 verkürzte Steuer oder der für sich oder einen anderen erlangte nicht gerechtfertigte Steuervorteil einen Betrag von 50 000 Euro je Tat übersteigt.“

Aber das muss man alles mal sehen. Jedenfalls steckt Musik drin.

Nachtrag um 11.47 Uhr: Natürlich gibt es auch noch den § 398a AO. Danke für die Hinweise 😀 (siehe bei den Kommentaren). Aber auch dessen Anwendung setzt ja mal zunächst eine wirksame Selbstanzeige voraus.

Wie gesagt: Es ist Musik drin.

Nachtrag um 12.45: Sehr schön auch die Zusammenstellung bei Handelsblatt.com. Natürlich auch, weil auf diesen Blogbeitrag verwiesen wird 🙂 😀 😉

 

Frage nie einen Richter, denn es könnte beim BGH Arbeit machen :-)

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Mit der Frage nach einem „wirtschaftsrechtlich erfahrenen Strafverteidiger“, die man an einen richterlichen Kollegen richtet, kann man viel Arbeit machen, zumindest dann, wenn der richterliche Kollege später Richter am BGH wird. Das lässt sich aus insgesamt vier Beschlüssen des 1. Strafsenats des BGH entnehmen, die seit gestern auf der Hompeage des BGH stehen. Hintergrund ist eine an die inzwischen beim BGH tätige Richter Cirener gerichtete Frage mit diesem Inhalt. Die führt dann, was m.E. auch zutreffend ist zur „Selbstanzeige“ nach § 30 StPO und zu den BGH-Beschlüssen (vgl. z.B. hier den BGH, Beschl. v. 24.10.2012 – 1 StR 232/12).

„Richterin am Bundesgerichtshof Cirener hat gemäß § 30 StPO angezeigt, dass sie in der ersten Hälfte des Jahres 2010 von einer Berliner Richterkollegin aus dem zivilrechtlichen Bereich um die Benennung eines auch wirtschaftsrechtlich erfahrenen Strafverteidigers gebeten worden sei. Der Schwiegervater ihrer Freundin sei inhaftierter Beschuldigter in einem großen Wirtschaftsstrafverfahren im Augsburger Gerichtsbezirk. Sie habe daraufhin mehrere ihr bekannte Strafverteidiger genannt, darunter auch Rechtsanwalt Dr. L. , der dann – wie sie im März des Jahres 2012 bei einer Feier von der Schwiegertochter des Angeklagten H. erfahren habe – das Mandat übernommen und die Revisionsbegründungsschrift verfasst habe. Gespräche über die verfahrensgegenständlichen Tatvorwürfe habe sie zu keinem Zeitpunkt geführt; der Angeklagte H. sei ihr nicht bekannt.

Das Verfahren betreffend den Angeklagten H. (1 StR 234/12) steht mit vorliegendem Revisionsverfahren in sachlichem Zusammenhang. Auch die Verfahrensbeteiligten in diesem Verfahren erhielten deshalb rechtliches Gehör. Sowohl der Generalbundesanwalt als auch der Verteidiger Rechtsanwalt J. haben hierauf mitgeteilt, dass aus ihrer Sicht keine Bedenken gegen die Mitwirkung von Richterin am Bundesgerichtshof Cirener bestehen.

Dieser Ansicht schließt sich der Senat an. Der angezeigte Sachverhalt, an dessen Richtigkeit keine Zweifel bestehen, ist nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit gegen Richterin am Bundesgerichtshof Cirener zu begründen.“

M.E. passt der Beschluss. Allein aus der Frage und der Empfehlung folgt die Besorgnis der Befangenheit nicht. Aber Selbstanzeige ist sicherlich auf der richtige Weg.

Lesetipp: Die neue Selbstanzeige – Teil 2: Die Betragsgrenze des § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO n.F.

Inzwischen ist StRR 07/2011 online. Für einen Monat haben wir aus dem Heft dann auf der Startseite von Heymanns Strafrecht den Beitrag „Die neue Selbstanzeige – 2. Teil: Die Betragsgrenze des § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO n.F.“ von RD Stefan Rolletschke, Münster (StRR 2011, 254) zum kostenlosen Download bereitgestellt.

Lesetipp: Die neue Selbstanzeige: Lebensbeichte, Sperrtatbestände, Zuschlag, Vertrauensschutz

Inzwischen ist StRR 05/2011 online. Für einen Monat haben wir aus dem Heft dann auf der Startseite von Heymanns Strafrecht den Beitrag „Die neue Selbstanzeige: Lebensbeichte, Sperrtatbestände, Zuschlag, Vertrauensschutz“ von RD Stefan Rolletschke, Münster und ORR David Roth, LL.M. oec., Köln (StRR 2011, 171) zum kostenlosen Download bereitgestellt.

„Lob“ von „höchster Stelle“ für den 1. Strafsenat des BGH ——

Der 1.. Strafsenat des BGH hat in seinem Selbstanzeigebeschluss vom 20. 5. 2010 (1 StR 577/09 quasi ein neues Selbstanzeigrecht im Steuerstrafverfahren eingeführt (wir werden darüber im nächsten Monat im StRR berichten), das die Praxis sicherlich noch länger beschäftigen wird. Dieses „neue Recht“ war u.a. auch Gegenstand einer kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke im Bundestag (vgl. hier),  auf die die Bundesregierung jetzt geantwortet hat, vgl. hier. Die Fragen und die Antworten sind m.E. ganz interessant; ggf. bieten sie sogar Argumentationshilfe, wenn es um die Einstellung geht. Stellung nimmt die Bundesregierung auch zum Selbstanzeigebeschluss. Dazu heißt es wörtlich auf S. 10 der BT-Dr. 17/2289:„Die Bundesregierung begrüßt diese Entscheidung. 
Auch sie ist der Auffassung, dass sukzessives und taktisches Vorgehen bei der Selbstanzeige nicht belohnt werden darf. Straffreiheit darf nur derjenige erwarten, der sich in vollem Umfang steuerehrlich macht. Die Auswirkungen dieser höchstrichterlichen Entscheidung werden daher Eingang finden in die Überlegungen der Bundesregierung, das Institut der strafbefreienden Selbstanzeige neu zu justieren.“

Na, das ist doch mal was.