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Scherbenhaufen beim BGH?

„Scherbenhaufen beim BGH“, so ist das Editorial für den StV 3/2012 überschrieben. Es stammt aus der Feder von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Bernd Schünemann, LMU München, und behandelt das Dilemma, das sich aus den sich widersprechenden Beschlüssen des 2. und 4. Senats des BGH zu der Frage der ordnungsgemäßen Besetzung des Stelle des Vorsitzenden im 2. Strafsenat. ergeben hat (vgl. dazu auch hier und hier). Der Strafverteidiger hat auf seiner Homepage vorab das diesem Thema gewidmete Editorial aus Heft 03/2012 veröffentlicht.

Vgl. auch noch der Beitrag zum Rapport beim Präsidium hier.

Ja, was denn nun: Richtig besetzt oder nicht – Echternacher Springprozession/Divergenz (?) beim BGH

Ich hatte ja gerade über den BGH, Beschl. v. 11.01.2011 – 2 StR 346/11 – berichtet (vgl. hier). Inzwischen bin ich dann auch noch auf den Beschluss des 4. Strafsenats des BGH v. 11.02.2011 – 4 StR 523/11 gestoßen (worden), in dem der 4. Strafsenat davon ausgeht, dass er ordnungsgemäß besetzt ist. Eine Divergenz zum 2. Strafsenat sieht er nicht, denn:

Ein Fall der Divergenz zu der Entscheidung des 2. Strafsenats vom 11. Januar 2012 – 2 StR 346/11 – liegt nicht vor, weil der 2. Strafsenat in einem späteren Urteil vom gleichen Tag – 2 StR 482/11 – diese Rechtsprechung aufgegeben hat.

Was man sich fragt: Welches ist denn nun die ältere Entscheidung und führt man beim BGH so genau Buch? Alle drei Entscheidungen sind an einem Tag ergangen. Und was ist ggf. mit § 132 Abs. 4 GVG?

Eins ist aber sicher: An den Entscheidungen 2 StR 364/11 und 4 StR 523/11 hat jeweils RiBGH Ernemann als Vorsitzender teilgenommen – 2 StR 482/11 ist noch nicht veröffentlicht. Auch nicht schön eine solches Hin und Her (wie war das noch mit der Echternacher Springprozession .-):

2. Strafsenat des BGH nicht ordnungsgemäß besetzt – Volltext veröffentlicht

Es ist ja schon an verschiedenen Stellen in den Blogs über den Streit beim BGH über die Besetzung der Stelle des Vorsitzenden des 2. Strafsenat berichtet worden. Hierzu hat sich dann auch der 2. Strafsenat selbst zu Wort gemeldet; auch darüber ist bereits berichtet.

Heute ist auf der Homepage des BGH der Beschl. v. 11.01.2012 – 2 StR 346/11 veröffentlicht, in dem der Senat festgestellt hat, dass der Senat derzeit nicht ordnungsgemäß besetzt ist. Und weiter:

Die Feststellung der Unvereinbarkeit der Geschäftsverteilungsregelung mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, die nicht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht zwingt, hat der Senat von Amts wegen zu berücksichtigen. Sie führt zur Aussetzung der Revisionshauptverhandlung, um dem Präsidium Gelegenheit zu geben, eine mit der Verfassung in Einklang stehende Regelung herbeizuführen.

Na, dann auf in die nächste Runde. Die wird sich schon allein auch deshalb anschließen, weil RiBGH Dr. Fischer eine neue Beurteilung erhalten hat.

Streit beim BGH: Raum gegen Fischer

Spiegel-Online meldet – ich hatte es neulich auch schon in der SZ gelesen: Streit beim BGH um den Posten des Vorsitzenden des 2. Strafsenats, den das BMJ auf Vorschlag des Präsidenten des BGH mit dem Bundesrichter Raum besetzen will. Dagegen hat RiBGH Fischer (ja, der Fischer vom StGB-Kommentar) Konkurrentenklage eingereicht. Da ist dann jetzt „Stimmung in der Bude“. Aber zum Glück trifft man sich ja wohl nicht täglich. Denn der eine Kandidat sitzt in Karlsruhe, der andere als Mitglied des 5. Strafsenats in Leipzig.

Gesetzentwurf zur Änderung der Besetzung großer Strafkammern ist eilbedürftig – BMJ hat aber nicht geschlafen

Am 31.12.2011 läuft die Regelung zur reduzierten Besetzung der großen Strafkammer in § 76 Abs. 2 GVG aus. Bei der letzten Verlängerung der zunächst nur als Übergangsregelung zur Entlastung der Rechtspflege gedachten Regelung durch die Änderung des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege v. 19.12.2008 (vgl. BGBl I, S. 2348) hatte der Gesetzgeber schon darauf hingewiesen, dass eine nochmalige Verlängerung der Sonderregelung nicht mehr in Betracht komme. Demgemäß ist jetzt ein Gesetzesentwurf in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht worden (vgl. BR-Drucksache 460/11), der § 76 GVG insgesamt neu gestaltet, und zwar wie folgt:

Die Möglichkeit der Besetzung der Strafkammer mit nur zwei Richtern bleibt erhalten. Zwingend ist die Besetzung mit drei Berufsrichtern beim Schwurgericht (Nr. 1), wenn die Anordnung der Sicherungsverwahrung oder die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu erwarten ist (Nr. 2) und „nach dem Umfang oder der Schwierigkeit der Sache die Mitwirkung eines dritten Richters notwendig erscheint (Nr. 3). Letzteres ist nach § 72 Abs. 3 i.d.R. dann der Fall, wenn die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird oder die große Strafkammer als Wirtschaftsstrafkammer zuständig ist.

In dem Gesetzesentwurf spiegelt sich z.T. die Rechtsprechung des BGH zu der bisherigen Regelung wieder. Der Gesetzesentwurf ist wegen der Befristung der derzeitigen Regelung besonders eilbedürftig i.S. v. Art. 76 Abs. 2 Satz 4 GG. Am Abend werden die Faulen fleißig, denkt man da, denn, dass der 31.12.2011 kommt, war ja wohl allen Beteiligten klar. Warum also so spät der Entwurf und dann „eilbedürftig“? Auf den ersten Blick sicherlich eine berechtigte Frage,, die sich aber dadurch relativiert, dass das BMJ zwei Gutachtenaufträge erteilt hatte, deren Ergebnisse erst im Frühjahr vorgelegen haben. Man hat also den 31.12.2011 nicht verschlafen.