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Wer A sagt, muss auch B sagen, meint auch das LG Braunschweig…

Ich hatte vor einiger Zeit über eine interessante/zutreffende kostenrechtliche Entscheidung des AG Braunschweig berichtet, in der das AG dem Verteidiger Gebühren für insgesamt 27 Ermittlungsverfahren zugesprochen hatte. Die StA hatte aus statistischen Gründen zunächst 27 Verfahren eingetragen, obwohl man letztlich nur von 7 Verfahren ausging. Gebühren für den Pflichtverteidiger, der in allen 27 Verfahren Akteneinsicht hatte und das Verfahren mit seiner Mandantin ausführlich erörtert hat, mehr als 10.000 €.  Dagegen (natürlich) das Rechtsmittel des Bezirksrevisors, der ebenso wie die StA nur von sieben Verfahren ausgegangen ist.

Nichts da, hat jetzt das LG Braunschweig im Beschl. v. 19.07.2010 – 7 Qs 22/10 ebenso zutreffend 🙂 gesagt: Wer A sagt, muss eben – auch kostenrechtlich – B sagen. Es gibt 27 Grund- und Verfahrensgebühren :-). Jedes Ermittlungsverfahren ist eben so lange ein eigenständiger Rechtsfall i.S. der Nr. 4100 VV RVG wie nicht die Verbindung mit anderen Verfahren erfolgt ist. Allein die Absicht der Staatsanwaltschaft, später die Verbindung mit anderen Verfahren herbeizuführen, nimmt dem Verfahren – so auch das LG – nicht die Qualität als eigenständiger Rechtsfall.

Und: Erörtert der Rechtsanwalt die Sach- und Rechtslage ausführlich mit seinem Mandanten, wird diese Tätigkeit nicht mehr von der Grundgebühr, sondern von der Verfahrensgebühr umfasst. Der RA hat – was wichtig/richtig ist – zur Verfahrensgebühr vorgetragen.

Interessant folgende Passage in der Entscheidung:

„…Diese Absicht der Verbindung der Verfahren war für Rechtsanwalt H. nicht erkennbar. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig sollte vielmehr ihre Eintragungspraxis überdenken, um diese für die Staatskasse sehr nachteiligen Kostenfolgen zukünftig zu vermeiden.“

Tja, recht deutlich der Rüffel für die StA. Wer A sagt, muss eben B sagen, auch wenn es teuer wird.

„ALARM zur VG 4106 in Berlin“

so hat ein Kollege aus Berlin sein Posting im Forum bei LexisNexis Strafrecht getitelt. In der Sache schreibt er dann:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
„wie ich gerade feststellen durfte, scheint bei Rechtspflegern in Berlin ein neuer Trend „in“ zu sein, dem es Einhalt zu gebieten bedarf:
In einer vollkommen „normalen“ Beiordnung beim AG, mit HV und anschließender Rechtskraft wurde mir die Verfahrensgebühr VV. 4106 abgesetzt mit der Begründung, „das erste Mandantengespräch und die AE sei von der GG abgegolten, danach folgte der Termin“.
In meiner Erinnerung habe ich vorgetragen, daß es nicht nur ein Gespräch mit dem Mandanten gab, sondern mehrere Telefonate zur Vorgehensweise (dazu auch mit dem Vorsitzenden zu möglicher Verständigung) und eine längere persönliche Besprechung, ich außerdem den Mandanten nach Erhalt des Bewährungsbeschlusses schriftlich intruiert habe, zum Anwendungsbereich der VG habe ich u.a. Herrn Burhoff zitiert.
Meine Rückfrage bei Kollegen hat ergeben, daß das offensichtlich kein „Mißverständnis“ war, sondern eine Menge Kollegen seit kurzem derartige Beschlüsse bekommen haben.

Ich rate daher, gegen diese „Ausdünnung“ der Gebühren, die rechtlich falsch ist, mit Erinnerungen vorzugehen denn sonst bleibt das bis zur nächsten Gesetzesnovelle u.U. so. Aber vielleicht bleibt es auch ein Berliner Phänomen…..“.

Mich würde interessieren: Gibt es an anderen Orten diese Probleme auch?