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Die „Fortentwicklung der StPO“ ist dann ab 01.07.2021 da, oder: Mein Ebook dazu natürlich auch

So, dann ist es so weit. Das „Gesetz zur Fortentwicklung der StPO u.a.“, über das ich ja schon mehrfach berichtet habe (zuletzt u.a. hier: Die “Fortentwicklung der StPO” im Bundestag, oder: Nachts um 00.20 Uhr in Berlin, früher dann schon Nach der “Effektivierung” und der “Modernisierung” kommt die “Fortentwicklung” der StPO, oder: Warum? und Aktueller Stand der “Fortentwicklung der StPO” oder: “Mehr, mehr, mehr schrie der kleine Häwelmann”), ist dann heute am 30.06.2021 im BGBl. verkündet worden (vgl. hier).

Nach Art. 28 des Gesetzes treten die Änderungen in der StPO dann morgen am 01.07.2021 in Kraft. Auf die wesentlichen Änderungen habe ich ja schon hingewiesen. Ich wiederhole noch einmal:

  • Es gibt einen neuen § 95a StPO, der eine „heimliche Beschlagnahme“ erlaubt.
  • In § 99 Abs. 2 StPo ist ein neues „Auskunftsverlangen“ eingeführt.
  • Durchsuchungen (§ 104 StPO) zur Nachtzeit sind erleichtert/erweitert worden.
  • Der Tatbestandskatalog bei der Telefonüberwachung (100a StPO) und der Onlinedurchsuchung (§ 100b StPO) ist erweitert/verschärft worden.
  • Als neue Fahndungsmaßnahme wurde ein neuer § 163g StPO eingeführt, der eine „Automatische Kennzeichenerfassung“ vorsieht.
  • Die Revsionsbegründungsfrist des § 345 StPO ist in Verfahren, in denen die Urteilsabsetzung lange gedauert hat, verlängert worden.

Und: Ich hatte ja auch schon darauf hingewiesen: Zu den Änderungen gibt es ein Ebook von mir, und zwar:

Fortentwicklung der StPO u.a. Die Änderungen in der StPO 2021 – ein erster Überblick.

Man kann das Ebook natürlich auf meiner HP bestellen, und zwar hier auf der Bestellseite. Preis: 27 EUR. Für die Vorbesteller kommt es automatisch.

Und: In den im Herbst anstehenden Neuauflagen des „Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren“, 9. Auflage, und des „Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung“, 10. Auflage, werden die Änderungen natürlich auch alle berücksichtigt sein.

Die „Fortentwicklung“ der StPO ist durch den Bundesrat, oder: Demnächst gibt es dann ein Ebook…

Ich habe ja schon mehrfach über das „Gesetz zur Fortentwicklung der StPO u.a.“ berichtet (zuletzt hier: Die “Fortentwicklung der StPO” im Bundestag, oder: Nachts um 00.20 Uhr in Berlin, früher dann schon Nach der “Effektivierung” und der “Modernisierung” kommt die “Fortentwicklung” der StPO, oder: Warum? und Aktueller Stand der “Fortentwicklung der StPO” oder: “Mehr, mehr, mehr schrie der kleine Häwelmann”).

Den Bundestag hat das Gesetz am 10./11.06.2021 passiert (anders kann man das Gesetzgebungsverfahren nicht bezeichnen). Das Gesetz musste dann, da es zustimmungsbedürftig ist, noch durch den Bundesrat. Das ist gerade passiert. Der Bundesrat hat zugestimmt, ohne Aussprache usw. – wie nicht anders zu erwarten.

Damit werden dann in Kürze die Änderungen in der StPO in Kraft treten, wobei ich hier nur auf folgende wesentliche Neuerungen hinweise:

  • Es wird einen neuen § 95a StPO geben, der eine „heimliche Beschlagnahme“ erlauben wird.
  • In § 99 Abs. 2 StPo wird ein neues „Auskunftsverlangen“ eingeführt.
  • Durchsuchungen (§ 104 StPO) zur Nachtzeit werden erleichtert/erweitert.
  • Der Tatbestandskatalog bei der Telefonüberwachung (100a StPO) und der Onlinedurchsuchung (§ 100b StPO) ist erweitert/verschärft worden.
  • Als neue Fahndungsmaßnahme wurde ein neuer § 163g StPO eingeführt, der eine „Automatische Kennzeichenerfassung“ vorsieht.
  • Die Revsionsbegründungsfrist des § 345 StPO wird in Verfahren, in denen die Urteilsabsetzung lange gedauert hat, verlängert.

Das ist m.E. in einem Überblick das Wesentliche aus dieser unnötigen Gesetzesänderung.

Ich hatte ha schon darauf hingewiesen und wiederhole hier noch einmal: Zu den Änderungen wird es – wie auch schon zu den beiden letzten StPO-Änderungen – Effektivierung und Modernisierung – ein Ebook von mir geben, und zwar: „Fortentwicklung der StPO u.a. Die Änderungen in der StPO 2021 – ein erster Überblick. Das wird nach Inkrafttreten des Gesetzes als PDF „ausgeliefert“. Preis: 27 EUR. Man kann das Ebook natürlich jetzt schon auf meiner HP vorbestellen, und zwar hier auf der Bestellseite.

Keine Zustimmung hat es übrigens für für zusätzliche Befugnisse der Bundespolizei gegeben. Der Bundestag hatte zusätzliche Rechtsgrundlagen für Ermittlungsmaßnahmen beschlossen, und zwar Regelungen zur Überwachung der Telekommunikation, zur Identifizierung und Lokalisierung von Mobilfunkkarten und -endgeräten und zum Einsatz technischer Mittel gegen gegen fernmanipulierte Geräte. Die Änderungen werden dann Wahrscheinlich in den Vermittlungsausschuss gehen.

Die „Fortentwicklung der StPO“ im Bundestag, oder: Nachts um 00.20 Uhr in Berlin

Bild von Norbert Waldhausen auf Pixabay

Ich erinnere: In der Pipeline des Gesetzgebungsverfahrens befindet sich für diese Legislaturperiode noch das „„Gesetz zur Fortentwicklung der StPO u.a.. Ich habe über dieses Gesetzesvorhaben schon mehrfach berichtet (vgl. Nach der “Effektivierung” und der “Modernisierung” kommt die “Fortentwicklung” der StPO, oder: Warum?und Aktueller Stand der “Fortentwicklung der StPO” oder: “Mehr, mehr, mehr schrie der kleine Häwelmann”.

Stand des Verfahrens war zuletzt, dass im Bundestag am 14.04.2021 im Rechtsausschuss die Anhörung der Experten stattgefunden hatte mit einem Teilverriss der geplanten Neuerungen. Danach war dann Ruhe.

Nun, inzwischen ist dann aber der Gesetzgeber wieder erwacht und hat gemeint, diese „Fortentwicklung“ auf jeden Fall noch in dieser Legislaturperiode durchpeitschen zu müssen. Ja, anders kann man m.E. nämlich das, was da in dieser Woche gelaufen ist, nicht nennen. Es hat nach fast acht Wochen Stillstand – zumindest nach außen – am Mittwoch (09.06.2021) dann eine Sitzung des Rechtsausschusses stattgefunden, in der eine Beschlussempfehlung beschlossen worden ist (vgl. BT-Drucks 19/30517). Und dann hat man das „Gesetz zur Fortentwicklung der StPO u.a.“ eben noch im  Bundestag beschlossen, und zwar in der vergangenen Nacht (10.06.2021) um 00.20 Uhr als „ZP 24“ der Tagesordnung (ZP = Zusatzpunkt), angesiedelt zwischen der „Rechtsdienstleistung“ und der „Tabaksteuermodernisierung“. Es hat natürlich fulminante Reden gegeben J – Ironiemodus aus. Nein, die hat es natürlich gegeben, sondern die sind zu Protokoll gegeben worden (vgl. die Tagesordnung). Das bedeutet: Die wird wahrscheinlich nie jemand lesen.

Was mich an dem Verfahren so ärgert. Da meint man, die StPO „fortentwicklen“ zu müssen – was m.E. nicht seine. Und das macht man dann aber mal eben so nebenbei nachts um 00.20 Uhr. Das zeigt, welchen Stellenwert das Strafverfahren hat. Nämlich keinen. Denn wie anders soll man es deuten, wenn nachts um 00.20 Uhr die StPO, an der man ja nun schon seit vier Jahren herumdoktert, fortentwickelt. Dafür hatte man doch Zeit genug. Aber nein. Das muss man jetzt noch durchpeitschen. Ebenso wie die Änderungen im Wiederaufnahmerecht der StPO – Stichwort: Wiederaufnahme zu ungusten des Beschuldigten -, die dann noch für heute mal eben auf der Tagesordnung stehen.

In der Sache sind die Änderungen in etwa so gekommen, wie sie in der BT-Drucksache 19/27654 vorgesehen waren. Über einige kleinere Änderungen kann man hinwegsehen. Allerdings wird es eine weitere Änderung geben, die nicht ganz unwesentlich ist. Denn man hate – mal eben so – § 104 StPO noch einmal – über die Defintion der „Nachtzeit“ hinaus – erweitert, nämlich um einen Abs. 2, in dem es dann demnächst heißt:

„1) Zur Nachtzeit dürfen die Wohnung, die Geschäfts-räume und das befriedete Besitztum nur in folgenden Fällen durchsucht werden:

1.bei Verfolgung auf frischer Tat,

2.bei Gefahr im Verzug,

3.wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass während der Durchsuchung auf ein elektronisches Speichermedium zugegriffen werden wird, das als Beweismittel in Betracht kommt, und ohne die Durchsuchung zur Nachtzeit die Auswertung des elektronischen Speichermediums, insbesondere in unverschlüsselter Form, aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre oder

4.zur Wiederergreifung eines entwichenen Gefangenen.“

Zur Begründung dieser Erweiterung siehe S. 19 des Entwurfs. Da heißt es u.a.:

„In Deliktsbereichen, die vorwiegend durch die Nutzung von Computern und Ähnlichem begangen werden, stehen die Ermittlungsbehörden vermehrt vor dem Problem, dass die Täter ihre Datenträger durch den Einsatz von Verschlüsselungstechnologien vor dem Zugriff durch die Strafverfolgungsbehörden schützen. Gelingt die Entschlüsselung nicht und zeigt sich der Beschuldigte auch nicht kooperativ, hat dies zur Folge, dass eine digital-forensische Auswertung nicht erfolgen kann. Daher ist es für die Ermittlungsbehörden zur effektiven Aufklärung von Straftaten von großer Bedeutung, Datenträger möglichst dann zu beschlagnahmen, wenn sie sich in unverschlüsseltem Zustand befinden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie während der Durchsuchung vom Beschuldigten genutzt werden. Diese Problematik stellt sich gerade bei Ermittlungen im Bereich der Kinderpornographie und des sexuellen Missbrauchs von Kindern immer wieder. ……

Positiv anzumerken ist, dass es dabei bleibt, dass das in § 163g StPO-E neu geschaffene Instrument der Automatischen Kennzeichenlesesysteme (AKLS) zunächst dann vorrangig nur zu Zwecken der Fahndung geregelt werden soll. Der Bundesrat hatte zwar um Prüfung gebeten, ob der Einsatz von AKLs darüber hinaus in Rahmen von Ermittlungen wegen besonders schwerer Straftaten auf weitere Ermittlungszwecke erweitert werden und insbesondere eine vorübergehende ungefilterte Speicherungsbefugnis von Kennzeichen aller Verkehrsteilnehmer geschaffen werden könne. Dieser Vorschlag war von einigen Sachverständigen in der Anhörung vom 14. April 2021 aus Sicht der staatsanwaltschaftlichen Praxis (sic!!) unterstützt worden. Daran hat man sich dann aber doch wohl wegen des damit verbundenen intensiven Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sämtlicher Verkehrsteilnehmer nicht in einem Schnellverfahren getraut.

Wie geht es weiter? Nun, das Gesetz wird am 25.06.2021 im Bundesrat beraten werden und den passieren. Und dann haben wir sicherlich noch im Juli die StPO „fortentwickelt“.

Und dazu dann: Es wird zu den Änderungen wieder ein Ebook von mir geben. Und zwar wie gehabt zum Download unter dem Titel: „Fortentwicklung der StPO u.a. Die Änderungen in der StPO 2021 – ein erster Überblick“. Das kann man dann ab jetzt hier vorbestellen. Das Buch/PDF kommt dann nach Inkrafttreten des „Gesetz zur Fortentwicklung der StPO u.a.“ automatisch.

Aktueller Stand der „Fortentwicklung der StPO“ oder: „Mehr, mehr, mehr schrie der kleine Häwelmann“.

Bild von Arek Socha auf Pixabay

Ich hatte vor einiger Zeit über den sich im Gesetzgebungsverfahren befindenden Entwurf für ein „Gesetz zur Fortentwicklung der StPO u.a.“ berichtet (vgl. Nach der “Effektivierung” und der “Modernisierung” kommt die “Fortentwicklung” der StPO, oder: Warum?).

Das Gesetzgebungsverfahren hat inzwischen Fortgang genommen. Nachdem der Bundesrat in seiner Sitzung vom 05.03.2021 Stellung genommen hat (vgl. BR-Drucks. 57/21 Beschluss)  – Tenor: (Fast) alles gut, aber wir wollen noch mehr – ist das Gesetz bzw. die BT-Drucksache 19/27654 dann bereits am 25.03.2021 im Bundestag beraten worden. Nun ja, „beraten“? Kann man nicht sagen, denn der Gesetzesentwurf ist – ohne Aussprache – warum auch? – den Ausschüssen zugewiesen worden (vgl. BT-PlPr 19/218 , S. 27516D – 27521D ).

Und inzwischen hat am vergangenen Mittwoch, dem 14.04.2021, im Rechtsausschuss die Anhörung stattgefunden. Das Ergebnis: Die Vertreter der Anwaltschaft haben den Entwurf kritisiert/verrrissen, die Vertreter der Staatsanwaltschaften – man hatte schweres Geschütz/Sachverständige aufgefahren – ihn gelobt und Forderungen nach noch mehr neuen Kompetenzen und Ermittlungsmöglichkeiten erhoben. Wie heißt es doch so schön in dem Märchen der „Der kleine Häwelmann“ von Theodor Storm: „Mehr, mehr, mehr schrie der kleine Häwelmann.

Wegen der Einzelheiten verweise ich auf die online gestellten Stellungnahmen der Sachverständigen, die man hier findet. Und eine teilweise Zusammenfassung der Meinungen gibt es dort auch, und zwar wie folgt:

„„Rechtsstaatlich untauglich“

Stefan Conen, Mitglied des Strafrechtsausschusses des Deutscher Anwaltvereins (DAV), sieht den Entwurf äußerst kritisch. Es handele sich in kurzer Abfolge um den dritten Entwurf dieser Legislaturperiode, der dem Titel nach den Anschein zu erwecken suche, eine kohärente Fortschreibung der Strafprozessordnung für künftige Herausforderungen in Angriff zu nehmen, erklärte Conen in seiner Stellungnahme. Wie den vorhergehenden, gelinge dies auch dem vorliegenden nicht.

Konkret lehne der DAV die geplante Anpassung der Belehrungsvorschriften ab, weil sie rechtsstaatlich untauglich sei und dem Beschuldigten nicht den europäischen Mindeststandard garantiere. Ebenfalls abzulehnen sei die vorgesehene Regelung der Geheimhaltung und Zurückstellung von Benachrichtigungen bei Beschlagnahme und Durchsuchung. Änderungen seien bei der Einführung automatisierter Kfz-Kennzeichenabgleichsysteme sowie bei der Ausdehnung des Verletztenbegriffes erforderlich.

Verbesserung des Zeugenschutzes begrüßt

Dilken Çelebi vom Deutscher Juristinnenbund (djb) nahm Stellung zu den gleichstellungspolitisch relevanten Teilen des Entwurfs. Die Einführung einer Legaldefinition des Begriffs der „Verletzten“ in der StPO sei ein weiterer wichtiger Schritt zur Umsetzung der EU-Opferschutzrichtlinie. Ebenfalls begrüßt werde die Verbesserung des Schutzes der Zeugen und Zeuginnen, die zugleich Verletzte und deshalb potenziell in größerer Gefahr seien, durch die Änderungen bezüglich der Angaben zu Wohn- und Aufenthaltsort.

Der djb bedauere, so Çelebi, dass die Gelegenheit verpasst worden sei, die erwachsenen Verletzten eines sexuellen Übergriffs und von Partnerschaftsgewalt mit einem Anspruch auf kostenfreie anwaltliche Vertretung und psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren auszustatten.

„Großer Wurf bleibt aus“

Auch Prof. Dr. Christoph Knauer, Vorsitzender des Ausschusses Strafprozessrecht der  Bundesrechtsanwaltskammer, sprach sich für Änderungen am Entwurf aus. Er sei „Flickwerk“, und der ursprünglich angedachte große Wurf, den es gebraucht hätte, bleibe aus. Knauer betonte die Notwendigkeit der Wahrung der Beschuldigtenrechte. Eingriffe und Gesetzentscheidungen seien gegen diese Rechte abzuwägen.

Die StPO bleibe Magna Carta des Beschuldigten; einseitige, verkürzte und unterkomplexe Begründungen für Änderungen verböten sich vor diesem Hintergrund. So begegne die Einführung der Zurückstellung der Benachrichtigung des Beschuldigten erheblichen Bedenken. Damit werde mit dem Prinzip gebrochen, dass spätestens mit einer Zwangsmaßnahme das Ermittlungsverfahren dem Beschuldigten transparent zu machen ist, um ihm Rechtsschutz zu ermöglichen.

„Revisionsbegründungspflicht einziger Lichtblick“

Dr. Ali Norouzi, wie Conen Mitglied des DAV-Strafrechtsausschusses, schickte seinem Statement voraus, dass er angesichts des Entwurfs für ein „Pizza-mit-allem-Gesetz“ nicht in Rechtsstaatspessimismus verfallen wolle.

Viele Kritikpunkte seien bereits angesprochen worden, deshalb wolle er die Regelung zur Revisionsbegründungspflicht hervorheben, die der einzige Lichtblick des Entwurfs sei. Hier nähere sich der Entwurf dem Vorschlag des DAV an, berge aber Risiken.

Neue Ermittlungsinstrumente

Dr. Gerwin Moldenhauer, Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof, begrüßte das mit dem Regierungsentwurf verfolgte Ziel, das Strafprozessrecht in einer Vielzahl von Einzelaspekten behutsam zu modernisieren. Hervorzuheben sei, dass der Entwurf insbesondere wichtige neue Ermittlungsinstrumente wie beispielsweise die retrograde Auskunft von Postdienstleistern oder die automatische Kennzeichenerfassung biete und bestehende Instrumente nachjustiere.

Ausdrücklich zu begrüßen sei, dass der Gesetzgeber im Begriff sei, die Benachrichtigungspflicht auf richterliche Anordnung zurückstellen zu lassen, sofern der Untersuchungszweck gefährdet wäre, eine Straftat von erheblicher Bedeutung vorliegt und die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre.

„Praktischer Anwendungsbereich begrenzt“

Oberstaatsanwalt Dr. Alexander Ecker von der Generalstaatsanwaltschaft München bemängelte, dass die Schaffung einer Befugnisnorm für die Abfrage von Sendungsdaten bei Postdienstleistern zur Bekämpfung des organisierten Handels mit illegalen Waren nicht weit genug gehe.

Die Einführung einer Befugnis der Strafverfolgungsbehörden zur automatischen Erhebung von Fahrzeugkennzeichen sei viel zu eng gefasst und der praktische Anwendungsbereich damit äußerst begrenzt.

Verfolgung von Kinderpornografie und Drogenhandel

Auch Bernard Südbeck, Leitender Oberstaatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Osnabrück, unterstützte die geplante Zurückstellung der Benachrichtigung des Beschuldigten. Durch die angestrebte Neuregelung werde eine Regelungslücke, die bisher zu großen Problemen bei der Ermittlung von Straftaten der Kinderpornografie, dem Drogenhandel und zahlreichen Delikten im Darknet führe, sachgerecht geschlossen, erklärte er in seiner Stellungnahme.

Zu begrüßen seien auch die weiteren Regelungen zur Verbesserung der Arbeit der Ermittlungsbehörden. Aus der Sicht von Dr. Axel Isak, Leitender Oberstaatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Baden-Baden, sind einige dieser Regelungen noch diskussionsbedürftig.“

Wenn ich das alles so lese, befürchte ich, dass angesichts der derzeitigen Stimmung die Rufe/Mahnungen der Anwaltschaft ungehört verschallen werden, man aber denen aus dem Lage der Strafverfolgungsbehörden zumindest teilweise folgen wird. Mir schwant nichts Gutes.

Effektivere Bekämpfung von Nachstellungen, oder: Bessere Erfassung des Cyberstalkings?

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Und dann gleich noch ein Gesetzentwurf zur „Effektivierung“ bestehender Regelungen, auf den ich hinweisen kann. Nämlich:

Veröffentlicht worden ist der Referentenentwurf zum „Gesetzentwurf zur effektiveren Bekämpfung von Stalking„.  Danach soll der Straftatbestand der Nachstellung (§ 238 StGB) ausgeweitet werden und digitales Stalking im Netz und über Apps erfassen.

Dazu das BMJV und die allseits beliebte Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz in einer PM:

“ Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat heute den Entwurf eines „Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – effektivere Bekämpfung von Nachstellungen und bessere Erfassung des Cyberstalkings“ veröffentlicht. Länder und Verbände können hierzu nun bis zum 1. März 2021 Stellung nehmen.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht erklärt:

„Stalking ist für Betroffene oft schrecklicher Psychoterror – mit traumatischen Folgen. Stalker verfolgen, belästigen und bedrohen Menschen oft Tag und Nacht, und das über lange Zeit. Die Übergriffe reichen bis hin zu körperlicher und sexualisierter Gewalt.

Ich möchte die Betroffenen besser schützen. Es müssen mehr Stalking-Fälle vor Gericht kommen und die Täter konsequent zur Verantwortung gezogen werden. Der Straftatbestand der Nachstellung hat bisher zu hohe Hürden. Der Straftatbestand greift bisher nur bei beharrlichem Täterverhalten und schwerwiegenden Eingriffen in das Leben der Betroffenen. Ich möchte die Anwendung der Strafvorschrift erleichtern und die Strafbarkeitsschwellen senken. Auch im Netz und über Apps werden Menschen immer wieder ausgeforscht und eingeschüchtert, falsche Identitäten vorgetäuscht und Betroffene diffamiert. Auch diese Taten möchten wir ausdrücklich als digitales Stalking unter Strafe stellen.“

Stalking richtet sich meist gegen Frauen, seltener aber auch gegen Männer. Nach wissenschaftlichen Untersuchungen werden 11 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal im Leben Opfer von Stalkern.

Nachgewiesen werden muss derzeit ein „beharrliches“ Nachstellungsverhalten, das geeignet ist, die Lebensgestaltung des Opfers „schwerwiegend“ zu beeinträchtigen. Diese Hürden sollen abgesenkt werden. Im Gesetzestext soll das Wort „beharrlich“ durch „wiederholt“ und das Wort „schwerwiegend“ durch „nicht unerheblich“ ersetzt werden.

Der Strafrahmen soll weiter eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vorsehen. Zugleich soll der Gesetzentwurf aber eine Neuregelung für besonders schwere Fälle vorsehen, bei denen eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren ausgesprochen werden kann. Hierzu sollen u.a. Fälle von Nachstellungen über lange Zeiträume oder Taten gehören, durch die der Täter eine Gesundheitsschädigung des Opfers oder einer dem Opfer nahestehenden Person verursacht.

Beispiele für Stalking sind:

  • Anrufe oder Nachrichten zu allen Tages- und Nachtzeiten
  • Verfolgen und Auflauern vor der Wohnung oder dem Arbeitsplatz
  • Veranlassen von Dritten, Kontakt zum Opfer aufzunehmen (zum Beispiel durch Erstellung von Fake-Profilen auf Single-Portalen)
  • Warenbestellungen unter dem Namen der Opfer
  • Beleidigungen, Bedrohungen, Nötigungen“

Etwas Gutes hat das Ganze ja: Die Zeitschriften haben Stoff zum Berichten 🙂 .